BFH Beschluss v. - II B 161/08

Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung; schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels; Verantwortlichkeit bei Formulierung des Klageantrags; Nachweis der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug

Gesetze: FGO § 41 Abs. 2, FGO § 76 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, AO § 157 Abs. 2, UStG § 15

Instanzenzug:

Gründe

I. Das Finanzamt W (FA) übersandte dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Anordnung vom über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume I. bis III. Quartal 2004. Der Prüfer, der den Kläger nicht antraf, vertrat im Prüfungsbericht die Ansicht, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien nicht belegt und daher nicht abziehbar. Das FA erließ daraufhin Änderungsbescheide, mit denen es die Umsatzsteuervorauszahlungen für die genannten Zeiträume jeweils auf 0 € festsetzte.

Das Finanzgericht (FG) . stellte durch das auf Klage des Klägers ergangene Urteil vom fest, dass die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom dem Kläger nicht wirksam bekanntgegeben worden sei. Der Kläger erhob daraufhin beim Verwaltungsgericht (VG) Klage gegen das Land ., vertreten durch die Oberfinanzdirektion ., wegen „Folgenbeseitigung nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)”. Das VG verwies den Rechtsstreit an das FG.

In der mündlichen Verhandlung vor dem FG, an der der Kläger persönlich und sein Prozessbevollmächtigter, ein Rechtsanwalt, teilnahmen, beantragte der Kläger, „das beklagte Land zu verurteilen, alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die entstanden sind, auf Grund einer durch die Behörde W durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung auf Grund einer von diesem behaupteten ergangenen Prüfungsanordnung, deren unwirksame Bekanntgabe durch Urteil des Finanzgerichts . vom festgestellt worden ist, sowie insbesondere den Vorsteuerschaden in Höhe von 3.602,70 Euro zu erstatten, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit”.

Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, dem Kläger stünden gegen das beklagte Land wegen des Verlusts von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Belegen auf dem Postweg weder Ansprüche aus Amtspflichtverletzung noch auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs zu.

Der Kläger stützt die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf Verfahrensmängel, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.

1. Der Kläger hat das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

a) Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Urteil des FG beruhen kann. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen solchen Mangel gestützt, so bedarf es hierfür eines Vortrags der Tatsachen, die den Mangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung —ausgehend von der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, sie also ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (BFH-Beschlüsse vom II B 27/04, BFH/NV 2005, 913; vom V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, und vom II B 38/08, BFH/NV 2008, 1817).

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers nicht.

aa) Der Kläger sieht einen Verfahrensfehler darin, dass das FG sein Klagebegehren verkannt, ihm deshalb im Verhandlungstermin einen entsprechend eingeschränkten Klageantrag nahegelegt und daher das „wahre” Klagebegehren nicht erschöpfend rechtlich gewürdigt habe. Es sei ihm mit der Klage darum gegangen, von der Finanzverwaltung so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn die vom FA zurückgesandten, auf dem Postweg aber verlorengegangenen Originalbelege noch vorhanden wären und sich zum Zwecke der Nachweisführung in seinem Besitz befänden.

bb) Einen Verfahrensmangel macht der Kläger mit diesem Vorbringen nicht schlüssig geltend. Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch einen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten sach- und fachkundig vertreten war, oblag es seiner Eigenverantwortung, den Klageantrag so zu formulieren, dass er seinem Klagebegehren entsprach (vgl. , BFH/NV 2004, 760). An dieser Eigenverantwortlichkeit änderte sich nichts, wenn, was aus der Sitzungsniederschrift allerdings nicht hervorgeht, der Vorsitzende gemäß § 76 Abs. 2 FGO einen entsprechenden Formulierungsvorschlag unterbreitet haben sollte.

2. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukomme (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts verlangt von —vorliegend nicht gegebenener— Offenkundigkeit abgesehen substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (BFH-Beschlüsse vom V B 66/06, BFH/NV 2007, 2067; vom VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25, und vom V B 57/07, BFH/NV 2008, 611). Es sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; vom II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310; vom X B 87/07, BFH/NV 2008, 605, und in BFH/NV 2008, 611).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

aa) Als klärungsbedürftig sieht der Kläger die Rechtsfrage an, „ob ein Steuerpflichtigter, der einem Finanzamt seine Originalbelege auf Anforderung ordnungsgemäß vorgelegt hat, für den Fall, dass die Originalbelege bei der Rücksendung auf dem Postweg verlorengehen, steuerlich so gestellt werden muss, wie er stehen würde, wenn die Originalbelege noch vorhanden wären und sich zum Zwecke der Nachweisführung in seinem Besitz befänden”.

bb) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts macht der Kläger damit nicht hinreichend geltend. Seinem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, inwiefern es im Revisionsverfahren auf die Beantwortung dieser die steuerliche Behandlung betreffende Frage ankäme. Im Revisionsverfahren wäre nämlich von dem Klagebegehren auszugehen, wie es der Kläger in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag konkretisiert hat und das lediglich auf Schadensersatz gerichtet war. Eine Klageänderung ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO im Revisionsverfahren unzulässig.

Der Kläger macht darüber hinaus nicht geltend, dass die von ihm herausgestellte Frage in Rechtsprechung oder Literatur umstritten sei. Er hat sich auch nicht mit der Rechtsprechung des BFH auseinandergesetzt, wonach der Steuerpflichtige den für den Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes erforderlichen Nachweis, dass er in den Besitz der Originalrechnung gelangt ist, nicht nur durch Vorlage der Originalrechnung, sondern mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen kann (, BFHE 186, 460, BStBl II 1999, 324, m.w.N.). Warum der Kläger insoweit dennoch weiteren Klärungsbedarf sieht, hat er nicht dargelegt.

Der Kläger hat sich zudem nicht zur Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 41 FGO geäußert. Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist danach nicht durch gesonderte Feststellungsklage, sondern im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den entsprechenden Umsatzsteuerbescheid zu entscheiden. Es geht dabei lediglich um eine Besteuerungsgrundlage, die nach § 157 Abs. 2 der Abgabenordnung nicht zum Gegenstand eines eigenständigen Klageverfahrens gemacht werden kann (vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 532).

Der Kläger hat schließlich auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen das Land . hinsichtlich der von ihm angesprochenen steuerlichen Behandlung der richtige Beklagte sein soll. Nach § 63 Abs. 1 FGO ist die Klage im finanzgerichtlichen Verfahren grundsätzlich gegen die handelnde Behörde und nicht gegen die öffentlich-rechtliche Körperschaft zu richten, der die beteiligte Behörde angehört (, BFH/NV 2003, 804).

3. Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen nach Ansicht des Klägers eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich sein soll.

4. Mit den Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung macht der Kläger keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend (BFH-Beschlüsse vom IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92; vom III B 55/06, BFH/NV 2008, 95; vom VIII B 153/06, BFH/NV 2008, 389; vom XI B 16/07, BFH/NV 2008, 595, und vom VIII B 206/07, BFH/NV 2009, 601). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom VIII B 68/07 und VIII B 110/07, BFH/NV 2008, 590 und 613; vom VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980, und vom VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183).

5. Der Schriftsatz vom kann schon deshalb nicht zur Zulässigkeit der Beschwerde führen, weil er erst nach Ablauf der am endenden Frist für die Beschwerdebegründung von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils des FG (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) eingereicht wurde (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 142/06, BFH/NV 2007, 873; vom X B 169/06, BFH/NV 2007, 1504, und vom II B 5/08, BFH/NV 2008, 1815).

Fundstelle(n):
KAAAD-23324