Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BRAO § 7; BRAO § 14 Abs. 2
Instanzenzug: AGH Schleswig, 1 AGH 5/07 vom
Gründe
I.
Der am geborene Antragsteller war seit dem zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Der Schleswig-Holsteinische Justizminister widerrief mit Bescheid vom die Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Am wurde der Antragsteller von der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts K. im Berufungsverfahren IV Ns wegen Untreue in 21 Fällen, wegen Betruges und wegen Gebührenüberhebung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Außerdem wurde ihm für die Dauer von zwei Jahren die Ausübung des Berufs eines Rechtsanwalts verboten. Die Taten hatte er von 1993 bis 1996 begangen. Das Urteil ist seit dem rechtskräftig. Der Antragsteller hat zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt. Der Strafrest war bis zum zur Bewährung ausgesetzt und ist mit Wirkung vom erlassen worden. Das Berufsverbot endete am . Am beantragte der Antragsteller seine Wiederzulassung. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom unter Berufung auf den Versagungsgrund des § 7 Nr. 5 BRAO ab.
Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1.
Der Einwand des Antragstellers, der Anwaltsgerichtshof sei in Zulassungssachen kein von der Exekutive unabhängiger Spruchkörper, die Rechtswegzuweisung sei verfassungswidrig, ist unbegründet. Die Anwaltsgerichtshöfe sind unabhängige staatliche Gerichte, die Berufsgerichtsbarkeit der Rechtsanwälte ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. BVerfG NJW 2006, 3049, 3050 = BRAK-Mitt. 2006, 221 m. Anm. Eichele; BVerfGE 48, 300, 315 ff. ; 26, 196, 192 ff. ). Damit kommt eine Verweisung an das Verwaltungsgericht nicht in Betracht.
2.
Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht wegen unwürdigen Verhaltens versagt worden.
a)
Nach § 7 Nr. 5 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn der Bewerber sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Der Bewerber erscheint dann unwürdig, wenn er ein Verhalten gezeigt hat, das ihn bei Abwägung dieses Verhaltens und aller erheblichen Umstände - wie Zeitablauf und zwischenzeitlicher Führung - nach seiner Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt; dabei sind das berechtigte Interesse des Bewerbers nach beruflicher und sozialer Eingliederung und das durch das Berufsrecht gestützte Interesse der Öffentlichkeit, insbesondere der Rechtsuchenden, an der Integrität des Anwaltsstandes einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom -AnwZ (B) 1/08 Tz. 4; Senatsbeschluss vom - AnwZ (B) 40/99, BRAK-Mitt. 2000, 306 unter II 1; Senatsbeschluss vom - AnwZ (B) 67/98, NJW-RR 1999, 1219 unter II 1; Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl., § 7 Rdn. 36 m.w.N.). Auch ein schwerwiegendes berufsunwürdiges Verhalten kann nach einer mehr oder minder langen Zeit durch Wohlverhalten oder andere Umstände soviel an Bedeutung verlieren, dass es die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr hindert (Senatsbeschluss vom , aaO). Die Frage, wie viele Jahre zwischen einem die Unwürdigkeit begründenden Verhalten und dem Zeitpunkt liegen müssen, in dem eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft möglich ist, lässt sich nicht durch eine schematische Festlegung auf bestimmte Fristen beantworten, sondern verlangt eine einzelfallbezogene Gewichtung aller für und gegen den Bewerber sprechenden Umstände (Senatsbeschluss vom , aaO). Erforderlich ist, dass der Zulassungsbewerber verlässlich gezeigt hat, dass er von seinen Verfehlungen innerlich abgerückt ist und sich gewandelt hat (vgl. Feuerich/Weyland aaO Rdn. 41).
b)
Der Senat hat in früheren Entscheidungen bei besonders gravierenden Straftaten, etwa schweren Fällen von Betrug und Untreue, einen zeitlichen Abstand zwischen der die Unwürdigkeit begründenden Straftat des Bewerbers und dessen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft von in der Regel 15 bis 20 Jahren für erforderlich gehalten (Senatsbeschluss vom - AnwZ (B) 8/99, BRAK-Mitt. 2000, 145, unter II 1 m.w.N.). Dieser Zeitraum wurde aber auch - wie im Senatsbeschluss vom (aaO) - unterschritten, wenn dem Interesse des Bewerbers an seiner beruflichen und sozialen Eingliederung bei einer Gesamtwürdigung der Umstände unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 12 GG dies geboten erscheinen ließ; maßgebend dafür war die Einschätzung, dass der Bewerber sein Leben wieder geordnet hatte und deshalb nicht mehr festgestellt werden konnte, er sei für den Anwaltsberuf noch untragbar (aaO unter II 2 b und c).
c)
Hier kommt angesichts der Vielzahl von Straftaten über einen längeren Zeitraum mit erheblichen Schäden, die nach den zutreffenden Feststellungen im Strafverfahren alle unmittelbar mit dem Anwaltsberuf im Zusammenhang stehen, grundsätzlich nur eine Wohlverhaltensdauer am oberen Rand in Betracht. Der Antragsteller hat darüber hinaus seine Mandanten nicht nur dadurch geschädigt, dass er deren Geld für sich verwandt hat, sondern hat sie zur Verschleierung seines Fehlverhaltens auch noch in kostenintensive Prozesse getrieben und in den Zivilverfahren wiederholt die Unwahrheit gesagt. Des Weiteren hat er im Zusammenhang mit der Gründung der Abrechnungs-, Verwaltungs- und Verwertungsgesellschaft A. mit beschränkter Haftung seine Angestellte An. P. zu strafbarem Verhalten bestimmt, indem er sie veranlasste, wahrheitswidrig zu versichern, dass die Stammeinlage in voller Höhe eingezahlt worden sei.
d)
Das Fehlverhalten des Antragstellers hat auch nicht durch zwischenzeitliches Wohlverhalten oder andere Umstände derartig an Bedeutung verloren, dass es nunmehr nicht mehr der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entgegenstünde (vgl. Senatsbeschluss vom - AnwZ (B) 87/05 Tz. 11). Auch unter Würdigung des Vorbringens in der Verhandlung vor dem Senat haben sich keine durchgreifenden Gesichtspunkte ergeben, die es zugunsten des Antragstellers rechtfertigen würden, die regelmäßige Wartezeit von 15 Jahren zu unterschreiten.
Fundstelle(n):
JAAAD-22643
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein