Artikel 5 Beitreibungsverfahren für unbestrittene
Forderungen
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT
UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
gemäß dem Verfahren
des Artikels 251 des Vertrags
,
aufgrund des vom Vermittlungsausschuß am 4. Mai 2000 gebilligten
gemeinsamen Entwurfs,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
(1) In seiner
Entschließung zum Integrierten Programm für die KMU und das Handwerk
forderte das Europäische
Parlament die Kommission auf, Vorschläge zur Behandlung des Problems des
Zahlungsverzugs zu unterbreiten.
(2) Am 12. Mai 1995
verabschiedete die Kommission eine Empfehlung über die Zahlungsfristen im
Handelsverkehr
.
(3) In seiner
Entschließung zu der Empfehlung der Kommission über die
Zahlungsfristen im Handelsverkehr
forderte das Europäische
Parlament die Kommission auf, die Umwandlung ihrer Empfehlung in einen
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates in Erwägung zu ziehen, der
möglichst bald vorgelegt werden sollte.
(4) Am 29. Mai 1997
verabschiedete der Wirtschafts- und Sozialausschuss eine Stellungnahme
zu dem Grünbuch der
Kommission: „Das öffentliche Auftragswesen in der Europäischen
Union: Überlegungen für die Zukunft”.
(5) Am 4. Juni 1997
veröffentlichte die Kommission einen Aktionsplan für den Binnenmarkt,
in dem betont wird, dass sich der Zahlungsverzug immer mehr zu einem
ernsthaften Hindernis für den Erfolg des Binnenmarktes
entwickelt.
(6) Am 17. Juli 1997
veröffentlichte die Kommission einen Bericht über Zahlungsverzug im
Handelsverkehr
, in dem die Ergebnisse einer
Bewertung der Auswirkungen ihrer Empfehlung vom 12. Mai 1995
zusammengefasst sind.
(7) Den Unternehmen,
insbesondere kleinen und mittleren, verursachen übermäßig lange
Zahlungsfristen und Zahlungsverzug große Verwaltungs- und Finanzlasten.
Überdies zählen diese Probleme zu den Hauptgründen für
Insolvenzen, die den Bestand der Unternehmen gefährden, und führen
zum Verlust zahlreicher Arbeitsplätze.
(8) In einigen
Mitgliedstaaten weichen die vertraglich vorgesehenen Zahlungsfristen erheblich
vom Gemeinschaftsdurchschnitt ab.
(9) Die Unterschiede
zwischen den Zahlungsbestimmungen und -praktiken in den Mitgliedstaaten
beeinträchtigen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes.
(10) Dies hat eine
beträchtliche Einschränkung des Geschäftsverkehrs zwischen den
Mitgliedstaaten zur Folge. Es widerspricht Artikel 14 des Vertrags, da
Unternehmer in der Lage sein sollten, im gesamten Binnenmarkt unter Bedingungen
Handel zu treiben, die gewährleisten, dass grenzüberschreitende
Geschäfte nicht größere Risiken mit sich bringen als
Inlandsverkäufe. Es käme zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn es für
den Binnen- und den grenzüberschreitenden Handel Regeln gäbe, die
sich wesentlich voneinander unterscheiden.
(11) Aus den jüngsten
Statistiken geht hervor, dass sich die Zahlungsdisziplin in vielen
Mitgliedstaaten seit Annahme der Empfehlung vom 12. Mai 1995 im
günstigsten Falle nicht verbessert hat.
(12) Das Ziel der
Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Binnenmarkt kann von den Mitgliedstaaten
nicht ausreichend verwirklicht werden, wenn sie einzeln tätig werden; es
kann daher besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden. Diese Richtlinie geht
nicht über das zur Erreichung dieses Ziels Erforderliche hinaus. Sie
entspricht daher insgesamt den Erfordernissen des Subsidiaritäts- und des
Verhältnismäßigkeitsprinzips nach Artikel 5 des
Vertrags.
(13) Diese Richtlinie ist
auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen
beschränkt und umfasst weder Geschäfte mit Verbrauchern noch die
Zahlung von Zinsen im Zusammenhang mit anderen Zahlungen, z. B. unter das
Scheck- und Wechselrecht fallenden Zahlungen oder Schadensersatzzahlungen
einschließlich Zahlungen von Versicherungsgesellschaften.
(14) Die Tatsache, dass
diese Richtlinie die freien Berufe einbezieht, bedeutet nicht, dass die
Mitgliedstaaten sie für nicht unter diese Richtlinie fallende Zwecke als
Unternehmen oder Kaufleute zu behandeln haben.
(15) Diese Richtlinie
definiert zwar den Begriff „vollstreckbarer Titel”, regelt jedoch
weder die verschiedenen Verfahren der Zwangsvollstreckung eines solchen Titels
noch die Bedingungen, unter denen die Zwangsvollstreckung eines solchen Titels
eingestellt oder ausgesetzt werden kann.
(16) Zahlungsverzug stellt
einen Vertragsbruch dar, der für die Schuldner in den meisten
Mitgliedstaaten durch niedrige Verzugszinsen und/oder langsame
Beitreibungsverfahren finanzielle Vorteile bringt. Ein durchgreifender Wandel,
der auch eine Entschädigung der Gläubiger für die ihnen
entstandenden Kosten vorsieht, ist erforderlich, um diese Entwicklung
umzukehren und um sicherzustellen, dass die Folgen des Zahlungsverzugs von der
Überschreitung der Zahlungsfristen abschrecken.
(17) Die angemessene
Entschädigung für die Beitreibungskosten ist unbeschadet nationaler
Bestimmungen festzulegen, nach denen ein nationales Gericht dem Gläubiger
zusätzlichen Schadenersatz für den durch den Zahlungsverzug eines
Schuldners entstandenen Verlust zusprechen kann, wobei auch zu
berücksichtigen ist, dass diese entstandenen Kosten schon durch die
Verzugszinsen ausgeglichen sein können.
(18) Diese Richtlinie
berücksichtigt das Problem langer vertraglicher Zahlungsfristen und
insbesondere das Vorhandensein bestimmter Gruppen von Verträgen, für
die eine längere Zahlungsfrist in Verbindung mit einer Beschränkung
der Vertragsfreiheit oder ein höherer Zinssatz gerechtfertigt sein
kann.
(19) Der Missbrauch der
Vertragsfreiheit zum Nachteil des Gläubigers sollte nach dieser Richtlinie
verboten sein. Falls eine Vereinbarung in erster Linie dem Zweck dient, dem
Schuldner zusätzliche Liquidität auf Kosten des Gläubigers zu
verschaffen, oder falls der Generalunternehmer seinen Lieferanten und
Subunternehmern Zahlungsbedingungen aufzwingt, die auf der Grundlage der ihm
selbst gewährten Bedingungen nicht gerechtfertigt sind, können diese
Umstände als Faktoren gelten, die einen solchen Missbrauch darstellen.
Innerstaatliche Vorschriften zur Regelung des Vertragsabschlusses oder der
Gültigkeit von Vertragsbestimmungen, die für den Schuldner unbillig
sind, bleiben von dieser Richtlinie unberührt.
(20) Die Folgen des
Zahlungsverzugs können jedoch nur abschreckend wirken, wenn sie mit
Beitreibungsverfahren gekoppelt sind, die für den Gläubiger schnell
und wirksam sind. Nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung in
Artikel 12 des Vertrags sollten diese Verfahren allen in der Gemeinschaft
niedergelassenen Gläubigern zur Verfügung stehen.
(21) Es ist
wünschenswert, dass sichergestellt ist, dass Gläubiger einen
Eigentumsvorbehalt auf nichtdiskriminierender Grundlage in der ganzen
Gemeinschaft geltend machen können, falls der Eigentumsvorbehalt
gemäß den anwendbaren nationalen Vorschriften, wie sie durch das
internationale Privatrecht bestimmt werden, rechtswirksam ist.
(22) Die Richtlinie sollte
den gesamten Geschäftsverkehr unabhängig davon regeln, ob er zwischen
privaten oder öffentlichen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und
öffentlichen Stellen erfolgt, wobei zu berücksichtigen ist, dass
letztere in großem Umfang Zahlungen an Unternehmen leisten. Sie sollte
deshalb auch den gesamten Geschäftsverkehr zwischen Generalunternehmern
und ihren Lieferanten und Subunternehmern regeln.
(23) Artikel 5 dieser
Richtlinie schreibt vor, dass das Beitreibungsverfahren für unbestrittene
Forderungen innerhalb eines kurzen Zeitraums im Einklang mit den nationalen
Rechtsvorschriften abgeschlossen wird, verlangt jedoch nicht, dass die
Mitgliedstaaten ein besonderes Verfahren einführen oder ihre geltenden
gesetzlichen Verfahren in bestimmter Weise ändern –
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