Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Instanzenzug: LAG Hamm, 14 Sa 1416/07 vom ArbG Dortmund, 8 Ca 618/07 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Anrechnung einer Tarifgehaltserhöhung auf eine übertarifliche Zulage.
Der Kläger ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängern seit 1973 als Arbeitnehmer beschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge für die Metallindustrie NordrheinWestfalens Anwendung. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 16. April/ heißt es ua.:
"2. Vergütung
Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie folgendes Bruttogehalt:
Tarifgehalt nach Gruppe T 5
nach dem 3. Beschäftigungsjahr|DM 5.910,00
5,5 % tarifliche Leistungszulage|DM 325,00
Übertarifliche Zulage|DM 130,00
Monatsbruttogehalt|DM 6.365,00
...
Auf die persönliche (übertarifliche) Zulage können künftige Erhöhungen sowohl tariflicher als auch betrieblicher Entgeltbestandteile angerechnet werden."
Am schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V. und die IG Metall Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen ein Abkommen über die Tarifgehälter in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (GA 2006). Dieses enthält ua. folgende Regelungen:
"§ 2 Tarifgehälter
1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Gehaltstabellen, gültig ab , weiter.
2. Die Angestellten erhalten nach Maßgabe des § 5 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310,00 Euro beträgt.
3. Mit Wirkung ab werden die Tarifentgelte der Angestellten um 3 % erhöht. Diese Tariferhöhung fließt in eine sog. feste ERA-Leistungszulage gemäß § 4
...
§ 5 Einmalbetrag
1. Die Betriebsparteien können den Einmalbetrag gem. § 2 Nr. 2 bei unterdurchschnittlicher, schlechter Ertragslage zeitlich innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrages verschieben oder bis auf Null reduzieren oder bei überdurchschnittlicher, guter Ertragslage bis auf das Doppelte durch freiwillige Betriebsvereinbarung erhöhen.
Vereinbaren die Betriebsparteien keine Abweichung, ist der Einmalbetrag in der tariflich vorgeschriebenen Höhe nach § 2 Nr. 2 auszuzahlen.
...
6. Mit dem Einmalbetrag sind alle Ansprüche abgegolten, die sich aus der Erhöhung der Tarifentgelte gemäß § 2 für die Monate März bis Mai 2006 ergeben.
..."
Entsprechend einer mit dem Betriebsrat getroffenen Vereinbarung zahlte die Beklagte den Einmalbetrag in Höhe von 310,00 Euro brutto mit der Entgeltabrechnung für den Monat Juni 2006 an alle Mitarbeiter, darunter auch den Kläger. Ab August 2006 rechnete sie die Erhöhung des Tarifentgelts um 3 % - wie auch bei allen anderen Mitarbeitern - auf die übertarifliche Zulage des Klägers an. Dadurch entfiel für den Kläger seine bis dahin monatlich 66,47 Euro betragende übertarifliche Zulage vollständig. Den Betriebsrat beteiligte die Beklagte bei der Anrechnung nicht. Für die Monate Juni und Juli 2006 nahm sie keine Anrechnung vor.
Mit seiner im Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger - soweit für die Revision zuletzt noch von Bedeutung - für die bei Klageerhebung bereits in der Vergangenheit liegenden Monate August 2006 bis Januar 2007 den von der Beklagten angerechneten Betrag von je 66,47 Euro brutto, insgesamt somit 398,82 Euro geltend gemacht sowie für die Zukunft monatlich je 66,47 Euro brutto verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Anrechnung sei individual- und kollektivrechtlich unwirksam. Die Beklagte habe das dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehende Mitbestimmungsrecht verletzt. Sie habe die Tariferhöhung nicht vollständig, sondern nur teilweise angerechnet. Der im GA 2006 vorgesehene Einmalbetrag und die prozentuale Erhöhung der Tarifgehälter bildeten eine einheitliche Tariferhöhung.
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn künftig eine weitere außertarifliche Zulage in Höhe von 66,47 Euro zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 398,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Anrechnung sei aufgrund des ausdrücklich vereinbarten Anrechnungsvorbehalts individualrechtlich wirksam. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG habe sie nicht verletzt, da sie die prozentuale Tarifgehaltserhöhung im Rahmen des rechtlich Möglichen vollständig angerechnet habe. Dem stehe nicht entgegen, dass sie keine Anrechnung der Einmalzahlung vorgenommen habe. Die Einmalzahlung und die prozentuale Erhöhung stellten keine einheitliche Tariferhöhung dar. Bei dem Einmalbetrag handele es sich um eine vergangenheitsbezogene, konjunkturabhängige Leistung, die von der zukunftsorientierten Entscheidung über die Anrechnung der prozentualen Tarifgehaltserhöhung zu trennen sei.
Das Arbeitsgericht hat die - noch etwas weitergehende - Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers die Beklagte für die Zeit von August 2006 bis Januar 2007 zur Zahlung von 398,82 Euro brutto sowie ab Februar 2007 für Vergangenheit und unbegrenzte Zukunft zur Zahlung von monatlich je 66,47 Euro brutto verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung die Klage mit Zustimmung der Beklagten auf die bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts fälligen Beträge, also auf den Zeitraum bis September 2007 beschränkt und im Übrigen um Zurückweisung der Revision der Beklagten gebeten.
Gründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in dem zuletzt noch streitbefangenen Umfang zu Recht entsprochen. Die Anrechnung der prozentualen Tarifgehaltserhöhung auf die übertarifliche Zulage des Klägers war wegen Verletzung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts unwirksam.
I. Die Klage ist in dem zuletzt noch streitbefangenen Umfang zulässig.
1. Die Klage ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenstand sind Ansprüche auf eine übertarifliche Zulage in Höhe von monatlich je 66,47 Euro brutto für die Monate August 2006 bis September 2007.
2. Die Klage ist nach ihrer in der Revisionsverhandlung vorgenommenen Beschränkung ausschließlich auf die vor der Berufungsverhandlung entstandenen und fälligen Ansprüche und damit insgesamt auf die Vergangenheit gerichtet. Der Umstand, dass die Ansprüche für Februar 2007 bis September 2007 zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Zukunft lagen und im Lauf des Verfahrens zu Ansprüchen aus der Vergangenheit wurden, gebot hinsichtlich dieser Ansprüche keine Änderung des Klageantrags (vgl. - mwN, NJW-RR 2005, 1169). Auf die Frage, ob überhaupt sowie ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Klage gemäß § 259 ZPO auf Zahlung künftigen Arbeitsentgelts gerichtet werden kann, kommt es für die streitbefangenen Ansprüche nicht an.
II. Die Klage ist im zuletzt noch streitbefangenen Umfang begründet. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag vom 16. April/. Danach hat der Kläger einen Anspruch auf eine übertarifliche Zulage in Höhe von 66,47 Euro brutto monatlich. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, war die von der Beklagten ab August 2006 auf diesen Anspruch vorgenommene Anrechnung der zum erfolgten Tarifgehaltserhöhung von 3 %, die beim Kläger zum vollständigen Wegfall der übertariflichen Zulage führte, unwirksam.
1. Da sich die Anrechnung jedenfalls kollektivrechtlich als unwirksam erweist, kam es auf ihre individualrechtliche Zulässigkeit (vgl. zu den insoweit zu stellenden Anforderungen - Rn. 13 mwN) nicht an.
2. Die Anrechnung ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung aufgrund der Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unwirksam.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung einer Tarifgehaltserhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, wenn eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für die Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht ( - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, BAGE 111, 70).
aa) Hiernach unterliegt eine Anrechnung nicht der Mitbestimmung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt. Gleiches gilt, wenn die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Zulage angerechnet wird ( - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, BAGE 111, 70). Rechnet der Arbeitgeber dagegen eine Erhöhung des Tarifgehalts nur teilweise auf die freiwilligen übertariflichen Zulagen an, hat er den Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beteiligen, da in diesem Fall Raum für eine andere Verteilungsentscheidung verbleibt. Verletzt der Arbeitgeber in einem solchen Fall das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, führt dies nach der vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung insgesamt zur Unwirksamkeit der Anrechnung ( - 1 AZR 308/03 - aaO.).
bb) Bei Tarifgehaltserhöhungen, die zeitlich versetzt in mehreren Abschnitten oder in aufeinander aufbauenden Stufen erfolgen, lässt sich die Frage, ob der Betriebsrat bei der Entscheidung des Arbeitgebers über die Anrechnung mitzubestimmen hat, nicht immer aufgrund einer isolierten Betrachtung des jeweiligen Anrechnungsvorgangs beantworten. Vielmehr kann es auch darauf ankommen, ob mehrere voneinander unabhängige Entscheidungen des Arbeitgebers über eine mögliche Anrechnung vorliegen oder den Entscheidungen eine einheitliche Konzeption des Arbeitgebers zugrunde liegt (vgl. - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 c aa der Gründe, BAGE 111, 70; - 1 ABR 19/94 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 79, 96).
(1) Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG knüpft an die Entscheidungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Lohngestaltung an. Daher kommt es für die Mitbestimmung des Betriebsrats darauf an, ob die Konzeption des Arbeitgebers Raum für eine (Mit-)Gestaltung lässt. Hieran kann es fehlen, wenn mehrere voneinander unabhängige Entscheidungen des Arbeitgebers über eine mögliche Anrechnung vorliegen, bei denen es jeweils nichts mitzubestimmen gibt, insbesondere etwa deshalb, weil eine Anrechnung unterbleibt oder weil sie im Rahmen des Möglichen vollständig und gleichmäßig vorgenommen wird. Dagegen bestehen Möglichkeiten der Mitgestaltung, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines Gesamtkonzepts beabsichtigt, auf mehrere Schritte oder Stufen einer Tarifgehaltserhöhung unterschiedlich zu reagieren. Ein konzeptioneller Zusammenhang setzt voraus, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über die Anrechnung oder Nichtanrechnung der ersten Stufe oder des zeitlich ersten Schritts einer Tariferhöhung bereits sein Verhalten bei der zweiten Stufe oder dem zweiten Schritt plant (vgl. - zu B II 3 b der Gründe, BAGE 79, 96). Eine rechtliche Verpflichtung, schon bei Wirksamwerden der ersten Stufe einer Tariferhöhung eine Entscheidung über die Reaktion auf das Wirksamwerden der zweiten Stufe zu treffen, besteht nicht ( - zu B I 2 c bb (1) der Gründe, BAGE 111, 70).
(2) Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine einheitliche Konzeption des Arbeitgebers vorliegt, sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann die Frage, ob eine einheitliche Tarifgehaltserhöhung oder mehrere selbständige Tarifgehaltserhöhungen vorliegen, eine wesentliche Rolle spielen (vgl. - zu A II 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 118 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 41). Die einzelnen Arbeitgeber werden auf eine einheitliche Tarifgehaltserhöhung häufig hinsichtlich ihrer jeweiligen Entscheidung über Anrechnung oder Nichtanrechnung mit einem Gesamtkonzept reagieren. Von besonderer Bedeutung für die Frage, ob von einer Gesamtkonzeption ausgegangen werden kann, ist aber vor allem der zeitliche Abstand zwischen den Anrechnungsmaßnahmen (vgl. - zu B II 3 c bb der Gründe, BAGE 79, 96; - 1 AZR 308/03 - zu B I 2 c der Gründe, BAGE 111, 70). Beträgt der zeitliche Abstand nur wenige Wochen, wird ohne entgegenstehende Anhaltspunkte regelmäßig von einem einheitlichen Konzept des Arbeitgebers ausgegangen werden können. Liegen zwischen den Anrechnungsentscheidungen viele Monate, wird häufig bei der ersten noch keine Planung für die Reaktion auf den zweiten Schritt oder die zweite Stufe der Tariferhöhung vorliegen. Eine einheitliche Konzeption liegt ferner regelmäßig dann nahe, wenn der zweite Abschnitt einer Tariferhöhung den ersten verdrängt bzw. an dessen Stelle tritt. Dagegen werden in den Fällen, in denen die zweite Stufe der Tariferhöhung auf der ersten aufbaut, eher gesonderte, selbständige Anrechnungsentscheidungen vorliegen.
b) Hiernach hatte der Betriebsrat bei der von der Beklagten mit Wirkung vom vorgenommenen Anrechnung der prozentualen Tariferhöhung auf die übertariflichen Zulagen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen. Es lag eine generelle Maßnahme vor, durch die sich bei den verbleibenden übertariflichen Zulagen die Verteilungsrelationen änderten. Auch bestand ein Gestaltungsspielraum, der Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrats ließ. Es handelte sich nicht um eine selbständige und im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständige Anrechnungsentscheidung, sondern lediglich um mehrere Schritte im Rahmen einer einheitlichen Gesamtkonzeption der Beklagten. Diese bestand darin, bei der Einmalzahlung und bei den prozentualen Tariferhöhungen für die Monate Juni und Juli 2006 von der möglichen Anrechnung abzusehen und sodann ab August 2006 eine vollständige Anrechnung vorzunehmen.
aa) Für ein einheitliches Gesamtkonzept der Beklagten spricht bereits, dass es sich bei der Einmalzahlung von 310,00 Euro für die Monate März bis Mai 2006, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ersichtlich um eine einheitliche Tariferhöhung handelte. Die Einmalzahlung war keine gegenüber der ab Juni 2006 geltenden prozentualen Tarifgehaltserhöhung unabhängige Sonderzahlung, sondern eine pauschale Tarifgehaltserhöhung für die Monate März bis Mai 2006 (vgl. hierzu - Rn. 15 bis 18) und stellte einen Teil der im GA 2006 insgesamt vorgesehenen Tarifgehaltserhöhung dar. Auch handelte es sich bei der ab Juni 2006 geltenden prozentualen Tarifgehaltserhöhung nicht etwa um eine auf einer ersten Tarifgehaltserhöhung aufbauende zweite Stufe; vielmehr trat die prozentuale Erhöhung ab Juni 2006 an die Stelle der für die Monate März bis Mai 2006 pauschalen Tarifgehaltserhöhung. Vor allem spricht jedoch der enge zeitliche Zusammenhang für eine einheitliche Konzeption der Beklagten. Die Auszahlung des Einmalbetrags von 310,00 Euro erfolgte mit der Abrechnung für Juni 2006, ohne dass die Beklagte eine Anrechnung auf die übertarifliche Zulage vornahm. Auch von einer Anrechnung der prozentualen Tarifgehaltserhöhungen für die Monate Juni und Juli 2006 auf die übertariflichen Zulagen für diese beiden Monate sah die Beklagte ab, nahm dann aber in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang die Anrechnung für den Monat August 2006 vor. Angesichts dieser zeitlichen Abfolge kann nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe sich über ihr weiteres Vorgehen noch keine Gedanken gemacht, als sie von der Möglichkeit der Anrechnung der Einmalzahlung sowie der Tarifgehaltserhöhungen für die Monate Juni und Juli 2006 keinen Gebrauch machte. Die Beklagte hat auch selbst nicht behauptet, zwischen der Nichtanrechnung und der ab August 2006 vorgenommenen vollständigen Anrechnung seien unvorhergesehene Ereignisse eingetreten, die sie überraschend zu der zunächst nicht beabsichtigten Anrechnung veranlasst hätten.
bb) An der Gestaltung dieses Gesamtkonzepts musste die Beklagte den Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beteiligen. Indem sie davon absah, bereits die pauschale Tarifgehaltserhöhung von 310,00 Euro und die prozentualen Tarifgehaltserhöhungen für die Monate Juni und Juli 2006 anzurechnen, eröffnete sie einen Gestaltungsspielraum, der eine andere als die von ihr vorgesehene Verteilung des Anrechnungsvolumens ermöglicht hätte. Es handelte sich in der Gesamtkonzeption nicht um eine vollständige, sondern lediglich um eine teilweise Anrechnung der tariflichen Gehaltserhöhung. Der Beklagten war es auch nicht etwa verwehrt, eine - auch rückwirkende - Anrechnung der Einmalzahlung vorzunehmen (vgl. - Rn. 19). Auch einer Anrechnung der prozentualen Tarifgehaltserhöhung für Juni und Juli 2006 standen keine Hindernisse entgegen. Die somit vorliegende Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats hat die Unwirksamkeit der Anrechnung zur Folge.
3. Für den Kläger ergibt sich danach ein Zahlungsanspruch von monatlich je 66,47 Euro brutto für die Monate August 2006 bis September 2007, somit ein Gesamtbetrag von 930,58 Euro brutto. Der Zinsanspruch aus 398,82 Euro brutto - betreffend die Monate Juli 2006 bis Januar 2007 - folgt aus § 291 Satz 1 und 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
III. Da der Kläger die Klage hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung zukünftigen Ansprüche zurückgenommen hat, ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts insoweit gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs. ZPO wirkungslos.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 565 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Hierbei war für das Revisionsverfahren für die Zeit bis zur teilweisen Klagerücknahme ein Streitwert in Höhe von 2.392,92 Euro und für die Zeit danach ein solcher in Höhe von 930,58 Euro zugrunde zu legen.
Fundstelle(n):
LAAAD-21974
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein