BFH Beschluss v. - V S 47/07

Gegenstand der Anhörungsrüge; Anspruch auf rechtliches Gehör

Gesetze: FGO § 133a

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Rügeführerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten gegen Kostenrechnungen der Gerichtskasse des „Beschwerde” eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die betreffenden Verfahren seien ohne von ihr gestellte Anträge in Gang gesetzt worden.

Das FG hat den Beschwerden nicht abgeholfen, weil gemäß § 66 des Gerichtskostengesetzes (GKG) gegen den Kostenansatz allein die Erinnerung, nicht aber die Beschwerde statthaft sei. Von einer Umdeutung hat es unter Bezugnahme auf den (juris) abgesehen. Danach könne die als Beschwerde bezeichnete Eingabe regelmäßig nicht in einen anderen Rechtsbehelf umgedeutet werden, wenn sie —wie hier— von einem rechtskundig vertretenen Beteiligten abgegeben worden sei. Hinzu komme, dass sich die Rügeführerin in anderen Verfahren ausdrücklich gegen eine vom FG vorgenommene Umdeutung unzulässiger Rechtsmittel gewandt habe.

Die entsprechenden Beschwerden der Rügeführerin gegen die Kostenrechnungen der Gerichtskasse vom 1 K 471/02, 1 K 1222/05, 1 K 1228/05, 1 K 1229/05 und 1 K 1231/05 hat der Senat mit Beschluss vom V B 144-148/07 (juris), der dem Prozessbevollmächtigten der Rügeführerin am zugestellt worden ist, als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass er die Rechtsbehelfe der Rügeführerin gegen die Kostenrechnungen vom entsprechend deren ausdrücklichen Bezeichnung als „Beschwerde” verstehe. Das FG habe zu Recht eine Umdeutung der Rechtsbehelfsbegehren in eine Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG abgelehnt. Umdeutungen von Prozesserklärungen in einen anderen Rechtsbehelf, wenn sie —wie im Streitfall— von einem rechtskundig vertretenen Beteiligten abgegeben worden seien, seien regelmäßig nicht in Betracht zu ziehen (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 28/70, BFHE 100, 83, BStBl II 1970, 813; vom X B 210/92, BFH/NV 1994, 382; vom V B 156/98, BFH/NV 1999, 1119, und vom VII B 289/06, juris).

Gegen den Senatsbeschluss wendet sich die Rügeführerin mit ihrer am beim BFH eingegangenen Anhörungsrüge. Gleichzeitig begehrt sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie macht im Wesentlichen geltend, der Senat habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er über die Beschwerden entschieden habe, ohne sie zuvor in eine Erinnerung gegen den Kostenansatz umzudeuten oder ihr einen Hinweis zu erteilen. Der BFH habe sich vielmehr ihrer Sachargumentation verschlossen. Darin liege ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Zudem gebe es mehrere Kostengrundentscheidungen und gleich mehrere Kostenansätze, obwohl das FG das Verfahren unter dem Altaktenzeichen hätte festsetzen müssen. Im Übrigen verweist die Rügeführerin auf ihren Vortrag aus ihrem Schriftsatz vom zu den Aktenzeichen I B 116/07, I B 117/07, I B 118/07, I B 119/07, I B 120/07, I B 121/07 sowie I B 122/07, in dem sie des Weiteren geltend macht, der Senat sei irrig davon ausgegangen, dass die Verfahren nur mit dem Rechtsbehelf des § 66 GKG angefochten werden könnten; zudem fehle es an einer Kostengrundentscheidung; die Voraussetzungen des § 22 GKG lägen nicht vor; die Beschwerde sei das einzig verbliebene Rechtsmittel und auch Einwendungen gegen den Kostenansatz seien in diesem Verfahren zu berücksichtigen. Des Weiteren rügt sie einen „nicht durchgeführten Beteiligtenwechsel” auf Seiten des Finanzamts (FA), sowie „willkürliche Behandlung” durch das FA und das FG.

Die Rügeführerin beantragt, den Beschluss vom V B 144-148/07 aufzuheben und die Verfahren fortzuführen.

II. 1. Die Anhörungsrüge der Rügeführerin ist als unzulässig zu verwerfen.

Gemäß § 133a Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn

1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und

2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen (§ 133a Abs. 2 Satz 1 FGO). Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 6 FGO).

a) Es kann im Streitfall dahinstehen, ob der Rügeführerin wegen Versäumung der Rügefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) bewilligt werden könnte, denn die Anhörungsrüge ist jedenfalls bereits deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil die Rügeführerin die Voraussetzungen des § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO nicht substantiiert dargelegt hat (vgl. zum Erfordernis der substantiierten Darlegung z.B. BFH-Beschlüsse vom X S 18/07, BFH/NV 2007, 2143; vom I S 14/08, juris).

b) Mit der Rüge, der Senat habe über die Beschwerden ohne vorherige Erteilung eines Hinweises entschieden, hat die Rügeführerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht schlüssig dargetan. Das Gericht ist aus dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Hinweis auf seine Rechtsauffassung zu geben (, BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383; , juris, m.w.N.).

c) Der Vortrag der Rügeführerin, dass es mehrere Kostengrundentscheidungen und gleich mehrere Kostenansätze gebe bzw. es an einer Kostengrundentscheidung fehle, ist zum einen widersprüchlich und zum anderen erstmalig in ihrer Anhörungsrüge vorgebracht. Insoweit ist eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör in den Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich. Soweit die Rügeführerin der Auffassung sein sollte, der Senat sei in den Beschwerdeverfahren von Amts wegen zur Prüfung verpflichtet gewesen, ob Kostengrundentscheidungen vorhanden seien, begründet diese ebenso wie die „Nichtherbeiführung” eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels auf Seiten des FA keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. hierzu bereits , juris).

d) Gegenstand der Anhörungsrüge können nur Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör sein, nicht aber formelle oder materiell-rechtliche Einwendungen gegen die angegriffene Entscheidung (z.B. , juris). Dass das Gericht die von den Beteiligten vertretene Rechtsansicht nicht teilt, führt nicht zu einem Verstoß gegen das Recht auf Gehör. An einer schlüssigen Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fehlt es daher, soweit die Rügeführerin u.a. geltend macht, der Senat sei irrig davon ausgegangen, dass die Entscheidungen nur mit dem Rechtsbehelf des § 66 GKG hätten angefochten werden können, die Beschwerde sei das einzige verbleibende Rechtsmittel, mit dem Einwendungen gegen den Kostenansatz zu berücksichtigen seien, die Voraussetzungen des § 22 GKG lägen nicht vor. Der Senat hat die umfangreichen Einwendungen, die sie zum Teil (wie u.a. ihr Vorbringen hinsichtlich eines Beteiligtenwechsels) bereits in zahlreichen anderen, bei mehreren Senaten des BFH anhängigen Verfahren erfolglos vorgebracht hat, zur Kenntnis genommen und —soweit es nach der Rechtsauffassung des erkennenden Senats im Beschluss vom entscheidungserheblich war— in Erwägung gezogen.

e) Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 133a Abs. 4 Satz 4 FGO).

2. Die Kostenpflicht ergibt sich aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

Fundstelle(n):
MAAAD-21806