Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts; Verstoß gegen materielles Recht kein Verfahrensmangel
Gesetze: BewG § 146 Abs. 7, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 76 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhielt durch notariell beurkundeten Vertrag vom von ihrem Ehemann einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück übertragen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) war der Auffassung, dem von der Klägerin zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des von ihr erworbenen Miteigentumsanteils gemäß § 146 Abs. 7 des Bewertungsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (BewG) vorgelegten Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Wertermittlung von bebauten und unbebauten Grundstücken könne aus verschiedenen Gründen nicht gefolgt werden.
Der Berichterstatter im finanzgerichtlichen Verfahren wies die durch eine Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- und Rechtsanwaltskanzlei vertretene Klägerin in einem Erörterungstermin darauf hin, dass die vom Gutachter zugrunde gelegten Annahmen insbesondere hinsichtlich der vorgenommenen Abschläge nicht nachvollziehbar dargelegt worden seien und das Gutachten im Übrigen teilweise in sich nicht widerspruchsfrei sei. Das Gutachten könne daher den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nicht erbringen. Der Grundstückswert sei aber unabhängig davon zu vermindern. Das FA erließ daraufhin einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid.
Die Klägerin hielt demgegenüber daran fest, dass durch das Gutachten ein niedrigerer gemeiner Wert nachgewiesen sei. In der mündlichen Verhandlung beantragte sie hilfsweise, einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die
Immobilienwertermittlung mit einer Wertfeststellung zum Zeitpunkt der Schenkung zu beauftragen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, ohne dem Beweisantrag zu entsprechen.
Die Klägerin bringt zur Begründung ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vor, das FG hätte dem Beweisantrag nachkommen müssen. Dass dies nicht geschehen sei, stelle einen Verfahrensmangel dar.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) liegt nicht vor.
1. Das FG brauchte dem Beweisantrag der Klägerin nicht zu entsprechen.
a) Gemäß § 146 Abs. 7 BewG ist für bebaute Grundstücke ein niedrigerer Grundstückswert festzustellen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger ist als der nach den Absätzen 2 bis 6 der Vorschrift ermittelte Wert. Der Nachweis kann u.a. durch Vorlage des Gutachtens eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden. Ob das Gutachten den erforderlichen Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des FA und ggf. der Gerichte (, BFHE 207, 352, BStBl II 2005, 259, und vom II R 19/08, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2009, 573, BFH/NV 2009, 811). Der Nachweis ist erbracht, wenn das FA und ggf. das Gericht dem Gutachten ohne Einschalten bzw. Bestellung weiterer Sachverständiger folgen können. Einem Sachverständigengutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung vom (BGBl I 1988, 2209) entspricht und plausibel ist, wird regelmäßig zu folgen sein. Vom Gutachter vorgenommene Wertabschläge müssen ausreichend begründet werden (BFH-Urteil in DStR 2009, 573). Der Steuerpflichtige kann den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts demgegenüber nicht dadurch führen, dass er beim FG die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Ein solcher Antrag ist mit der dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweislast nicht vereinbar. Das FG hat den angefochtenen Bescheid nur daraufhin zu überprüfen, ob dem Steuerpflichtigen entgegen der Annahme des FA der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gelungen ist. Es hat nicht selbst zu ermitteln, welcher Wert dem Grundstück zukommt.
b) Die Klägerin konnte danach die nach der Ansicht des FA und des FG erforderliche Nachbesserung des Gutachtens oder Vorlage eines anderen, hinreichend substantiierten und in sich widerspruchsfreien Gutachtens nicht durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das FG ersetzen, um so einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Die Bestellung eines Sachverständigen durch das FG war ausgeschlossen.
2. Soweit die Klägerin meint, das FG habe zu Unrecht angenommen, dem Sachverständigengutachten könne nicht gefolgt werden, macht sie keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern einen Verstoß gegen materielles Recht und somit keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92; vom III B 55/06, BFH/NV 2008, 95; vom VIII B 153/06, BFH/NV 2008, 389, und vom XI B 16/07, BFH/NV 2008, 595). Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (BFH-Beschlüsse vom VIII B 68/07 und VIII B 110/07, BFH/NV 2008, 590 und 613; vom VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980, und vom VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1091 Nr. 7
HAAAD-21796