Leitsatz
[1] Bei der Beurteilung der Frage, ob der Unternehmer zu Recht den Einwand des unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungsaufwands erhoben hat, ist der Grad des Verschuldens des Unternehmers an der Entstehung des Mangels in die Gesamtabwägung einzubeziehen.
Allein der Umstand, dass der Unternehmer den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, rechtfertigt ohne eine solche Gesamtabwägung nicht, dem Unternehmer diesen Einwand zu verweigern.
Gesetze: BGB § 633 Abs. 2
Instanzenzug: OLG Koblenz, 12 U 333/06 vom LG Trier, 11 O 400/03 vom
Gründe
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob der Unternehmer die Mängelbeseitigung wegen Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten verweigern darf, wenn er einen Mangel vorsätzlich herbeigeführt hat, ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt.
Nach dem anwendbaren § 633 Abs. 2 BGB a.F. ist ein Unternehmer berechtigt, die Beseitigung eines Mangels zu verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Ein unverhältnismäßiger Aufwand ist anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Von Bedeutung ist auch, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (ständige Rechtsprechung, vgl. , BauR 2008, 1140 = NZBau 2008, 575 = ZfBR 2008, 476 m.w.N.; Urteil vom - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377, 378).
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist abweichend von einigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte (OLG Düsseldorf, BauR 2001, 1922 ; BauR 1987, 572; OLG Hamburg, MDR 1974, 489 ) der Grad des Verschuldens des Unternehmers an der Entstehung des Mangels stets als Umstand gewertet worden, der in die Gesamtabwägung eingeht ( , BauR 1995, 540 = ZfBR 1995, 197, m.w.N.; Urteil vom - VII ZR 214/06, aaO; Urteil vom - VII ZR 64/04, aaO jeweils m.w.N.). Daraus folgt ohne weiteres, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Grad des Verschuldens allein nicht der Schluss gezogen werden kann, der Unternehmer dürfe sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit des Aufwands für die Mängelbeseitigung berufen. Es ist eine Gesamtabwägung notwendig, bei der der Grad des Verschuldens entscheidend ins Gewicht fallen kann (vgl. , aaO), die es im Einzelfall jedoch auch erlaubt, dem Unternehmer die Berufung auf die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes selbst dann zu gestatten, wenn er den Mangel vorsätzlich herbeigeführt hat.
Diese Rechtsprechung wird von der Literatur weitgehend gebilligt (Messerschmidt/Voit-Moufang, § 635 Rdn. 112 m.w.N.; Staudinger/Peters/ Jacoby (2008), § 635 Rdn. 13; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil Rdn. 41; PWW/Leupertz, 3. Aufl., § 635 Rdn. 8; Kuffer/Wirth-Drossart, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht, S. 425; Kleine-Möller/Merl, Handbuch des privaten Baurechts, 3. Aufl., § 12 Rdn. 418; Bamberger/Roth/Voit BGB, 2. Aufl. 2008, § 635 Rdn. 14; Englert/Motzke/Wirth-Fuchs, Komm. zum BGB-Bauvertragsrecht 2007, § 635 Rdn. 22). Die teilweise abweichende Auffassung in der Literatur, der Unternehmer verliere das Recht aus § 633 Abs. 2 BGB schon deshalb, weil er den Mangel grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt habe (Mandelkow, BauR 1996, 656, 658; Werner/ Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1576; Ingenstau/Korbion-Wirth, 16. Aufl. 2007, VOB/B § 13 Nr. 6 Rdn. 48), gibt dem Senat keinen Anlass, von seiner Rechtsprechung abzuweichen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Fundstelle(n):
NJW 2009 S. 2123 Nr. 29
OAAAD-21707
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja