Leitsatz
[1] a) Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 2356 Abs. 2 BGB durch einen Notar ("Erbscheinsverhandlung") ist als Niederschrift im Sinne des § 38 Abs. 1 BeurkG zu werten; sie findet deshalb bei der Ermittlung der auf die Urkundsgeschäfte entfallenden Punktzahl im Auswahlverfahren zur Besetzung von Stellen für Anwaltsnotare nach Abschnitt A II Nr. 3 Buchst. d des Runderlasses zur Ausführung der Bundesnotarordnung in seiner geänderten Fassung vom (JMBl. für Hessen S. 323) keine Berücksichtigung.
b) Die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung für das Verwaltungsrecht rechtfertigt nicht die Vergabe von Sonderpunkten nach Abschnitt A II Nr. 3 Buchst. e, cc des Runderlasses.
Gesetze: BGB § 2356 Abs. 2; BeurkG § 38 Abs. 1
Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main, 2 Not 17/07 vom
Gründe
I.
Der Antragsgegner schrieb am im Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen (JMBl. S. 455) für den Amtsgerichtsbezirk M. eine Stelle für Anwaltsnotare aus. Auf diese bewarben sich innerhalb der am ablaufenden Bewerbungsfrist insgesamt sieben Rechtsanwälte, unter ihnen der Antragsteller und der weitere Beteiligte. Das Auswahlverfahren wurde gemäß Abschnitt A II des Runderlasses zur Ausführung der Bundesnotarordnung (BNotO) vom (JMBl. S. 222), geändert durch Runderlass vom (JMBl. S. 323), durchgeführt. Aufgrund der für die Bewerber ermittelten Gesamtpunktzahlen schlug der Präsident des Oberlandesgerichts den weiteren Beteiligten für die Besetzung der Stelle vor, für den eine Punktzahl von 171,65 errechnet worden war. Der Antragsteller, der mit einer ermittelten Punktzahl von 171,05 die zweite Rangstelle einnahm, wurde mit Schreiben vom davon unterrichtet, dass beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Stelle mit dem weiteren Beteiligten zu besetzen.
Dem Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt, den Antragsgegner zu verpflichten, die am ausgeschriebene Notarstelle mit seiner Person zu besetzen, hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, über seine Bewerbung neu zu entscheiden, hat das Oberlandesgericht hinsichtlich des Hilfsantrages entsprochen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V. mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht dem Antrag des Antragstellers angeschlossen hat, dem das Oberlandesgericht hinsichtlich des hilfsweise verfolgten Begehrens stattgegeben hat.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats steht gemäß § 20 Abs. 1, § 29 Abs. 4 FGG i.V. mit § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO und § 40 Abs. 4, § 42 Abs. 6 BRAO die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die Entscheidung des Notarsenats des Oberlandesgerichts beeinträchtigt ist (Senat , Beschlüsse vom - NotZ 9/82 -DNotZ 1983, 506, 507; vom - NotZ 12/83 - DNotZ 1984, 435, 437; vom - NotZ 26/05 - DNotZ 2006, 228 f.; vom - NotZ 8/08 - ZNotP 2009, 28 Rn. 5; vgl. auch Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO 6. Aufl. 2008 § 111 Rn. 167). Dabei genügt weder eine bloß formelle Beteiligung noch eine nur mittelbare Berührung rechtlicher Interessen. Entscheidend ist vielmehr die materielle Beschwer (Senat, Beschluss vom aaO; Bassenge in: Bassenge/Roth, FGG/RPflG, 11. Aufl. 2007 § 20 FGG Rn. 2), d.h. die unmittelbare Beeinträchtigung dem Beschwerdeführer zustehender materieller Rechte durch den Entscheidungssatz der angefochtenen Entscheidung (Senat, Beschluss vom aaO; Bassenge aaO, Rn. 5 ff; Briesemeister in: Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006 § 20 Rn. 7, 12; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl. 2006 § 20 Rn. 5; Kahl in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl. 2003 § 20 Rn. 12).
Die danach erforderliche materielle Beschwer des weiteren Beteiligten ist hier gegeben. Durch den Erfolg des Antrags auf gerichtliche Entscheidung vor dem Oberlandesgericht und die dadurch begründete Verpflichtung des Antragsgegners, über die Bewerbung des Antragstellers neu zu entscheiden, wird nicht nur die ursprünglich mit dem weiteren Beteiligten vorgesehene Besetzung der ausgeschriebenen Notarstelle zu seinen Ungunsten verzögert, vielmehr ist damit unmittelbar auch die Gefahr begründet worden, dass diese Stelle mit dem konkurrierenden Antragsteller besetzt wird, denn die - den Antragsgegner bindende -Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts ermöglicht eine Neubescheidung zum Nachteil des weiteren Beteiligten. Er kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts daher überprüfen lassen, ohne zunächst einen - ihn belastenden - neuen Bescheid des Antragsgegners abwarten zu müssen (Senat , Beschlüsse vom - NotZ 123/07 - Rn. 3 bei [...] abrufbar; vom - NotZ 26/05 - DNotZ 2006, 228, 229 ; vom - NotZ 29/04 - ZNotP 2005, 431; vom - NotZ 1/01 - ZNotP 2001, 443, 444 ; vom - NotZ 26/97 - NJW-RR 1998, 1598).
III.
Das Rechtsmittel ist indes in der Sache unbegründet. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die den Antragsgegner zur Neubescheidung verpflichtet, erweist sich als richtig; soweit der weitere Beteiligte die Erwägungen aus dem angefochtenen Beschluss angreift, sind die von ihm dazu vorgebrachten Argumente nicht stichhaltig.
1.
Dabei bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Antragsgegner zur Auswahl unter mehreren Bewerbern um eine freie Notarstelle deren fachliche Leistung nach dem Punktesystem gemäß Abschnitt A II Nr. 3 des Runderlasses ermittelt, der in seiner Fassung vom im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 110, 304, 324 ff.) modifiziert worden ist (Senat , Beschlüsse vom - NotZ 3/06 - ZNotP 2006, 392, 393 f. Rn. 13 und - NotZ 11/06 - NJW 2006, 3211 f. Rn. 7; vom - NotZ 39/06 - ZNotP 2007, 234, 235 und NotZ 40/06 - , jeweils Rn. 6 ff., zu den insoweit gleich lautenden Bestimmungen der AVNot 2004 in Nordrhein-Westfalen). Dies wird auch von dem Antragsteller und dem weiteren Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.
2.
Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat sich herausgestellt, dass dem Antragsgegner bei der Berechnung der für die Urkundsgeschäfte zu veranschlagenden Punkte Fehler unterlaufen sind mit der Folge, dass sich, unbeschadet der Frage der Bewertung von "Erbscheinsverhandlungen" (siehe dazu nachfolgend), richtigerweise für den Antragsteller - und nicht für den weiteren Beteiligten - ein kleiner Punktevorsprung ergibt. Dies wird im Beschwerdeverfahren von den Beteiligten - zu Recht - nicht mehr in Frage gestellt.
3.
Entgegen der Auffassung des weiteren Beteiligten sind, was das Oberlandesgericht noch offen gelassen hat, "Erbscheinsverhandlungen" als Niederschriften nach § 38 BeurkG zu werten und deshalb nach Abschnitt A II Nr. 3 Buchst. d des Runderlasses bei der Ermittlung der auf die Urkundsgeschäfte entfallenden Punktzahl nicht zu berücksichtigen. Ob der Notar eine eidesstattliche Versicherung nur aufnimmt (vgl. § 38 Abs. 1 BeurkG i.V. mit § 22 Abs. 2 BNotO) oder aber - wie hier (§ 2356 Abs. 2 BGB) - abnimmt, also selbst die zuständige Behörde i.S. des § 156 StGB ist (siehe dazu Winkler, BeurkG 16. Aufl. § 38 Rn. 9), kann für die Frage der Wertigkeit des Urkundsgeschäfts keine entscheidende Rolle spielen. Ebenso wenig kann es dabei darauf ankommen, ob der Notar nur die eidesstattliche Versicherung abnimmt oder darüber hinaus auch noch - als "Vollzugsgeschäft" - den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins beim Nachlassgericht einreicht. Richtig ist allerdings, dass im Unterschied zu einfachen Zeugnissen nach § 39 BeurkG und Unterschriftsbeglaubigungen nach § 40 BeurkG die notarielle Urkundstätigkeit nach § 38 BeurkG - und hier insbesondere auch im Zusammenhang mit "Erbschaftsangelegenheiten" - im Einzelfall durchaus rechtlich anspruchsvoll sein kann (vgl. Senat , Beschluss vom - NotZ 38/06 - NJW-RR 2007, 1130, 1132 Rn. 15). Dies ist jedoch im Rahmen der gebotenen Schematisierung und Pauschalierung hinzunehmen.
Im Übrigen trifft auch die Auffassung des weiteren Beteiligten nicht zu, von der Höhe des Punktevorsprungs des Antragstellers (0,85 Punkte ohne, 0,05 Punkte mit "Erbschaftsangelegenheiten") hänge es ab, ob die Landesjustizverwaltung bei der gebotenen Gesamtschau in eine "vertiefte" vergleichende Bewertung zwischen dem Antragsteller und ihm eintreten müsse.
a)
Zwar ist richtig, dass das Punktesystem und die darauf beruhende Einordnung der fachlichen Qualifikation der Bewerber in einer Rangskala die Gefahr in sich birgt, dass den Besonderheiten des Einzelfalles nicht immer ausreichend Rechnung getragen und daher das Maß der fachlichen Eignung des einzelnen Bewerbers unvollständig ermittelt oder unzutreffend in einen Vergleich mit derjenigen der Mitbewerber eingestellt wird. Daher ist vor einer endgültigen Auswahl zu prüfen, ob für die jeweiligen Bewerber besondere Umstände ersichtlich sind, die in das an feste Kriterien (Examensnote, Dauer der anwaltlichen Tätigkeit, theoretische Fortbildung, praktische Beurkundungserfahrung) ausgerichtete Punktesystem keinen Eingang gefunden haben, aber dennoch zu berücksichtigen sind, um die Kenntnisse und Fähigkeiten des Bewerbers zutreffend und vollständig zu erfassen (Senat , Beschlüsse vom - NotZ 3/06 - ZNotP 2006, 392, 394 Rn. 16; vom - NotZ 10/07 - Rn. 14 bei [...]).
b)
Der weitere Beteiligte verkennt indes, dass für die Landesjustizverwaltung kein Anlass für eine wertende Gesamtschau besteht, soweit solche Umstände nicht ersichtlich sind und daher nicht zu befürchten steht, dass den Besonderheiten des Einzelfalles nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Dann ist es nicht zu beanstanden, wenn die Landesjustizverwaltung die Bewerberauswahl nach der durch die errechneten Gesamtpunktzahlen ermittelten Rangfolge vornimmt. Nicht etwa hat sie - wie der weitere Beteiligte meint - auch ohne derartige Besonderheiten stets im Wege eines darüber hinausgehenden Individualvergleichs der Bewerber darüber zu befinden, ob von der errechneten Rangfolge abzuweichen und ein nachrangig platzierter Bewerber vorzuziehen ist. Denn für eine derartige Prüfung fehlt es mangels brauchbarer Beurteilungskriterien an einer tragfähigen Grundlage; sie könnte daher im Ergebnis nur zu einer willkürlichen Abweichung von der ermittelten Rangfolge führen (Senat, Beschluss vom aaO Rn. 15), die der Landesjustizverwaltung indes versagt ist.
Ergibt sich also aus den für die einzelnen Bewerber ermittelten Punktzahlen ein lediglich geringer Punkteunterschied, so kann allein aus dieser (minimalen) Punktedifferenz kein Recht auf die vom weiteren Beteiligten geforderte "vertiefte" Gesamtschau abgeleitet werden. Dabei macht es prinzipiell keinen Unterschied, ob der Punkteunterschied lediglich 0,05 oder darüber hinausgehend 0,85 beträgt. Sind die Punktzahlen beider Bewerber zutreffend ermittelt, was der weitere Beteiligte hinsichtlich der Zahl der Urkundsgeschäfte - gleich ob mit oder ohne "Erbschaftsangelegenheiten" - nicht mehr anzweifelt, darf auch ein noch so geringer Punktevorsprung den Ausschlag zugunsten des an die erste Stelle gesetzten Bewerbers geben und fehlt es an der Berechtigung der Landesjustizverwaltung, einem Bewerber an nachfolgender Rangstelle den Vorzug zu geben (Senat, Beschluss vom aaO Rn. 17). Diese Grundsätze hat das Oberlandesgericht richtig erkannt und zutreffend umgesetzt.
4.
Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners erweist sich auch nicht deshalb als im Ergebnis richtig, weil, wie der weitere Beteiligte meint, bei dem Antragsteller - anders als bei ihm selbst - ein Ungleichgewicht in der theoretischen und praktischen Vorbereitung auf das angestrebte Amt des Notars im Zweitberuf bestehe. Der weitere Beteiligte macht in diesem Zusammenhang geltend, der Antragsteller habe zwar 53 Fortbildungspunkte erzielt, aber nur 25,4 (mit "Erbschaftsangelegenheiten") bzw. 25,00 (ohne "Erbschaftsangelegenheiten") Beurkundungspunkte; demgegenüber könne er mit 29,5 Fortbildungspunkten immerhin 46,8 bzw. 45,6 Beurkundungspunkte vorweisen.
a)
Mit dieser Argumentation übersieht der weitere Beteiligte, dass bei Prüfung der fachlichen Eignung eines Bewerbers die theoretische Fortbildung einerseits und die praktisch erworbenen Fähigkeiten andererseits selbständige und grundsätzlich gleichwertige Komponenten darstellen, die es gleichermaßen erlauben, die Qualifikation des Bewerbers zu beurteilen (Senat, Beschlüsse vom aaO Rn. 14 a.E.; vom - NotZ 102/07 - bei [...] abrufbar Rn. 12). Sie sind beide unabdingbar, um dessen Kenntnisse und Fähigkeiten zutreffend und vollständig zu erfassen. Dabei ist nicht entscheidend, ob im theoretischen und im praktischen Teil etwa die gleiche Punktzahl erlangt wird. Von Bedeutung ist allein, dass sich kein - eine einseitige Vorbereitung zum Ausdruck bringendes - Ungleichgewicht zwischen beiden Bereichen zeigt (Senat , Beschluss vom - NotZ 102/07 - aaO). Ebenso wie dabei ins Gewicht fallen kann, dass ein Bewerber sich im Wesentlichen nur theoretisch auf das Notaramt vorbereitet hat (vgl. Senat , Beschluss vom - NotZ 76/07 - bei [...] abrufbar Rn. 14), kann sich ein Abweichen von der Rangfolge, wie sie sich anhand der ermittelten Gesamtpunktzahlen ergibt, auch daraus rechtfertigen, dass ein Bewerber zwar ausreichend praktisch auf das Notaramt vorbereitet ist, im Bereich der theoretischen Fortbildung jedoch ein völliger Ausfall zu verzeichnen ist.
b)
Weder beim Antragsteller noch beim weiteren Beteiligten liegt eine solche einseitige Betonung eines der beiden Leistungskriterien vor. Zwar hat der weitere Beteiligte eine höhere Anzahl von Beurkundungen in das Bewerbungsverfahren eingebracht, indes der theoretischen Fortbildung geringere Aufmerksamkeit geschenkt als der Antragsteller, der dafür weniger Beurkundungen vorzuweisen hat. Von einem völligen Ausfall einer der erforderlichen Komponenten oder auch nur von einer offen zutage tretenden Einseitigkeit in der praktischen oder theoretischen Vorbereitung auf das Notaramt kann bei beiden Bewerbern nicht die Rede sein.
5.
Schließlich kann der weitere Beteiligte nicht damit gehört werden, die Auswahlentscheidung müsse jedenfalls deshalb Bestand haben, weil der Antragsgegner an ihn drei Sonderpunkte für seine Tätigkeit als Fachanwalt für Verwaltungsrecht hätte vergeben müssen; dabei genüge schon ein Punkt, um einen Punktevorsprung gegenüber dem Antragsteller zu erlangen.
a)
Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass die Tätigkeit als Fachanwalt Hinweise darauf geben kann, inwieweit der jeweilige Schwerpunkt der Anwaltstätigkeit "notarnäher" oder "notarferner" ausgestaltet ist. Die einschlägige Fachanwaltsordnung (FAO) verlangt in ihrer Fassung vom - wie auch in den vorangegangenen Fassungen - für die jeweiligen Fachanwaltsbezeichnungen nicht nur besondere theoretische Kenntnisse auf dem betreffenden Rechtsgebiet, die durch den Besuch entsprechender Lehrgänge nachzuweisen sind (§ 4 FAO), sondern ebenso den Nachweis praktischer Erfahrungen (§ 5 FAO) für die jeweiligen Rechtsgebiete. Ein Rechtsanwalt, der die danach geforderten Nachweise erbringt, zeigt damit, dass er - über den Erwerb der theoretischen Kenntnisse hinaus - in einem bestimmten Gebiet in nicht unerheblichem Umfang praktisch gearbeitet hat. Er erhält überhaupt nur dann die Berechtigung, die Bezeichnung als Fachanwalt zu führen (Senat , Beschlüsse vom - NotZ 11/06 - ZNotP 2006, 435, 437 Rn. 16; vom - NotZ 123/07 - bei [...] abrufbar Rn. 12).
Der Senat hat aber auch betont, dass die bloße Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung für sich allein nicht genügt, um der anwaltlichen Tätigkeit ein "notarnahes" Gepräge zu geben. Die Qualifikation als Fachanwalt muss vielmehr auf einem Gebiet erworben werden, das typischerweise den materiellen Kernbereich notarieller Tätigkeit berührt; der Senat hat dies beispielsweise für das Familienrecht, das Erbrecht, das Handels- und Gesellschaftsrecht und das Steuerrecht bejaht (Beschluss vom aaO Rn. 17).
b)
Er hat zuletzt entschieden, dass der Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung für Bau- und Architektenrecht geeignet ist, Hinweise auf eine "notarnahe" Ausrichtung der anwaltlichen Tätigkeit zu geben. Er hat dies damit begründet, dass nach § 14e FAO für das Fachgebiet Bau- und Architektenrecht unter anderem besondere Kenntnisse im Bauvertragsrecht und im Recht der Architekten und Ingenieure nachzuweisen sind sowie die Bearbeitung von jeweils mindestens fünf Fällen in den genannten Bereichen (Beschluss vom - NotZ 123/07 - aaO Rn. 18).
c)
Davon unterscheidet sich der Fachanwalt für Verwaltungsrecht bereits dadurch, dass ausweislich § 8 FAO zum einen Nachweise erforderlich sind für die Bereiche des allgemeinen Verwaltungsrechts, des Verfahrensrechts und des Rechts der öffentlichrechtlichen Ersatzleistung. Darüber hinaus müssen Kenntnisse in zwei Bereichen des besonderen Verwaltungsrechts erworben werden, die in der Fachanwaltsordnung nicht abschließend umschrieben sind. Es ist in § 8 Nr. 2 FAO lediglich ein Katalog vorgegeben, aus denen der eine von den insgesamt zwei Bereichen des besonderen Verwaltungsrechts gewählt sein muss. Dieser Katalog enthält ausschließlich Rechtsgebiete, die als "notarfern" zu betrachten sind. Das gilt nicht nur für das öffentliche Dienstrecht und das Wirtschaftsverwaltungsrecht, sondern auch für die Rechtsgebiete des Abgabenrechts und des öffentlichen Baurechts.
Fundstelle(n):
NJW-RR 2009 S. 1357 Nr. 19
QAAAD-21702
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein