Leitsatz
Eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalles abhängt, ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nach § 160a Abs. 2 S. 3 SGG unzulässig (hier: Beurteilung der Frage zum Wegfall des Feststellungsinteresses an einer Fortsetzungsfeststellungsklage). [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung].
Gesetze: SGG § 160a Abs. 2 S. 3
Instanzenzug: SG Hamburg, S 38 AL 752/00 vom LSG Hamburg, L 5 AL 25/06 vom
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, da ihrer Begründung keine den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entsprechende Darlegung oder Bezeichnung von Gründen zu entnehmen ist, die nach § 160 Abs 2 SGG zur Zulassung der Revision führen können.
1. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht in der gebotenen Weise dargelegt. Denn zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist auszuführen, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung muss aufzeigen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand der Rechtsprechung und gegebenenfalls des Schrifttums nicht ohne weiteres zu beantworten ist, und es ist der Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage durch das Revisionsgericht notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
a) Der Beschwerdeführer trägt vor, der Frage, "ob die Entscheidung eines Zivilgerichts in einem Verfahren zwischen Privaten ein Rehabilitationsinteresse gegen eine Behörde entfallen lassen kann", komme grundsätzliche Bedeutung zu. Insoweit beanstandet er die Auffassung des Landessozialgerichts (LSG), auf Grund des Obsiegens des Klägers vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) sei hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Fortsetzungsfeststellungsklage das ursprünglich bestehende Rehabilitationsinteresse entfallen.
Zweifelhaft ist bereits, ob mit der vorgenannten Formulierung eine Rechtsfrage aufgeworfen ist, die in einem etwaigen Revisionsverfahren vom Bundessozialgericht (BSG) mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden kann (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; Lüdtke in Handkommentar zum SGG, 3. Aufl, § 160 RdNr 10). Denn es ist nicht ersichtlich, wie diese Fragestellung zum Wegfall des Feststellungsinteresses an einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Hinblick auf die Entscheidung "eines Zivilgerichts" beurteilt werden könnte. Eine solche Beurteilung kann vielmehr im Einzelfall je nach Umständen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (vgl Nachweise bei Meyer-Ladewig ua, SGG, 9. Aufl, § 131 RdNr 10a ff). Im Rahmen der Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ist aber eine Fragestellung unzulässig, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalles abhängt (vgl BAGE 121, 52 = NJW 2007, 1165; Becker, SGb 2007, 261, 265).
Soweit der Beschwerdeführer bei seiner Fragestellung mit dem Hinweis auf die "Entscheidung eines Zivilgerichts" allein die im vorliegenden Fall ergangene Entscheidung des LAG meint, er also gerade im Hinblick auf diese konkrete Entscheidung die Beurteilung des LSG beanstandet, enthält das Beschwerdevorbringen auch nicht - wie dies nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlich ist - hinreichende Darlegungen zu der über den Einzelfall hinausreichenden Bedeutung. Insbesondere lässt sich aus der Beschwerdebegründung nicht nachvollziehen, inwieweit der Frage - soweit sie allein auf das LAG Bezug nehmen will - Breitenwirkung zukommen sollte (vgl Lüdtke aaO, § 160 RdNr 10) oder zu erwartende Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berühren könnten (Becker, aaO S 266). Die Ausführungen der Beschwerdebegründung beziehen sich vielmehr ganz überwiegend auf die Umstände des vorliegenden Falles. Daran vermag auch der Hinweis auf die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 Grundgesetz nichts zu ändern. Im Kern macht der Beschwerdeführer nur geltend, die Rechtsauffassung und damit auch die Entscheidung des LSG in der Sache sei fehlerhaft. Über die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ist aber im Rahmen des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu befinden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7; stRspr). Im Übrigen lässt die Beschwerdebegründung auch eine Auseinandersetzung mit der bereits vorliegenden, teilweise auch vom LSG zitierten Rechtsprechung des BSG (ua BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4; BSGE 79, 33 = SozR 3-2500 § 126 Nr 2 - jeweils mwN) zum berechtigten Interesse bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage vermissen.
b) Soweit der Beschwerdeführer auch der Frage grundsätzliche Bedeutung beimessen will, "ob für den Kläger günstige Feststellungen eines Gerichts im auf ein erledigtes Eilverfahren ergehenden Kostenbeschluss zu einem Wegfall des Rehabilitationsinteresses führen können", fehlt es ebenfalls aus den bereits unter a) genannten Gründen an hinreichenden Darlegungen im Sinne des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Die Frage nach der Bedeutung eines Eilverfahrens bzw der dabei getroffenen Kostenentscheidung lässt sich nicht verallgemeinerungsfähig beantworten. Von der Beschwerdebegründung wird nicht aufgezeigt, inwieweit der Frage, soweit sie allein auf das im vorliegenden Fall vom LSG berücksichtigte Eilverfahren abstellt, Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen könnte; eine solche Bedeutung ist auch nicht ersichtlich.
2. Ebenfalls nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügt der Vortrag der Beschwerdebegründung, das LSG sei von mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen - "BSG 7. Senat 7 RAr 44/91; BSG 7. Senat 7 RAr 148/88; BVerfGE 53, 134, 137" - abgewichen. Denn um eine Abweichung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zu bezeichnen, hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) andererseits aufzuzeigen und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne weiteres aufzufinden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt ist und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; -). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung offensichtlich nicht gerecht. Abgesehen davon, dass die angegebene Entscheidung "BVerfGE 53, 134, 137" so nicht aufzufinden ist bzw keinen sachlichen Bezug erkennen lässt, versäumt es der Beschwerdeführer insbesondere, einen abstrakten Rechtssatz des LSG darzustellen, mit dem es im Grundsätzlichen dem BSG bzw dem BVerfG widersprochen hätte. Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich vielmehr auf die Darstellung von Einzelaspekten; es bezieht sich deshalb nur auf die Frage, ob der Rechtsstreit im Ergebnis zutreffend entschieden worden ist, nicht jedoch auf den Zulassungsgrund der Abweichung.
Die unzulässige Beschwerde ist zu verwerfen (§§ 160a Abs 4 Satz 1, 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
LAAAD-21679