Über die Auszahlung zu erstattender Lohnsteuer ist durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden; Verletzung des gesetzlichen Richters nur bei greifbar gesetzwidriger Ablehnung des Befangenheitsgesuchs
Gesetze: AO § 218 Abs. 2, FGO § 51, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Für die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im April 2003 einen Einkommensteuerbescheid für 1992. Nach Abzug der entrichteten Lohnsteuer in Höhe von . DM verblieb eine Steuerschuld von . DM; außerdem wurden Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von . € festgesetzt. Auf den Einspruch der Kläger hob das FA wegen eingetretener Festsetzungsverjährung den Einkommensteuerbescheid auf und setzte mit einem gesonderten Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer für 1992 die Zinsen auf 0 € fest. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde als unzulässig verworfen.
Die Klage, mit der die Kläger beantragten, das FA zu verpflichten, den freigewordenen Betrag in Höhe von . DM und hierauf entfallende Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von . DM auszuzahlen, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Kläger ihren Erstattungsanspruch nicht im Wege der Leistungsklage verfolgen könnten, sondern den Erlass eines Abrechnungsbescheids erwirken und diesen ggf. anfechten müssten. Dementsprechend sei auch ein Abrechnungsbescheid ergangen und von den Klägern durch Einspruch angefochten worden. Nach Abschluss des Einspruchsverfahrens könnten etwaige Einwendungen im Klagewege geltend gemacht werden. Ein Anspruch auf Guthabenzinsen gemäß § 233a AO stehe den Klägern nicht zu, weil ein Unterschiedsbetrag zu ihren Gunsten i.S. des § 233a Abs. 3 AO zu keiner Zeit bestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, welche sie auf sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
1. Im Streitfall geht es darum, ob durch Steuerabzug vom Lohn geleistete Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zu erstatten sind, weil die Vorauszahlungen die festgesetzte Steuer übersteigen. Hierbei handelt es sich um eine zum Steuererhebungsverfahren gehörende Frage, die —wie das FG zutreffend ausgeführt hat— im Wege des Abrechnungsbescheids gemäß § 218 Abs. 2 AO zu entscheiden ist. Aus den von Seiten der Beschwerde angeführten Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) ergibt sich nichts anderes. Die von der Beschwerde aus diesen Entscheidungen zitierten Sätze sind somit nicht geeignet, den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) in Gestalt der Divergenz darzulegen.
Wie sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt, ist hinsichtlich des seitens der Kläger geltend gemachten Erstattungsanspruchs auch bereits ein Abrechnungsbescheid ergangen, welcher durch Rechtsmittel angefochten ist.
2. Da ein im Wege der Leistungsklage verfolgbarer Erstattungsanspruch der Kläger nicht besteht, stellt sich die Frage seiner Verzinsung nicht. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde können daher weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) begründen.
3. Auch die behaupteten Verfahrensmängel sind nicht schlüssig dargelegt.
Das FG ist nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (, BFH/NV 2001, 1292). Daher liegt in derartigen Fällen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.). An solchen Anhaltspunkten fehlt es im Streitfall, soweit die Beschwerde geltend macht, dass das FG den Klägervortrag aus den kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen nicht zur Kenntnis genommen habe. Die Beschwerde bezeichnet kein konkretes in diesen Schriftsätzen enthaltenes Klägervorbringen, welches vom FG bei der Entscheidungsfindung außer Acht gelassen worden ist.
Die Behauptung der Beschwerde, dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung ihre Anträge nicht stellen bzw. begründen durften, trifft ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht zu.
Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden. Geltend gemacht werden können nur solche Verfahrensmängel, die als Folge der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs dem angefochtenen Urteil anhaften. Ein Zulassungsgrund liegt daher nur vor, wenn die Ablehnung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird, wie der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) oder den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter greift jedoch nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften ein. Deshalb hat eine Besetzungsrüge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich war (BFH-Beschlüsse vom III B 51/02, BFH/NV 2003, 640; vom III B 87/02, BFH/NV 2003, 1218; vom III B 14/03, BFH/NV 2004, 224; Senatsbeschluss vom VII S 20/03 (PKH), BFH/NV 2004, 375). Derartiges Vorbringen enthält die Beschwerde im Streitfall nicht.
Das FG hat seine Entscheidung, dass die gegen zwei Berufsrichter des FG-Senats gerichteten Ablehnungsgesuche offensichtlich unzulässig und missbräuchlich seien, so dass hierüber unter Mitwirkung der abgelehnten Richter befunden werden könne, ausführlich und zutreffend begründet, weshalb hierauf Bezug genommen werden kann. Auch wenn man davon auszugehen hat, dass die Voraussetzungen, unter denen abgelehnte Richter ausnahmsweise selbst über das Ablehnungsgesuch entscheiden dürfen, eng auszulegen sind, ist die im Streitfall beanstandete FG-Entscheidung nicht greifbar gesetzwidrig. Die Ablehnungsgesuche der Kläger stützten sich auf ihre Unzufriedenheit mit der Prozess- und Verhandlungsführung durch das FG bzw. auf ihrer Ansicht nach unzutreffende Ausführungen in der ihnen vorab übersandten Zusammenfassung des wesentlichen Akteninhalts, enthielten jedoch kein Vorbringen, welches geeignet gewesen wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines der betroffenen Richter zu rechtfertigen.
4. Hinsichtlich der übrigen Ausführungen der Beschwerde in dem Schriftsatz vom wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO von einer Begründung abgesehen. Soweit der Beschwerdeschriftsatz vom nicht lediglich Wiederholungen, sondern neues Vorbringen enthält, ist dieses erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 FGO) erfolgt und kann deshalb nicht berücksichtigt werden.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 888 Nr. 6
GAAAD-20473