Kein Kindergeldanspruch eines unternehmerisch in
Deutschländ tätigen deutschen Staatsangehörigen mit
Familienwohnsitz in Polen
Keine Bindung der Familienkasse an die
Feststellungen des Finanzamts zur unbeschränkten
Einkommensteuerpflicht
Leitsatz
1. Der Steuerpflichtige hat unter
seiner ordnungsbehördlich gemeldeten Adresse im Inland keinen Wohnsitz
nach Maßgabe von § 8 AO begründet, wenn nicht hinreichend
nachgewiesen wird, dass er sich tatsächlich im streitigen Zeitraum trotz
des Mittelpunkts seiner Lebensinteressen bei seiner Familie in Polen
regelmäßig in zusammenhängenden Zeitabschnitten im Inland
aufgehalten und in der betreffenden Wohnung wie angemeldet gewohnt hat (hier:
nicht durch schriftlichen Mietvertrag nachgewiesenes Untermietverhältnis
an einer Wohnung, die nach Kenntnis des Gerichts von zwei mehrköpfigen
Familien sowie zwei weiteren erwerbstätigen Personen aus Polen
gegenüber deutschen Behörden als Wohnanschrift angegeben worden ist).
2. Trotz der Angaben des
Klägers, dass die Art seiner unternehmerischen Erwerbstätigkeit im
Inland nur gelegentlich an Wochenenden einen Heimatbesuch in Polen zulasse,
aber im Übrigen den ausschließlichen Aufenthalt in Deutschland von
montags bis freitags bedinge, kann ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S. von
§ 9 AO nicht anerkannt werden, wenn eine derart umfangreiche
Erwerbstätigkeit des Klägers in Deutschland nicht durch
aussagekräftige, den gesamten streitigen Zeitraum abdeckende Belege
nachgewiesen wird.
3. Auch wenn der Kläger vom
Finanzamt seit Jahren als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt
worden ist, was gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG notwendig seinen
Wohnsitz oder jedenfalls den dauernden Aufenthalt in Deutschland voraussetzt,
entfalten die hierzu ergangenen Einkommensteuerbescheide des Finanzamts
für die Agentur für Arbeit keine Bindungswirkung im Rahmen der
Kindergeldfestsetzung. Hat die Familienkasse die verwaltungsinterne Anweisung
gem. Tz. 62.1 Abs. 3 Satz 1 DA-FamEStG, wonach sie an Feststellungen des
Finanzamtes zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht grundsätzlich
gebunden ist und im Falle von ernsthaften Zweifeln eine Abstimmung mit dem
Finanzamt herbeiführen muss, nicht beachtet, ist das Gericht selbst
verpflichtet, im Hinblick auf den streitigen Kindergeldanspruch die
Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 und 2
EStG betreffend die Einkommensteuerpflicht festzustellen.
Fundstelle(n): WAAAD-20313
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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.02.2009 - 10 K 10364/05 B
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