Ablehnung von Gerichtspersonen wegen Besorgnis der Befangenheit; Rüge der Gesetzeswidrigkeit eines Beschlusses
Gesetze: FGO § 62 Abs. 4, FGO § 128 Abs. 2, GKG § 66
Instanzenzug: , AO
Gründe
I. Mit Beschluss vom hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf den Antrag der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf Ablehnung der Vorsitzenden Richterin am FG und des Richters am FG H wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die abgelehnten Richter haben an dem Beschluss nicht mitgewirkt. Dagegen wandten sich die Kläger mit Schreiben vom und machten u.a. gesetzeswidriges Handeln seitens des FG geltend, „weil das Anliegen an den BFH übertragen werden muss”. Das FG sah darin eine Beschwerde, die es dem Bundesfinanzhof (BFH) vorlegte, nachdem es ihr mit Beschluss vom nicht abgeholfen hatte.
Der Vorsitzende des IV. Senats des BFH wies die Kläger darauf hin, dass gegen den Beschluss des FG eine Beschwerde nicht gegeben sei (§ 128 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und beim BFH Vertretungszwang bestehe (§ 62a FGO a.F.; vgl. nunmehr § 62 Abs. 4 FGO). Andererseits könne eine „Übertragung des Anliegens” an den BFH nur im Wege einer —aus den genannten Gründen unzulässigen— Beschwerde geschehen; die Kosten des Verfahrens hätten sie —die Kläger— zu tragen. Sollten die Kläger nicht eindeutig schriftlich erklären, dass sie die Angelegenheit als erledigt betrachten, werde das Begehren als förmliche Beschwerde registriert und einer Entscheidung durch den Senat zugeführt.
Daraufhin trugen die Kläger vor, der IV. Senat des BFH gehe grundlos davon aus, dass „Beschwerde” gegen den Beschluss des FG eingelegt worden sei. Eine solche Beschwerde habe es nie gegeben, sondern eine Rüge gesetzwidrigen Verhaltens. Ein Beschluss über ein Ablehnungsgesuch gegen Richter wegen Befangenheit ergehe grundsätzlich ohne Beteiligung des abgelehnten Richters. Sofern mehrere Richter abgelehnt würden und die „Kammer” dadurch beschlussunfähig werde, müsse der BFH entscheiden (§ 45 Abs. 1 der Zivilprozessordnung). Vorliegend habe die „Kammer” aus drei Richtern bestanden, von welchen zwei Richter wegen Befangenheit abgelehnt worden seien, so dass die „Kammer” nicht mehr beschlussfähig gewesen sei. In diesem Fall hätte sie das Verfahren dem BFH zur Entscheidung vorlegen müssen, und zwar wegen Beschlussunfähigkeit und nicht als angebliche Beschwerde. Rechtswidrig habe das FG selbst entschieden, zudem auch unter Hinzuziehung einer Richterin einer anderen Kammer.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Schreiben der Kläger vom ist als Beschwerde auszulegen. Denn die Kläger rügen die Gesetzwidrigkeit des Beschlusses, mit dem das FG ihren Antrag wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, und machen geltend, dass der BFH darüber entscheiden müsse. Es handelt sich deshalb der Sache nach um eine Beschwerde. Zwar haben sich die Kläger gegen ein solches Verständnis gewandt. In der Sache haben sie jedoch auch dann weiter an ihren Begehren festgehalten, als sie darauf hingewiesen worden waren, dass der Senat unter diesen Voraussetzungen von einer Beschwerde ausgehen werde.
2. Die Beschwerde ist nicht statthaft. Denn nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung können Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 128 Abs. 2 FGO). Sie ist außerdem unzulässig, weil die Kläger den Vertretungszwang vor dem BFH nicht beachtet haben und selbst wirksame Prozesshandlungen nicht vornehmen können (vgl. § 62 Abs. 4 FGO; früher § 62a FGO a.F.).
3. Eine Auslegung als außerordentliche Beschwerde kommt nicht in Betracht. Zwar wurde eine außerordentliche Beschwerde im Wege richterlicher Rechtsfortbildung in der Vergangenheit in Fällen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit für denkbar gehalten. Ein solcher Rechtsbehelf genügt jedoch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit und ist deshalb generell nicht statthaft (vgl. dazu Beschluss des Plenums des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 416; , BFH/NV 2007 Beilage 3, 298; sowie u.a. (PKH), BFHE 216, 511, BStBl II 2007, 468, m.w.N.).
4. Für die von den Klägern verlangte genaue inhaltliche Mitteilung der vom FG zugesandten Akten fehlt bei dieser Sachlage die Grundlage.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 i.V.m. § 143 Abs. 1 FGO. Eine nicht statthafte Beschwerde ist nicht nach § 66 Abs. 8 des Gerichtskostengesetzes gebührenfrei (vgl. , BFH/NV 2005, 1830, m.w.N.).
Fundstelle(n):
BAAAD-19271