Bundesministerium der Finanzen - IV B 2 - S 2128 - 2/06

Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf die Teilwertabschreibung eigenkapitalersetzender Darlehen

Bezug:

Bei der steuerlichen Behandlung von Aufwendungen im Zusammenhang miteigenkapitalersetzenden Darlehen ist zum einen die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG, zum anderen die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG strittig. Eine Entscheidung kann jedoch nur einheitlich für die Einkommen- und Körperschaftsteuer getroffen werden. Eine Erörterung dieser Problematik war bisher in der geplanten gemischten (referatsübergreifenden) Bund-/Länder- Arbeitsgruppe (ASt/ESt/KSt) zur steuerlichen Behandlung von Betriebsausgaben im Zusammenhang mit steuerfreien Beteiligungserträgen vorgesehen. Die Einberufung dieser Arbeitsgruppe war ursprünglich für den Beginn des Jahres 2006 vorgesehen. Die Einberufung der Arbeitsgruppe war aber wegen vordringlicher anderer Aufgaben im BMF bisher zeitlich nicht möglich.

Wegen zahlreicher Anfragen hat Hessen mit Schreiben vom nunmehr vorgeschlagen, die Problematik der Teilwertabschreibung auf eigenkapitalersetzende Darlehen vorab im schriftlichen Verfahren zu erörtern und die steuerliche Behandlung im Rahmen der Sitzungen ESt V/06 und KSt/GewSt III/06 abzustimmen.

Bayern vertritt in seinem Schreiben vom im Ergebnis die Auffassung, dass eine Teilwertabschreibung auf – auch eigenkapitalersetzende Darlehen sowie Aufwendungen auf überlassene Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Betriebsaufspaltung – unabhängig von der Entgeltlichkeit der Überlassung – nicht in den Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 EStG fielen.

Zu den angesprochenen Fragen nimmt das BMF nachfolgend wie folgt Stellung:

1. Anwendung des Abzugsverbots nach § 3c Abs. 2 EStG

In der Sache ist die Frage zu entscheiden, ob eine Teilwertabschreibung auf ein – auch eigenkapitalersetzendes – Darlehen an eine GmbH, deren Anteile sich im Betriebsvermögen des darlehensgewährenden Gesellschafters befinden, dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt. Es geht also nicht um die Beurteilung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen i. S. des § 17 EStG.

Bei der Beurteilung der Teilwertabschreibung auf eigenkapitalersetzende Darlehen ist zunächst davon auszugehen, dass ein fremder Dritter der GmbH in der Krise kein Darlehen gewähren würde oder ein solches jedenfalls nicht stehen lassen würde. Der BGH geht in seinem Urteil vom (DStR 1999, 1198) davon aus, dass die Eigenkapitalersatzregeln für Darlehensgewährungen in der Krise eingreifen, weil der Gesellschafter keine der beiden für einen ordentlichen Kaufmann gegebenen Möglichkeiten der Reaktion auf die Krise der Gesellschaft (entweder Liquidation der GmbH oder aber Ausstattung der GmbH mit neuern haftendem Kapital) ergriffen hat. Vielmehr versucht hier der Gesellschafter, den Fortbestand der Gesellschaft dadurch zu sichern, dass er als Drittgläubiger Hilfe gewährt oder belässt. Die Gewährung des Darlehens erfolgt daher offenkundig in der Hoffnung auf die Erhaltung der GmbH-Beteiligung als Einnahmequelle. Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sind demnach als „funktionales Eigenkapital” zu qualifizieren.

Nach § 3c Abs. 2 EStG können Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. § 3c Abs. 2 EStG verlangt – anders als § 3c Abs. 1 EStG – keinen unmittelbaren, sondern lediglich einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit Beteiligungserträgen; es genügt jede objektiv kausale oder finale Verknüpfung (Schmidt/Heinicke, § 3c Rdnr. 37).

Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang dürfte in den hier zu beurteilenden Fällen jedenfalls ab dem Zeitpunkt gegeben sein, ab dem das Darlehen eigenkapitalersetzend ist. Sieht man die Wertminderung des eigenkapitalersetzenden Darlehens richtigerweise als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst an, so spricht vieles dafür, dass damit zugleich der wirtschaftliche Zusammenhang i. S. d. § 3c Abs. 2 begründet wird.

Wie Nordrhein-Westfalen zutreffend feststellt, überlagert nämlich in der Krise der Gesellschaft der wirtschaftliche Zusammenhang mit Einnahmen i. S. des § 3 Nr. 40 EStG eine ggf. gleichzeitig bestehende (Teil-) Entgeltlichkeit der Kapitalüberlassung aus dem Darlehensverhältnis. So wird in der Praxis aus gesellschaftsrechtlichen Gründen häufig die Verzinsung des Darlehens während der Krise der Gesellschaft ausgesetzt oder aber es werden auflaufende Zinsverbindlichkeiten zumindest teilweise erlassen. Teilwertabschreibungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen und auch Refinanzierungsaufwendungen fallen deshalb in der Krise der Gesellschaft in den Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 EStG.

Für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG sprechen darüber hinaus folgende Gesichtspunkte:

Wie der BFH in seinem Urteil vom (BStBl 2004 II S. 416) ausgeführt hat, kommt eine Teilwertabschreibung eigenkapitalersetzender Darlehen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nur nach denselben Kriterien in Betracht, die auch für die Abschreibung der Beteiligung an der Gesellschaft selbst auf den niedrigeren Teilwert gelten.

Auch ein gedachter Erwerber des Unternehmens, zu dessen Betriebsvermögen die Anteile an der Gesellschaft gehören, würde den Wert der eigenkapitalersetzenden Darlehensforderung in gleicher. Weise ermitteln wie den Wert der Anteile an der Gesellschaft selbst.

Daraus muss hergeleitet werden, dass auch die übrige steuerliche Behandlung des eigenkapitalersetzenden Darlehens – und hierzu gehört auch die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG – grundsätzlich nach den Kriterien zu erfolgen hat, die für die Beteiligung selbst gelten.

Für Zwecke der Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG kann also – entgegen der Auffassung Bayerns – nicht eingewendet werden, dass die Beteiligung einerseits und das Darlehen andererseits selbständige Wirtschaftsgüter sind, die – wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – jeweils gesondert auf den niedrigeren Teilwert abzuschreiben sind. Die – grundsätzlich zutreffende – Feststellung des Vorhandenseins selbständiger Wirtschaftsgüter ist nämlich für den hier problematischen Fall, dass sich die Gesellschaft in der Krise befindet und das gewährte Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter annimmt, zu „relativieren”. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist ab dem Zeitpunkt, ab dem das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter annimmt, der von § 3c Abs. 2 EStG verlängte wirtschaftliche Zusammenhang mit den Erträgen aus der Beteiligung gegeben, so dass sich hier eine Teilwertabschreibung auf das eigenkapitalersetzende Darlehen nur zur Hälfte als Betriebsausgabe auswirkt.

Entgegen der Auffassung Bayerns kann schließlich ein vollständiger Abzug des Darlehensverlustes als Betriebsausgabe und damit die Nichtanwendung des § 3c Abs. 2 EStG auch nicht damit begründet werden, dass die Darlehenszinsen ihrerseits in voller Höhe der Besteuerung unterliegen. Denn hier ist zwischen der Behandlung des Darlehens als solchem (Stammrecht) und den Zinsen als Frucht aus dem Stammrecht zu unterscheiden. Der Abzug des Darlehensverlustes als Betriebsausgabe betrifft ausschließlich das Stammrecht und hat mit der Frage der Behandlung der Zinsen als Frucht aus diesem Stammrecht nichts zu tun. Ein allgemeiner Grundsatz einer „korrespondierenden Behandlung” besteht hier insoweit nicht.

2. Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG

Zu § 8b Abs. 3 KStG bemerkt das BMF in Abstimmung mit dem KSt-Referat Folgendes:

Die Ausführungen zu § 3c Abs. 2 EStG können bei einer rein auf den Wortlaut der Vorschrift bezogenen Auslegung gleichermaßen für die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG gelten. Ebenso wie § 3c Abs. 2 EStG stellt auch § 8b Abs. 3 KStG lediglich auf den allgemeinen Zusammenhang mit der Beteiligung ab und fordert anders als § 3c Abs. 1 EStG gleichfalls keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Nach der Systematik des § 8b KStG würden sich Teilwertabschreibungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen, die sich im Betriebsvermögen einer Körperschaft befinden, daher in voller Höhe steuerlich nicht auswirken. Die KSt-Referatsleiter hatten sich allerdings – vorbehaltlich einer weiteren Prüfung im Rahmen der Arbeiten eines BMF-Schreibens zum Betriebsausgabenabzugsverbot – in der KSt/GewSt-Sitzung III/02 unter TOP III/3 zunächst für eine enge, Substanzbezogene Auslegung ausgesprochen, nach der § 8b Abs. 3 KStG nur auf solche Aufwendungen Anwendung finden solle, die die Anschaffungskosten der Beteiligung berühren.

Das KSt-Referat regt an, klarstellend in § 8b Abs. 3 KStG eine Formulierung aufzunehmen, nach der unter das Abzugsverbot auch „Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen” fallen. Zu diskutieren ist, ob nur eigenkapitalersetzende Darlehen erfasst werden sollen oder ob die Beschränkung auch auf andere Gesellschafterdarlehen ausgedehnt werden sollte. Es wäre dann weder notwendig, eine Legaldefinition des „eigenkapitalersetzenden Darlehens” zu finden, noch wäre es erforderlich, in der Praxis zu überprüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Die unter das Abzugsverbot fallenden Darlehen könnten vom Umfang der Beteiligung des darlehensgewährenden Gesellschafters abhängig gemacht werden. Dies hatte den Vorteil, dass die Kriterien für die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG weniger gestaltungsanfällig und leichter nachprüfbar wären. Ähnlich wie bei § 8a KStG müssten Umgehungsgestaltungen durch besondere Regelungen (z. B. zu Rückgriffsfällen) verhindert werden.

3. Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufspaltung

a) Unentgeltliche Überlassung

Wird ein Wirtschaftsgut im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dem Betriebsunternehmen unentgeltlich zur Nutzung überlassen, so wird der wirtschaftliche Zusammenhang i. S. des § 3c Abs. 2 EStG durch die die Dividende vermittelnde Beteiligung an der GmbH hergestellt. Damit sind nicht nur die Aufwendungen zum Erwerb der Beteiligung, sondern auch alle Aufwendungen für das dem Betriebsunternehmen unentgeltlich zur Nutzung überlassene Wirtschaftgut (Abschreibungen, Finanzierungskosten, laufende Kosten) nur zur Hälfte abziehbar (Anschluss an die Auffassung von Nordrhein-Westfalen).

b) Vollentgeltliche Überlassung

Wird ein Wirtschaftsgut im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dem Betriebsunternehmen gegen ein angemessenes (fremdübliches) Entgelt zur Nutzung überlassen, unterliegen die Aufwendungen für dieses Wirtschaftgut regelmäßig nicht der Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG, weil im Fall der entgeltlichen Nutzungsüberlassung der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den im Rahmen der Betriebsaufspaltung steuerpflichtigen Miet-/Pachteinnahmen den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Beteiligungseinnahmen überlagert (Anschluss an die Auffassung von Nordrhein-Westfalen).

c) Teilentgeltliche Überlassung

Wird ein Wirtschaftsgut im Rahmen einer Betriebsaufspaltung dem Betriebsunternehmen aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zu einem unter dem marktüblichen Preis liegenden Entgelt (teilentgeltlich) zur Nutzung überlassen, so sind die obigen Grundsätze unter a) zur unentgeltlichen Überlassung entsprechend (anteilig) anzuwenden (Anschluss an die Auffassung von Nordrhein-Westfalen).

Bundesministerium der Finanzen v. - IV B 2 - S 2128 - 2/06

Fundstelle(n):
MAAAD-18534