Leitsatz
[1] Wird die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum verlängert und fällt der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so beginnt der verlängerte Teil der Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags (Bestätigung von , BGHZ 21, 43, 44; , NJW 2006, 700, 701; , NJW-RR 2008, 76, 77).
Gesetze: ZPO § 222 Abs. 2; ZPO § 224 Abs. 3; ZPO § 520 Abs. 2
Instanzenzug: LG Darmstadt, 21 S 90/08 vom AG Langen (Hessen), 58 C 531/07 70 vom
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die Beklagten durch Urteil vom als Gesamtschuldner verurteilt, 3.541,97 EUR nebst Zinsen sowie weitere 338,50 EUR an die Klägerin zu zahlen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am zugestellt worden. Die Beklagten haben rechtzeitig Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Mit einem am (Montag) per Telefax beim zuständigen Landgericht eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage haben sie beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern. Das Landgericht hat die Berufungsbegründungsfrist durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom "auf Antrag ... um einen Monat" verlängert. Die Berufungsbegründungsschrift ist am per Telefax beim Landgericht eingegangen. Durch Beschluss vom hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen und zugleich den nach vorherigem Hinweis vorsorglich gestellten Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten hätten die Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht eingehalten, die am abgelaufen sei. Zwar sei der Antrag der Beklagten auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wegen § 222 Abs. 2 ZPO noch rechtzeitig eingegangen. Darauf komme es jedoch nicht an, weil die Frist für die Berufungsbegründung mit der Zustellung des Urteils beginne und nicht von dem Zeitpunkt der Beantragung der Fristverlängerung zu berechnen sei. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil die angefochtene Entscheidung von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht und den Anspruch der Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt.
Die Beklagten haben ihre Berufung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtzeitig innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO begründet. Die durch die Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am in Gang gesetzte Berufungsbegründungsfrist ist auf Antrag der Beklagten vom durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom um einen Monat bis zum verlängert und durch den Eingang der Berufungsbegründungsschrift beim Berufungsgericht am gewahrt worden.
1.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Beklagten rechtzeitig auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist angetragen haben (§ 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO lief ursprünglich gemäß § 222 Abs. 2 ZPO am ab, weil der ein Sonntag war.
2.
Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der sodann um einen Monat verlängerte Teil der Frist habe gleichwohl bereits am begonnen und somit am geendet.
Der Bundesgerichtshof hat bereits 1956 entschieden, dass in den Fällen, in denen die Frist zur Begründung der Berufung um einen bestimmten Zeitraum verlängert wird und der letzte Tag der ursprünglichen Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag fällt, der verlängerte Teil der Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags beginnt (, BGHZ 21, 43, 44). An diesem Grundsatz hat er seither in ständiger Rechtsprechung festgehalten (, NJW 2006, 700, 701 - unter ausdrücklicher Ablehnung der entgegenstehenden Entscheidung des OLG Rostock, Beschluss vom - 3 U 151/03, NJW 2003, 3141, 3142; , NJW-RR 2008, 76, 77; vgl. auch zuletzt: , NJW-RR 2008, 1162, 1163). Die Literatur ist einhellig derselben Auffassung (MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 222 Rdn. 5; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 520 Rdn. 25; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 224 Rdn. 5; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 520 Rdn. 15; Musielak/Stadler, ZPO, 6. Aufl., § 224 Rdn. 5; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 224 Rdn. 11; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 224 Rdn. 10; Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rdn. 14).
Der Senat sieht keinen Anlass für eine Änderung dieser Rechtsprechung, die das Berufungsgericht erkennbar nicht wahrgenommen hat.
3.
Die um einen Monat verlängerte Berufungsbegründungsfrist endete nach diesen Grundsätzen mit Ablauf des . Auf die Beantwortung der von der Rechtsbeschwerde ergänzend aufgeworfenen Frage nach dem objektiven Inhalt der gerichtlichen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kommt es nicht an.
Weil die Beklagten ihre Berufung demnach rechtzeitig begründet haben, hätte das Berufungsgericht sie nicht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch Beschluss als unzulässig verwerfen dürfen. Der Beschluss war somit aufzuheben und die Sache war zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Der von den Beklagten im Berufungsverfahren hilfsweise wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf es nicht. Insoweit ist die Entscheidung des Berufungsgerichts gegenstandslos.
Fundstelle(n):
HFR 2009 S. 838 Nr. 8
NJW-RR 2010 S. 211 Nr. 3
GAAAD-18416
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja