BGH Beschluss v. - VIII ZB 76/08

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 234 Abs. 1; ZPO § 236 Abs. 2

Instanzenzug: LG Schweinfurt, 24 S 53/08 vom AG Bad Kissingen, 21 C 529/07 vom

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Räumung einer Mietwohnung in Anspruch. Das Urteil des Amtsgerichts ist dem Beklagten am zugestellt worden. Am hat er für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe beantragt und im Schriftsatz vom zu den Erfolgsaussichten des beabsichtigten Rechtsmittels vorgetragen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte innerhalb der Berufungsfrist kein Rechtsmittel eingelegt habe und das beabsichtigte Rechtsmittel deshalb ohne Aussicht auf Erfolg sei. Nach Erhalt dieses Beschlusses am hat der Beklagte am Berufung eingelegt, Wiedereinsetzung beantragt und das Rechtsmittel gleichzeitig begründet.

Mit Beschluss vom hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Wiedereinsetzungsantrag nicht dem Inhalt des § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO entspreche, weil der Beklagte es versäumt habe, die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen. Die Berufung sei unzulässig, weil sie erst mit Schriftsatz vom und mithin verspätet eingelegt worden sei.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Beklagte, der innerhalb laufender Berufungsfrist einen ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeantrag unter Beifügung vollständiger Unterlagen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestellt hatte, war aufgrund seiner Mittellosigkeit zunächst unverschuldet an der Einlegung und Begründung der Berufung gehindert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der bedürftigen Partei nach Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags noch eine Überlegungsfrist von drei bis vier Tagen ab Erhalt des den Antrag zurückweisenden Beschlusses - hier: - einzuräumen, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen will (BGHZ 4, 55, 57 f. , IVb ZB 110/89, NJW-RR 1990, 451); erst mit Ablauf dieser Überlegungsfrist entfällt das Hindernis und beginnt die Wiedereinsetzungsfrist.

Mit dem am eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist wegen Versäumung der Berufungsfrist (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sowie die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) gewahrt und gleichzeitig die versäumten Prozesshandlungen nachgeholt (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Einer formellen Angabe und Glaubhaftmachung der für die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags erforderlichen Tatsachen bedurfte es - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht, weil sich diese Tatsachen aus den Akten ergaben und offenkundig waren (vgl. , NJW 2006, 1205, Tz. 12); das Landgericht hätte deshalb auch von Amts wegen Wiedereinsetzung bewilligen müssen (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).

Fundstelle(n):
CAAAD-15406

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein