Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB VI § 3 Satz 1 Nr 4; GG Art 12 Abs 1; GG Art 2 Abs 1
Instanzenzug: LSG Hessen, L 8/14 KR 354/04 vom SG Frankfurt/M., S 25 KR 3792/02 vom
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1. wegen der Zahlung eines Übergangsgeldes ab in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist.
Der im Juni 1950 geborene Beigeladene zu 1. war bei der bundesweit an Flughäfen tätigen Klägerin als Fluglotse beschäftigt. Im für alle Beschäftigten der Klägerin geltenden Tarifvertrag über den Ausgleich des dauernden Verlustes der Tauglichkeit für die bei der Klägerin beschäftigten Fluglotsen (Loss of Licence-TV) vom war ua in § 3 Abs 3 geregelt, dass die Mitarbeiter bei dauerndem Verlust der Tauglichkeit nach Vollendung des 50. Lebensjahrs ein Übergangsgeld in entsprechender Anwendung des Tarifvertrages über die Übergangsversorgung für die bei der D. GmbH beschäftigten Fluglotsen (Ü-VersTV-Lotsen) vom erhalten.
Nachdem die zuständige fliegerärztliche Untersuchungsstelle im Februar 2002 die Untauglichkeit des Beigeladenen zu 1. für die Tätigkeit im Flugverkehrskontrolldienst festgestellt hatte, endete sein Arbeitsverhältnis am . Seit dem zahlte die Klägerin ihm ein Übergangsgeld auf der Grundlage der genannten tarifvertraglichen Bestimmungen. Einen ihm von der Klägerin vorgelegten Vertragsentwurf zur Übergangsversorgung, der ua sein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit Wirkung zum regelte, unterzeichnete er nicht.
Mit Bescheid vom stellte die beklagte Krankenkasse fest, dass die ab gewährte Übergangsversorgung keine Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI begründe, weil kein Vorruhestandsgeld im Sinne dieser Vorschrift gezahlt werde. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom zurück. Das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main hat mit Urteil vom den angefochtenen Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufgehoben, weil aufgrund des gezahlten Übergangsgeldes Rentenversicherungspflicht bestehe. Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1. hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, das ab gewährte Übergangsgeld sei kein Vorruhestandsgeld iS von § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI, weil eine Vereinbarung gefehlt habe, dass der Arbeitnehmer als Voraussetzung für die Zahlung endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheide.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI und der Art 12 Abs 1 und Art 2 Abs 1 GG. § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI und auch die Vorschriften des Vorruhestandsgesetzes würden für die Einordnung einer Zahlung als Vorruhestandsgeld nicht voraussetzen, dass der Arbeitnehmer ausdrücklich erkläre oder sich verpflichte, keinerlei Erwerbstätigkeit mehr auszuüben und endgültig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Die Tarifpartner der der Übergangsversorgung zugrunde liegenden Tarifverträge hätten die Erwartung gehabt, dass neben dem Bezug des Übergangsgeldes keinerlei Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werde. Den Grundsätzen der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung widerspreche es, die die Versicherungspflicht auslösenden Tatbestände mit der Erklärung des Betroffenen zu verknüpfen, er werde künftig nicht mehr erwerbstätig sein. Eine Verpflichtung, künftig keinerlei Erwerbstätigkeit mehr auszuüben, verstoße gegen die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom aufzuheben und die Berufung des Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom zurückzuweisen.
Die beklagte Krankenkasse und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der beigeladene Rentenversicherungsträger, Beigeladener zu 2., schließt sich der Rechtsauffassung der Klägerin an.
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zutreffend hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden entschieden, dass der Beigeladene zu 1. nicht wegen des Bezuges von Übergangsgeld ab in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist.
1. Für den Erlass des angefochtenen Bescheides vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom war die Beklagte zuständig. Sie hat gemäß § 174 Abs 2 Nr 2 SGB VI iVm § 174 Abs 1 SGB VI als die bei Vorliegen einer Beschäftigung für den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags und die Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht nach §§ 28i, 28h Abs 2 SGB IV zuständige Krankenkasse zu Recht auch über das Bestehen bzw Nichtbestehen der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI entschieden. Nach § 174 Abs 2 Nr 2 SGB VI iVm § 174 Abs 1 SGB VI gelten für die Beitragszahlung aus dem Vorruhestandsgeld die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der § 28d SGB IV bis § 28n SGB IV und § 28r SGB IV entsprechend. Der Bezug von Vorruhestandsgeld wird insofern den Entgeltzahlungen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt.
2. Zutreffend hat die Beklagte das Nichtbestehen von Versicherungspflicht gemäß § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI festgestellt. Nach dieser Vorschrift sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Vorruhestandsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren. Auch, nachdem Vorruhestandsvereinbarungen nicht mehr durch Zuschüsse nach dem Gesetz zur Förderung von Vorruhestandsleistungen (Vorruhestandsgesetz [VRG]), in Kraft gesetzt zum durch Art 1 des Gesetzes zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand vom (BGBl I 601), gefördert werden, kann Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI beim Bezug von Vorruhestandsleistungen im Sinne dieses Gesetzes weiter bestehen (dazu a.). Nicht jede Zahlung des Arbeitgebers im Anschluss an ein beendetes Arbeitsverhältnis begründet daher die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Zuordnung einer Leistung des Arbeitgebers als "Vorruhestandsgeld" setzt demgemäß ua voraus, dass nach der Vereinbarung der Vertragsparteien das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Grundlage für die Zahlung ist (dazu b.). Das dem Beigeladenen zu 1. ab gezahlte Übergangsgeld erfüllte diese Voraussetzung nicht (dazu c.).
a. Die Vorschrift des § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI idF des Rentenreformgesetzes 1992 vom (BGBl I 2261, BGBl I 1990 I 1337) ersetzte ab die Vorschriften der § 1227 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO), § 2 Abs 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und § 29 Abs 1 Satz 3, 4 des Reichsknappschaftgesetzes (RKG). Diese waren insofern ebenfalls mit dem Gesetz zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand vom zum in Kraft gesetzt worden. Das zum selben Zeitpunkt als Art 1 dieses Gesetzes in Kraft getretene VRG sollte zur Verbesserung der Beschäftigungslage die Verkürzung der Lebensarbeitszeit älterer Arbeitnehmer und die Einstellung Jüngerer fördern (vgl BT-Drucks 10/880 S 13). Dementsprechend setzten Zuschüsse an Arbeitgeber zu Vorruhestandszahlungen an ihre ehemaligen Arbeitnehmer ua voraus, dass die Arbeitnehmer das 58. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit beendet hatten (§ 1 Abs 1 VRG), das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Vereinbarung endete (§ 2 Abs 1 Nr 3 VRG), die Vorruhestandszahlungen aufgrund eines Tarifvertrages oder einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer mindestens 65 % des bisherigen Bruttoarbeitsentgelts erreichten und bis zum Beginn einer Altersrente gezahlt wurden (§ 2 Abs 1 Nr 1 VRG) und ein anderer Arbeitnehmer eingestellt wurde (§ 2 Abs 1 Nr 5 VRG). Der Zuschuss ruhte bzw entfiel bei einer mehr als geringfügigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit des ausgeschiedenen Arbeitnehmers, soweit es sich nicht um eine bereits ausgeübte Nebentätigkeit handelte (§ 6 VRG). Während das VRG bestimmte, unter welchen Voraussetzungen die Bundesanstalt für Arbeit Zuschüsse an Arbeitgeber zu Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen gewährte, regelten die § 1227 Abs 2 RVO, § 2 Abs 3 AVG und § 29 Abs 1 RKG die Voraussetzungen der Rentenversicherungspflicht der Leistungsbezieher während des Vorruhestandsgeldbezuges. Diese Vorschriften stellten die Bezieher von Vorruhestandsgeld - insofern anders als das geltende Recht - den gegen Entgelt Beschäftigten gleich, der Bezug der Leistung galt als rentenversicherungspflichtige Beschäftigung.
Die Regelungen des VRG waren nach § 14 dieses Gesetzes befristet und ab dem nur noch anzuwenden, wenn die Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Förderung erstmals vor diesem Zeitpunkt vorgelegen hatten. Für sonstige sozialrechtliche Vorschriften außerhalb des VRG, die auf Vorruhestandsleistungen Bezug nehmen, blieb jedoch trotz dieser Befristung der Anwendungsbereich erhalten (vgl zu § 118b Arbeitsförderungsgesetz [AFG] Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom , 7 RAr 46/92, BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1; vgl auch , SozR 3-2400 § 18a Nr 7, und , SozR 4-2600 § 34 Nr 1). Auch die zeitgleich mit dem VRG in Kraft getretenen, die Versicherungspflicht begründenden Normen verloren ihren zeitlichen und inhaltlichen Anwendungsbereich nicht, sondern führten den Versicherungsschutz unabhängig von einer Zuschussgewährung über den hinaus als selbstständigen Zweig des gesetzlichen Gesamtkonzepts zur Entlastung des Arbeitsmarktes fort. Dies gilt ebenso für diejenigen Regelungen, die bereits zum oder später an die Stelle derartiger Normen getreten sind. Wie in der gesetzlichen Krankenversicherung die bisher geltende Versicherungspflicht der Vorruhestandsgeldbezieher nach § 165 Abs 2 RVO, der die Bezieher von Vorruhestandsgeld den entgeltlich beschäftigten Arbeitnehmern und das Vorruhestandsgeld dem Arbeitsentgelt gleichstellte, ab in § 5 Abs 3 SGB V inhaltsgleich fortgeführt wurde, wurden die bisher die Rentenversicherungspflicht begründenden Vorschriften der RVO, des AVG und des RKG ab dem wirkungsgleich durch § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI ersetzt, ohne dass auch dieser Vorschrift lediglich der Charakter einer Übergangsregelung zukam. Dass seither der Bezug von Vorruhestandsgeld selbst und unmittelbar den Tatbestand der Rentenversicherungspflicht bildet, während diese Rechtsfolge bis zum durch eine fiktive Gleichstellung mit abhängig Beschäftigten mittelbar herbeigeführt worden war, ist insofern ohne Belang (vgl hierzu auch BT-Drucks 11/4124 S 149, wonach § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI § 1227 Abs 2 Satz 1 RVO, § 2 Abs 3 Satz 1 AVG und § 29 Abs 1 Satz 3 RKG "entspricht").
b. Notwendiges Element des Vorruhestandsgeldes iS von § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI ist unabhängig von der Bezeichnung einer Leistung, dass die Parteien das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben übereinstimmend als Grundlage für den Abschluss der zu ihrem Bezug führenden Vereinbarung vorausgesetzt haben. Mit dieser Verwendung des spezifischen Begriffs des Vorruhestandsgeldes knüpft das Gesetz auch im Rahmen der Regelungen über die Rentenversicherungspflicht an eine in der gesellschaftlichen Wirklichkeit existierende arbeitsrechtliche Bezeichnung an, wie sie auch bereits in § 1 Abs 1 VRG zum Ausdruck gekommen war (so bereits , BSGE 71, 265, 270 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1). Deshalb bedurfte es entgegen der Auffassung der Revision keiner ausdrücklichen Regelung dieser Voraussetzung in § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI. § 1 Abs 1, § 2 VRG iVm § 6 VRG setzten in Übereinstimmung mit dem eingeführten Begriffsinhalt auch für die Förderung durch Zuschussgewährung voraus, dass ein älterer Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis beendete, danach keine neue, mehr als geringfügige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit aufnahm, sondern aus dem Erwerbsleben endgültig ausschied und ein neuer Arbeitnehmer eingestellt wurde. Das Vorruhestandsgeld sollte der Überbrückung der Zeit der Erwerbslosigkeit bis zum Altersrentenbeginn dienen und die Einstellung jüngerer Arbeitsloser fördern. Diesem Zweck widersprach eine weitere Erwerbstätigkeit des bisherigen Arbeitnehmers. Dagegen kommt es für die (Renten-)Versicherungspflicht auf sonstige Voraussetzungen der Zuschussgewährung nicht an. Insofern traten vielmehr beide Rechtsfolgen von Anfang an unabhängig voneinander ein (vgl auch BT-Drucks 10/880 S 19). Dementsprechend hat bisher die Rechtsprechung für die Qualifizierung einer Leistung als "Vorruhestandsgeld" ua iS des § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI als notwendig, aber auch hinreichend angesehen, wenn sie durch den früheren Arbeitgeber im Anschluss an die Beendigung der bei ihm bestehenden Beschäftigung aufgrund eines Tarifvertrages oder einer individuellen Vereinbarung gezahlt wurde und der Sicherstellung des Lebensunterhaltes während des Zeitraums diente, in der der frühere Beschäftigte nach dem konkreten Inhalt der Parteivereinbarung bereits endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war (vgl dazu , BSGE 71, 265, 270 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1; vom , B 5 RJ 28/00 R, SozR 3-2400 § 18a Nr 7, und vom , B 8 KN 6/04 R, SozR 4-2600 § 34 Nr 1).
Entgegen der Auffassung der Revision kann für den Begriff des Vorruhestandsgeldes iS von § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI auf das Merkmal des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben nicht verzichtet werden. Nur das vereinbarte endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben nach Beendigung der Beschäftigung begründet das besondere, die Versicherungspflicht begründende Schutzbedürfnis, dem durch die Fiktion des Fortbestehens der Beschäftigung bzw nunmehr durch einen besonderen Versicherungspflichttatbestand Rechnung getragen wird (vgl , BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1). Dieses Schutzbedürfnis entfällt, wenn der Leistungsbezieher weiter dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
Soweit die Revision ausführt, das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Bezug von Vorruhestandsleistungen würde gerade bestätigen, dass das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht Voraussetzung für den Bezug einer solchen Leistung sei, hat bereits der 7. Senat in seiner Entscheidung vom (7 RAr 46/92, BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1) diese Schlussfolgerung als nicht zutreffend abgelehnt. Er hat insofern zu § 118b AFG ausgeführt, dass unabhängig davon, ob die Regelung nur klarstellende Funktion habe, weil Vorruheständler ohnehin nicht arbeitslos iS von § 101 AFG seien, durch diese Vorschrift die Zahlung von Arbeitslosengeld entsprechend dem Sinn und Zweck des VRG gerade allein bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen werden sollte. Das den überdauernde Ziel der Entlastung des Arbeitsmarktes, dem die Regelungen über die Pflichtversicherung als zweiter Strang des Gesamtkonzeptes dienen sollten, würde geradezu in sein Gegenteil verkehrt, wenn diejenigen, denen Vorruhestandsgeld in maßgeblicher Höhe wegen und bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit gezahlt werde, nunmehr bei Arbeitslosmeldung - ob vor dem oder später - Arbeitslosengeld erhalten könnten. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei daher in Fällen eröffnet, in denen der Arbeitnehmer einseitig der Abrede zuwider handele. Seit dem ordnet § 142 Abs 5 SGB III und seit dem § 142 Abs 4 SGB III das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs jetzt ausdrücklich beim Bezug von Vorruhestandsgeld oder einer vergleichbaren Leistung wegen "Ausscheidens aus dem Erwerbsleben" an.
Dass § 5 Abs 3 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung die Versicherungspflicht anordnet, indem er Vorruhestandsgeldbezieher mit den gegen Arbeitsentgelt Beschäftigten gleich stellt, spricht entgegen der Auffassung der Revision ebenfalls nicht dafür, für eine Vorruhestandsgeldzahlung ohne endgültiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben das Ende der Beschäftigung genügen zu lassen. Diese Gleichstellung, die die bis zum auch in der gesetzlichen Rentenversicherung angewandte Regelungstechnik fortführt, zeigt vielmehr im Gegenteil, dass die auf einer Vorruhestandsvereinbarung beruhenden Zahlungen des Arbeitgebers an den endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer nach der Wertung des Gesetzes originär keine entgeltliche Beschäftigung begründen. Der Tatbestandserweiterung auf fiktiver Grundlage bedarf es hier allein dazu, dennoch Versicherungspflicht eintreten zu lassen.
Ebenfalls entgegen der Auffassung der Revision widerspricht es schließlich auch nicht den im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsätzen, privatrechtliche Vereinbarungen zur Grundlage von Rechtsfolgen des öffentlichen Rechts zu machen. So beurteilt sich der Eintritt von Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung ebenfalls in erster Linie nach dem von den Arbeitsvertragsparteien Vereinbarten (vgl Urteil des Senats vom , B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7). Ein später abweichender Wille eines Vertragspartners allein kann eine rechtlich wirksame Vereinbarung nicht abändern. Dies gilt auch für die Vereinbarung des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben als Voraussetzung für die Zahlung eines Vorruhestandsgeldes (vgl , BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1).
c. Das dem Beigeladenen zu 1. ab gezahlte Übergangsgeld war kein Vorruhestandsgeld iS von § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI, weil es von Anfang an an einer Vereinbarung über das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben fehlte. Zwar endete die Beschäftigung nach den nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen Feststellungen des LSG mit Ablauf des , nach den hier als rechtliche Grundlage für die Zahlungen in Betracht kommenden tarifvertraglichen Bestimmungen fehlte jedoch die erforderliche Regelung, dass der Beschäftigte als Voraussetzung für die Übergangsgeldzahlungen endgültig aus dem Erwerbsleben ausschied (dazu aa.). Eine diesbezügliche einzelvertragliche Abrede kam nicht wirksam zustande (dazu bb.).
aa. Zutreffend hat das LSG den Vorschriften der hier anzuwendenden Tarifverträge entnommen, dass ein endgültiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht zur Voraussetzung für die Zahlung eines Übergangsgeldes gemacht worden war. Die Auslegung der Tarifverträge durch das LSG kann der Senat wegen deren bundesweiter Geltung überprüfen (vgl , BSGE 6, 41, 43 f). Die Bestimmungen des unmittelbar oder iVm dem Loss of Licence-TV geltenden Ü-VersTV-Lotsen enthielten weder ausdrücklich noch konkludent Regelungen über das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben. Es kann deshalb offen bleiben, ob rechtliche Grundlage des dem Beigeladenen zu 1. gezahlten Übergangsgeldes wegen der im Februar 2002 festgestellten Untauglichkeit im Flugverkehrskontrolldienst § 3 Abs 3 des Loss of Licence-TV iVm den Regelungen des Ü-VersTV-Lotsen oder aber wegen der Vollendung des 52. Lebensjahres im Juni 2002 unmittelbar § 2 Ü-VersTV-Lotsen war.
Das LSG ist entsprechend der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Auslegungspraxis (vgl B 7a AL 44/05 R, BSGE 96, 64 = SozR 4-4300 § 143a Nr 1, jeweils RdNr 15) vom Wortlaut der Tarifbestimmungen ausgegangen und hat deren maßgeblichen Sinn erforscht. Es hat dabei über den reinen Wortlaut hinaus auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abgestellt, um den aus den tariflichen Normen erkennbaren Willen der Tarifparteien zu ermitteln. Zutreffend hat es zugrunde gelegt, dass eine ausdrückliche Vereinbarung zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben fehlte. Insbesondere aus der tarifvertraglichen Verpflichtung des Arbeitnehmers in § 4 Ü-VersTV-Lotsen, sich nicht arbeitslos zu melden, ist nicht ohne weitere Anhaltspunkte auf den vereinbarten Ausschluss einer weiteren Erwerbstätigkeit zu schließen. Diese Regelung kann vielmehr, wie das LSG ausgeführt hat, dazu dienen, einer möglichen Pflicht des Arbeitgebers zur Erstattung von Arbeitslosengeld (vgl § 128 AFG, nunmehr § 147a SGB III) entgegenzuwirken. Diese Verpflichtung kann aber gerade nur dann entstehen, wenn Arbeitslosengeld zu zahlen ist, weil es sich bei den Zahlungen mangels Vereinbarung über das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht um ein Vorruhestandsgeld handelt. Wäre dies der Fall, wäre nämlich bereits nach § 118b AFG bzw nach § 142 Abs 5 oder Abs 4 SGB III ein durchsetzbarer Anspruch auf Arbeitslosengeld neben dem Bezug von Vorruhestandsgeld ausgeschlossen gewesen, so dass es der Regelung in § 4 Ü-VersTV-Lotsen nicht bedurft hätte.
Es existieren auch keine Vorschriften über die Anrechnung von erzieltem Einkommen oder über die Rechtsfolgen bei Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, aus denen auf den Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen werden könnte, dass das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zur Grundlage der vereinbarten Zahlungen gemacht werden sollte. Die vereinbarte Höhe, nach der das Übergangsgeld mindestens 65 % vom Bruttoarbeitsentgelt iS von § 3 Abs 2 VRG beträgt (§ 5 Abs 3 Ü-VersTV-Lotsen), und die möglicherweise beabsichtigte Krankenversicherungspflicht (vgl Anmerkung zu dieser Regelung im Tarifvertrag) weisen auf einen Rechtsirrtum hinsichtlich der sozialrechtlichen Folgen der vereinbarten Leistung hin, können die Einigung über das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben jedoch nicht ersetzen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Regelung in § 6 Ü-VersTV-Lotsen. Nach dieser Vorschrift unterliegt das Übergangsgeld der Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie der Besteuerung, die Klägerin hat die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einzubehalten und zusammen mit dem Arbeitgeberanteil an die zuständige Beitragseinzugsstelle abzuführen. Diese Bestimmungen lassen ebenfalls nur darauf schließen, dass die Tarifvertragsparteien irrtümlich von diesen Rechtsfolgen der Tarifvereinbarung ausgingen. Das LSG hat zu Recht ergänzend die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages herangezogen (vgl B 7a AL 44/05 R, BSGE 96, 64 = SozR 4-4300 § 143a Nr 1, jeweils RdNr 15). Zutreffend hat es auf die Umstände beim Abschluss des Tarifvertrages abgestellt. Diese deuten nicht darauf hin, dass die Tarifvertragsparteien übereinstimmend das Ausscheiden aus jeder Erwerbstätigkeit zur Grundlage für die Übergangsgeldzahlungen hätten machen wollen. Zwar war möglicherweise vom Arbeitgeber eine entsprechende tarifvertragliche Regelung in § 4 Ü-VersTV-Lotsen beabsichtigt, diese scheiterte jedoch an dem fehlenden Einverständnis der Arbeitnehmervertreter.
bb. Das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben als Voraussetzung für die Zahlung der Übergangsversorgung wurde auch nicht einzelvertraglich vereinbart. Den ihm von der Klägerin vorgelegten Entwurf eines Vertrages zur Übergangsversorgung unterzeichnete der Beigeladene zu 1. nicht, weil er mit dort enthaltenen Regelungen zum Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht einverstanden war. Es kann deshalb offen bleiben, ob eine solche Vereinbarung den Charakter des Übergangsgeldes als Vorruhestandsgeld hätte begründen können.
3. Soweit die Revision schließlich geltend macht, in dieser Auslegung verstoße die Vorschrift des § 3 Satz 1 Nr 4 SGB VI gegen die Berufsfreiheit des Art 12 Abs 1 GG sowie gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Art 2 Abs 1 GG, ist für den Senat ein möglicher Verfassungsverstoß nicht ersichtlich. Es kann deshalb offen bleiben, inwieweit überhaupt die fehlende Rentenversicherungspflicht des Arbeitnehmers bei einvernehmlicher Beendigung der Beschäftigung ohne Vereinbarung des endgültigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben zu einem Eingriff in seine Grundrechte oder der der Arbeitgeberin führen kann und ob die Arbeitgeberin sich hierauf berufen kann. Soweit die Revision zur Begründung ausführt, der Zweck des Vorruhestandgeldes verlange nicht die Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit, verkennt sie bereits, dass nach der Konzeption des VRG gerade die Beschäftigungen von älteren Arbeitnehmern freiwillig aufgegeben werden sollten, um durch die Verkürzung der Lebensarbeitszeit freie Arbeitsplätze für jüngere Beschäftigte zu schaffen. Dies setzte das endgültige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben voraus.
Die Kostenentscheidung folgt für das Revisionsverfahren aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 2, § 161 Abs 1, § 162 Abs 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Für die Frage, ob iS von § 197a SGG weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören und deshalb Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) zu erheben sowie die Vorschriften der VwGO entsprechend anzuwenden sind, ist auf den jeweiligen Rechtszug abzustellen. Im Revisionsverfahren sind wie auch bereits im Klageverfahren die Voraussetzungen des § 197a SGG erfüllt, während das LSG zutreffend davon ausgegangen ist, dass im Berufungsverfahren der Beigeladene zu 1. als Berufungskläger zum Kreis der Versicherten iS von § 183 SGG gehörte, so dass die Kostenentscheidung für diese Instanz aus § 193 SGG folgte.
Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren war aufzuheben und der Streitwert für das Klage- und Revisionsverfahren in Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das SG und der vorläufigen Streitwertfestsetzung durch den Senat nach § 63 Abs 3 GKG in Höhe von 5.000 Euro festzusetzen. Da für das Berufungsverfahren § 193 SGG anzuwenden war, bedurfte es einer Streitwertfestsetzung für diese Instanz nicht. Für das Verfahren vor dem SG und dem BSG war dagegen gemäß § 197a Abs 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 2 GKG der Auffangstreitwert zugrunde zu legen. Wird über die Versicherungspflicht, nicht aber über eine Beitragsforderung in bestimmter Höhe gestritten, kann regelmäßig lediglich der Auffangstreitwert zugrunde gelegt werden. Für eine Bestimmung des Streitwertes in hiervon abweichender Höhe nach der wirtschaftlichen Bedeutung fehlen in der Regel hinreichende Anhaltspunkte. Auch hier liegen entgegen der Auffassung des SG keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwertes in abweichender Höhe nach der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin vor. Die vom SG zugrunde gelegte längere Verpflichtung der Klägerin, Übergangsgeld zu zahlen, weil wegen der fehlenden Versicherungspflicht erst später eine Altersrente beginnen könne, kann für die Festsetzung der Streitwerthöhe schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil es sich lediglich um eine mittelbare Folge handelt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DStR 2009 S. 493 Nr. 10
JAAAD-14021