Zulassung der Revision wegen "greifbarer Gesetzwidrigkeit"
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung —FGO—) ist im Streitfall nicht geboten. Zwar ist die Revision nach der genannten Vorschrift auch zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des Finanzgerichts (FG) zu einer „greifbar gesetzwidrigen” Entscheidung geführt hat. Voraussetzung hierfür ist, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2008, 113, m.w.N.). Diese Voraussetzung kann etwa dann vorliegen, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (vgl. , BFH/NV 2003, 1597) oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. , BFH/NV 2006, 1116). Unterhalb dieser Schwelle liegende Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (vgl. , BFH/NV 2005, 2031).
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat nicht substantiiert dargelegt, dass ein qualifizierter, zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO führender Rechtsanwendungsfehler vorliege. Das FG hat im angefochtenen Urteil die Voraussetzungen der zur Ablaufhemmung der Feststellungsfrist führenden Regelung in § 171 Abs. 8 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) als erfüllt angesehen, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nach den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls frühestens nach Kenntnis von dem tatsächlichen Verkauf der Immobilienfondsanteile auch Gewissheit hinsichtlich der (fehlenden) Gewinnerzielungsabsicht des Klägers erlangt habe. Demgegenüber hat das FG den im Streitfall fünf Jahre betragenden Zeitraum zwischen dem Erwerb und dem Verkaufsauftrag als Indiz für eine schon beim Erwerb bestehende Absicht des Klägers angesehen, die Immobilienfondsanteile kurzfristig wieder zu veräußern. Die hiergegen von dem Kläger vorgetragenen Umstände hat es dahin gewertet, dass durch sie ein erst nach dem Erwerb gefasster Entschluss zur Veräußerung nicht dargelegt werde. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt in dieser tatrichterlichen Wertung weder ein „Widerspruch” in der Begründung, noch eine „unsaubere Argumentation”, die als Rechtsanwendungsfehler zur Zulassung der Revision führen können.
Nach § 171 Abs. 8 Satz 1 AO endet die Festsetzungsfrist, wenn die Steuer vorläufig festgesetzt worden ist, nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat. Die erforderliche positive Kenntnis bezieht sich auf Tatsachen (, BFH/NV 2006, 1477, m.w.N.). Das FG hat insoweit zutreffend ausgeführt, die Ungewissheit der Gewinnerzielungsabsicht sei erst in dem Zeitpunkt beseitigt gewesen, als das FA von dem tatsächlichen Verkauf der Immobilienfondsanteile positive Kenntnis erlangt habe.
Zu Recht hat es das FG andererseits als Beweisanzeichen für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht angesehen, dass der Kläger in der Zeit seiner nicht auf Dauer angelegten Beteiligung an den verschiedenen geschlossenen Immobilienfonds kein positives Gesamtergebnis erreichen konnte. Ob im Einzelfall Indizien gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung, die dem FG obliegt (, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580, m.w.N.). Das FG hat alle feststehenden Indizien in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO); diese ist nach § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindend, wenn sie —wie im Streitfall— verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt. So ist es insbesondere nicht zu beanstanden, wenn das FG bereits den Auftrag des Klägers, seine Fondsbeteiligung zu veräußern, als Indiz gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht gewertet hat. Gleiches gilt für die verschiedenen schriftsätzlichen Äußerungen des Klägers, mit denen er bereits geraume Zeit vor Erteilung des konkreten Verkaufsauftrages seinen Willen kundgetan hat, die Fondsbeteiligungen zu veräußern; auch insoweit ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn das FG dies als Beweisanzeichen gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit und für eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht (hinsichtlich der später tatsächlich veräußerten Fondsbeteiligungen) gewertet hat.
Es kann offen bleiben, ob die Beschwerdebegründung im Übrigen den in § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO normierten Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO genügt; die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen —wie das FA im Rahmen der Beschwerdeerwiderung zutreffend dargestellt hat— jedenfalls nicht vor.
Fundstelle(n):
MAAAD-08075