Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 105 Abs. 1
Instanzenzug: OLG Celle, 4 U 8/08 vom LG Hildesheim, 3 O 61/07 vom
Gründe
Die Beklagten sind die Erben der am verstorbenen S. R. (im Folgenden: Verkäuferin). Diese verkaufte mit notariellem Vertrag vom ihr mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück zu einem Preis von 150.000 EUR an die Kläger. Bei einem Auszug der Verkäuferin vor der vereinbarten Kaufpreisfälligkeit sollten Besitz und Nutzungen des Grundstücks schon nach Zahlung eines Kaufpreisteilbetrags von 20.000 EUR auf die Käufer übergehen.
Die Parteien streiten darüber, ob die bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages 85 Jahre alte Verkäuferin, bei der von Gutachtern in einem von dem Amtsgericht Gifhorn geführten Betreuungsverfahren bereits vorher Demenz attestiert worden war, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (noch) geschäftsfähig war. Die Beklagten machen geltend, dass die Verkäuferin geschäftsunfähig gewesen sei.
Die Kläger haben die Feststellung der Wirksamkeit des notariellen Kaufvertrages vom sowie die Übergabe des Grundstücks Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrags von 20.000 EUR sowie außergerichtlicher Anwaltskosten von 1.520,92 EUR verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde der Beklagten, deren Zurückweisung die Kläger beantragen.
Das angefochtene Berufungsurteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1.
Die tatrichterliche Beweiswürdigung verletzt dann das Recht einer Partei auf rechtliches Gehör, wenn das Gericht dabei deren Vortrag und die aus der Akte ersichtlichen Erkenntnismöglichkeiten nicht in Erwägung zieht (, VersR 2007, 833). Das gilt erst recht, wenn der Tatrichter zur Begründung seiner Beweiswürdigung sich über den von einer Partei vorgetragenen Sachverhalt, den diese anhand einer beigezogenen Akte belegt hat, hinwegsetzt und mit dem Akteninhalt unvereinbare Feststellungen getroffen hat. So ist es hier.
a)
Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht das Ergebnis des in der beigezogenen Akte über das Betreuungsverfahren enthaltene Gutachten Dr. B. vom , welches dieser auf Grund eines Besuches der Verkäuferin am erstellt hatte, sinnentstellend wiedergegeben hat.
Das Gutachten enthält eine deutliche Stellungnahme des Gutachters zur Schwere der Erkrankung der Verkäuferin. Es wird darin ausgeführt, dass die Verkäuferin jeden Überblick über ihre finanzielle Situation verloren habe, ihre Einkünfte nicht kenne, keine Auskünfte über ihre Vermögensverhältnisse geben könne und zudem nicht realisiert habe, dass der Verkauf ihres Hauses nicht mehr bloße Planung sei. Das Gutachten schließt mit der Feststellung, dass die Verkäuferin auf Grund ihrer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, Aufgaben der Gesundheitssorge und der Vermögenssorge, Post-, Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten selbstständig und angemessen zu erledigen. Hinsichtlich der Gesundheitssorge sei ein Aufenthaltsbestimmungsrecht und hinsichtlich der Vermögenssorge wegen der vorliegenden Gefährdungsgründe die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erforderlich (BA 161).
Diese Ausführungen im Gutachten sind mit der Feststellung im angefochtenen Urteil schlechthin unvereinbar, dass der Gutachter die Schwere der Demenzerkrankung nicht aktenkundig gemacht habe. Das Berufungsgericht hat sich damit (auch) über das Vorbringen der Beklagten hinweggesetzt. Die Nichtzulassungsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagten zu dem Gutachten umfassend unter Bezugnahme auf die beigezogene Akte des Betreuungsverfahrens vorgetragen haben.
b)
Eine weitere Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör liegt darin, dass das Berufungsgericht angenommen hat, dass dritte Personen - wie die Grundstücksmaklerin - von der von den Beklagten behaupteten Geschäftsunfähigkeit der Verkäuferin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstücksgeschäfts nichts bemerkt hätten.
Die Nichtzulassungsbeschwerde verweist zutreffend auf den gegenteiligen Vortag der Beklagten, dass der Maklerin die Geschäftsunfähigkeit der Verkäuferin bekannt gewesen sei, wozu sie sich auf das Protokoll über die Anhörung der Verkäuferin in deren Wohnung durch die Vormundschaftsrichterin am bezogen haben. In diesem ist vermerkt, dass die Maklerin anlässlich eines am Anhörungstermin zufällig mit der Verkäuferin geführten Telefonates dieser geraten habe, nichts zu unterschreiben, und diese Empfehlung gegenüber der Vormundschaftsrichterin damit begründet habe, dass die Verkäuferin in komplexeren Dingen häufig nicht wisse, was sie denn unterschreibe.
c)
Die Verletzungen des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG betreffen einen entscheidungserheblichen Punkt. Die Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Grundstückskaufvertrages wäre wegen Nichtigkeit der vertraglichen Erklärungen der Verkäuferin (§ 105 Abs. 1 BGB) unbegründet, wenn diese wegen eines fortgeschritten Demenzprozesses in dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses geschäftsunfähig gewesen wäre. Der übergangene Vortrag der Beklagten bezieht sich auf die Feststellungen, die das Berufungsgericht seiner Beweiswürdigung zugrunde gelegt hat.
2.
Der Senat hat von der auch in dem Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO bestehenden Möglichkeit, die Sache gem. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen (vgl. Senat , Beschl. v. , V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221), Gebrauch gemacht.
Fundstelle(n):
IAAAD-05522
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein