Vorsteuerberichtigung bei Beendigung der Organschaft
Gesetze: UStG § 15a, UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war Organträgerin einer GmbH, die am . Oktober 2001 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat. Am selben Tage kündigte die Klägerin den Mietvertrag über die Vermietung des Betriebsgrundstücks an die Organgesellschaft.
Nachdem das Amtsgericht am . Januar 2002 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und einen Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter bestellt hatte, schloss dieser im August 2002 mit den Gesellschaftern der Klägerin einen Vergleich, wonach sich die Gesellschafter verpflichteten, zur Abgeltung ihrer nicht eingezahlten Stammeinlage unter Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten Mietzinsforderungen einen Restbetrag zu entrichten. Nach einem handschriftlichen Zusatz sollte das Mietverhältnis „mit Erfüllung dieses Vertrages” aufgelöst werden.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung setzte der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt —FA—) bei der Klägerin als ehemaliger Organträgerin Forderungs- und Vorsteuerberichtungen nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes 1999 zur Korrektur des von der Klägerin vormals geltend gemachten Vorsteuerabzuges fest.
Hiergegen machte die Klägerin beim Finanzgericht (FG) geltend, der Vorsteuerberichtigungsanspruch richte sich nicht an sie als ehemalige Organträgerin, sondern an die Organgesellschaft, weil die Organschaft bereits vor Entstehung des Vorsteuerberichtigungsanspruchs (mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am . Januar 2002) durch die Kündigung des Mietverhältnisses über das Betriebsgrundstück (am . Oktober 2001) erloschen sei.
Das FG wies die Klage ab. Die Organschaft sei nicht vor Entstehung des Vorsteuerberichtigungsanspruchs am . Januar 2002 beendet worden. Denn die wirtschaftliche Verflechtung sei nicht durch die Kündigung des Mietvertrages am . Oktober 2001 beendet worden, weil nach § 112 der Insolvenzordnung (InsO) eine Kündigungssperre bestehe. Zudem sei das Mietverhältnis auch tatsächlich erst später beendet worden, weil die Klägerin die Geschäftsräume auch nach der Kündigung weiter der GmbH überlassen und gegenüber dem Insolvenzverwalter eine Nutzungsentschädigung eingefordert habe. Das FA habe somit zu Recht die Vorsteuerberichtigung für den Zeitraum 2002 bei der Klägerin geltend gemacht, weil die Beteiligten übereinstimmend von der Uneinbringlichkeit der Forderungen im Januar 2002 ausgegangen seien.
II. Die auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sowie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Der behauptete Verfahrensfehler ist nicht schlüssig dargelegt. Denn eine etwaige unrichtige Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung des Mietvertrages durch das FG würde allenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler, aber keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO darstellen.
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob die Kündigung eines Mietvertrages zwischen Organ und Organträger nach Stellen eines Insolvenzantrages an der Kündigungssperre des § 112 InsO scheitert, besteht nicht, weil die Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss bei einer Doppelbegründung des FG hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund dargelegt werden (, BFH/NV 2007, 724, m.w.N.). Dies ist nicht der Fall.
Das FG hat sein Urteil nicht nur auf die Unwirksamkeit der Kündigung gestützt, sondern auch darauf, dass die Geschäftsräume der GmbH tatsächlich weiter überlassen worden seien und die Klägerin keine Aktivitäten entfaltet habe, die Nutzung durch die GmbH zu beenden. Hinsichtlich dieser Begründung fehlt es an der Darlegung eines Zulassungsgrundes. Dass nach Ansicht der Klägerin die Begründung des FG unzutreffend ist, reicht für die Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht aus.
Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Kündigungssperre des § 112 InsO, die auf dem Grundgedanken beruht, dass die wirtschaftliche Einheit im Besitz des Schuldners nicht zur Unzeit auseinandergerissen werden darf und auch gemietete Grundstücke dem Verwalter nicht entzogen werden können, damit der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit der Sanierung des Unternehmens prüfen kann (Gesetzesbegründung zur Insolvenzordnung, BTDrucks 12/2443, S. 148), im Streitfall nicht einschlägig sein soll.
3. Die Revision ist auch nicht im Interesse der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) wegen Divergenz zuzulassen, denn das FG ist nicht von der Rechtsprechung des (BStBl II 2007, 848) abgewichen. In dieser Entscheidung ist der BFH von dem Rechtssatz ausgegangen, dass eine Vorsteuerberichtigung nicht gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem früheren Organ durchzuführen ist, wenn das Entgelt für eine während des Bestehens einer Organschaft bezogene Leistung erst nach Beendigung der Organschaft uneinbringlich geworden ist. Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in der die Organschaft durch Übertragung einer Beteiligung mehrere Jahre vor der Insolvenz der (früheren) Organgesellschaft beendet worden war. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn —wie im Streitfall— die Uneinbringlichkeit vor der Organschaftsbeendigung eingetreten ist oder durch die Insolvenzeröffnung sowohl die Organschaftsbeendigung als auch die Uneinbringlichkeit gleichzeitig erfolgen. Hier richtet sich nach ständiger Rechtsprechung der Vorsteuerberichtigungsanspruch gegen den Organträger (, BFH/NV 1992, 140, zu II. 4.; BFH-Beschlüsse vom vom V B 230/91, BFH/NV 1994, 277; vom V B 34/98, BFH/NV 1999, 226; vom V B 110/01, BFH/NV 2002, 1267). Eine Divergenz zur Rechtsprechung des BFH liegt somit nicht vor.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 432 Nr. 3
WAAAD-03663