Neuer, den beantragten Erlass von Steuer- und Haftungsschulden
erneut ablehnender Bescheid während des finanzgerichtlichen Verfahrens
trotz § 102 Satz 2 FGO Verfahrensgegenstand des Klageverfahrens
sachliche Unbilligkeit wegen unrichtiger gerichtlicher bzw.
behördlicher Hinweise
kein Erlass wegen persönlicher
Unbilligkeit ohne vorherigen Versuch der Veräußerung von nicht
eigengenutzten Immobilien: umfangreiche Forderungsverzichte anderer
Gläubiger begründen für sich genommen noch keine
Erlassbedürftigkeit
Leitsatz
1. Wird eine Ermessenentscheidung wie
der den beantragten Erlass von Haftungs- und Steuerschulden ablehnende Bescheid
in Gestalt der Einspruchsentscheidung während des Klageverfahrens
zurückgenommen und durch einen neuen Bescheid ersetzt, weil eine
Auseinandersetzung mit einem bestimmten Vorbringen des Klägers bislang
fehlte, so schließt es § 102 Satz 2 FGO nicht aus, dass der
„neue” Bescheid nach § 68 FGO Gegenstand des
Verpflichtungsklageverfahrens wird (gegen , EFG 2008 S. 1051). Das gilt selbst dann, wenn
die neuerliche Ermessensausübung unter Berücksichtigung von zuvor
nicht einbezogenen Gesichtspunkten nicht zu dem vom Kläger
gewünschten Ergebnis führt und das Finanzamt den Erlassantrag nach
wie vor nicht für begründet hält.
2. Ein Steuererlass infolge
sachlicher Unbilligkeit kommt in Betracht, wenn das Finanzamt oder das
Finanzgericht den Steuerpflichtigen durch offensichtlich und eindeutig
unrichtige Hinweise von der Weiterverfolgung gegebener Rechtsbehelfe abgehalten
haben.
3. Eine Steuererlass aus
persönlichen Billigkeitsgründen kommt nicht in Betracht, wenn die
Kläger bislang nicht einmal im Ansatz eine Verwertung ihres nicht zu
eigenen Wohnzwecken genutzten umfangreichen Immobilienbesitzes zur Tilgung der
Steuerschulden unternommen haben. In diesem Zusammenhang können sich die
Kläger nicht auf die BFH-Rechtsprechung (, BFH/NV 1991 S. 430) berufen, wonach alten, nicht mehr
erwerbsfähigen Steuerpflichtigen wenigstens soviel von ihrem Vermögen
belassen werden muss, dass sie damit für den Rest ihres Lebens eine
bescheidene Lebensführung bestreiten können, wenn die Kläger
erst in einigen Jahren das Rentenalter erreichen und zudem neben
Rentenansprüchen von ca. 700 Euro monatlich auch über eigengenutztes
Immobilienvermögen verfügen.
4. Umfangreiche Forderungsverzichte
anderer Gläubiger für sich genommen begründen keine
Erlassbedürftigkeit. Das Verzichtsverhalten anderer Gläubiger ist nur
insoweit von Bedeutung, als für den Fall des Vorliegens eine
Existenzgefährdung der Steuererlass dem Steuerpflichtigen und nicht
anderen Gläubigern zu Gute kommen muss. Liegt indessen schon keine
drohende Existenzvernichtung vor, ist das Verzichtsverhalten anderer
Gläubiger für den Steuererlass ohne Bedeutung. Von daher kann
dahinstehen, ob die von den Klägern vorgelegten Vergleichsangebote
vollzogen wurden bzw. werden
Fundstelle(n): UAAAD-03522
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Sächsisches FG, Urteil v. 09.01.2009 - 8 K 1470/07
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