Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 177 Abs. 1
Instanzenzug: LG Köln, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fünf Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes jeweils in Tateinheit mit Vergewaltigung sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1.
Nach den Feststellungen des Landgerichts nahm der Angeklagte an der am geborenen Geschädigten C. in sechs Fällen verschiedene sexuelle Handlungen vor, während sich diese allein mit dem Angeklagten in dessen Wohnung befand. Im Fall II. 12. Buchst. d der Urteilsgründe (Fall 5 der Anklage) legte der Angeklagte eine Decke über den Kopf des Mädchens und drückte sodann deren Kopf herunter, wodurch er sie zum Oralverkehr veranlasste. Nach Vornahme anderer sexueller Handlungen öffnete der Angeklagte im Fall II. 14. Buchst. a der Urteilsgründe (Fall 2 der Anklage) der Geschädigten durch einen Griff an Kinn und Nase den Mund, drückte wiederum ihren Kopf auf seinen Penis und ließ das Kind bei ihm den Oralverkehr ausführen.
2.
Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht eine - tateinheitlich zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes jeweils hinzutretende - Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB bejaht. Der objektive Tatbestand dieser Alternative setzt voraus, dass das Tatopfer unter dem Eindruck seines schutzlosen Ausgeliefertseins aus Furcht vor möglichen Einwirkungen des Täters auf einen ihm grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet. Der subjektive Tatbestand setzt zumindest bedingten Vorsatz dahingehend voraus, dass das Tatopfer in die sexuellen Handlungen nicht einwilligt und dass es gerade im Hinblick auf seine Schutzlosigkeit auf möglichen Widerstand verzichtet (BGHSt 50, 359). Der hierzu erforderliche Zwangszusammenhang ergibt sich nicht schon allein daraus, dass das betroffene Kind dem erwachsenen Täter körperlich unterlegen ist oder dass eine Missbrauchstat, wie in den weitaus meisten Fällen der §§ 176, 176 a StGB, in einer Tatsituation begangen wird, in welcher das Opfer objektiv schutzlos ist. Feststellungen dazu, dass der Angeklagte eine konkretisierte Furcht der Geschädigten vor körperlicher Gewalteinwirkung nötigend ausgenutzt hatte, hat das Landgericht nicht getroffen (vgl. hierzu auch BGH aaO S. 368). Der Senat schließt aus, dass solche Feststellungen noch getroffen werden können.
Dies nötigt indessen nur in den im Beschlusstenor bezeichneten Einzelfällen zur Änderung des Schuldspruchs. In den in Ziffer 1 genannten Fällen II.
12. Buchst. d (Fall 5 der Anklage) und II. 14. Buchst. a der Urteilsgründe (Fall 2 der Anklage) hat der Angeklagte die Voraussetzungen der Tatbestandsalternative nach § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Denn er veranlasste die Geschädigte in diesen Fällen mit Gewalt zum Oralverkehr. Hierfür genügen alle eine gewisse - nicht notwendig erhebliche - körperliche Kraftanwendung darstellenden Handlungen, die von einer Person, gegen die sie gerichtet sind, als ein nicht nur seelischer, sondern auch körperlicher Zwang empfunden werden. Dabei genügt es, dass ein psychisch determinierter Prozess "nur mit geringem körperlichen Kraftaufwand" in Lauf gesetzt wird (BGH NStZ 1985, 71). Die weiterhin erforderliche zweckbedingte Verknüpfung zwischen dem Nötigungsmittel und dem Taterfolg dergestalt, dass die Gewaltanwendung nach dem Willen des Täters der Vornahme der sexuellen Handlung tatsächlich dient (BGH NStZ 1999, 506), liegt nach den Feststellungen ebenfalls vor.
3.
In den Fällen II. 12. Buchst. b (Fall 3 der Anklage) und c (Fall 4 der Anklage) sowie II. 14. Buchst. b der Urteilsgründe (Fall 1 der Anklage) ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend ab. In diesen Fällen sind die Einzelstrafen, die der Tatrichter jeweils dem Strafrahmen des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB entnommen hat, und die Gesamtstrafe aufzuheben. Dies bedingt hier auch die Aufhebung der Anordnung der Sicherungsverwahrung, über die der Tatrichter neu zu befinden haben wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAD-03119
1Nachschlagewerk: nein