BSG Urteil v. - B 3 P 2/07 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB XI § 79 Abs 2; SGB XI § 74 Abs 2; SGB XI § 72 Abs 3; SGB XI § 74 Abs 1; SGB XI § 72 Abs 3 Satz 1 Ziffer 2

Instanzenzug: LSG Rheinland-Pfalz, L 5 P 22/05 vom SG Mainz, S 4 P 10/03 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Kündigung des Versorgungsvertrages für eine Seniorenpflegeeinrichtung.

Die Klägerin betreibt seit 1993 eine Seniorenpflegeeinrichtung in F. , die zur vollstationären Pflege von Versicherten aller Pflegekassen zugelassen ist. Der Versorgungsauftrag ist in einem am in Kraft getretenen Versorgungsvertrag (§ 72 SGB XI) geregelt, den die Klägerin mit den - insoweit als "Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern" (ARGE) auftretenden - Beklagten geschlossen hat.

Mit Schreiben vom teilten die Beklagten als ARGE der Klägerin mit, sie beabsichtigten, in der Einrichtung eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 79 Abs 1 Satz 1 SGB XI - eine sog anlasslose Wirtschaftlichkeitsprüfung - durchzuführen; Anhaltspunkte für eine Prüfungsverpflichtung nach § 79 Abs 1 Satz 2 SGB XI bestünden nicht. Die Einrichtung sei wegen ihrer im Vergleich zu anderen Einrichtungen höheren Pflegesätze ausgewählt worden. Die Beklagten legten den Prüfungszeitraum fest, bezifferten die Prüfungskosten, schlugen einen Sachverständigen namentlich vor und baten um Zustimmung zu dessen Auswahl. Die Klägerin fragte an, welche objektiven Kriterien dem Vergleich der Pflegesätze zu Grunde gelegt worden seien. Ein Einvernehmen mit dem benannten Sachverständigen und den angesprochenen Verfahrensabläufen werde nicht erklärt, weil die derzeitige Rechtslage Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach einheitlichen Maßstäben nicht zulasse. Nach weiterem kontroversem Schriftwechsel kündigten die Beklagten als ARGE, bearbeitet durch die Beklagte zu 1), mit Schreiben vom den Versorgungsvertrag für die Einrichtung unter Bezugnahme auf § 74 SGB XI außerordentlich zum , hilfsweise ordentlich: Sowohl die generelle Verweigerung der Wirtschaftlichkeitsprüfung als auch die Weigerung, dem Sachverständigen die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, stelle einen erheblichen Verstoß gegen gesetzlich und vertraglich begründete Mitwirkungspflichten dar, wodurch die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erschüttert worden sei. Die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses sei unzumutbar geworden.

Das Sozialgericht (SG) hat die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (Beschluss vom ) und den Kündigungsbescheid aufgehoben (Urteil vom ). Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt und hilfsweise Widerklage mit dem Ziel der Feststellung erhoben, dass sie berechtigt seien, bei der Klägerin eine Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 79 Abs 1 Satz 1 SGB XI vorzunehmen. Die Einrichtung sei ausgewählt worden, weil ihre Pflegesätze im Jahr 2001 in der Pflegestufe I um 6,9 vH, in der Pflegestufe II um 5,56 vH und in der Pflegestufe III um 5,98 vH über dem Mittelwert der entsprechenden Pflegesätze vergleichbarer anderer Einrichtungen gelegen hätten. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen (Urteil vom ): Die außerordentliche Kündigung sei rechtswidrig, weil das Verhalten der Klägerin keine gröbliche Pflichtverletzung darstelle (§ 74 Abs 2 Satz 1 SGB XI). Die fehlende Kooperation der Klägerin sei ihrer Schwere nach nicht den im Gesetz angeführten Regelbeispielen (§ 74 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB XI) vergleichbar. Auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung (§ 74 Abs 1 SGB XI) sei rechtswidrig. Da die Beklagten bei Ankündigung der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausdrücklich bestätigt hätten, dass keine Anhaltspunkte für eine Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI vorgelegen hätten, könnten sie sich im Rahmen der Kündigung nicht darauf berufen, dass nunmehr diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Die hilfsweise erhobene Feststellungs-Widerklage sei unzulässig, weil es am erforderlichen Feststellungsinteresse der Beklagten fehle.

Die von den Beklagten zu 1) und 2) sowie 4) bis 7) eingelegten Revisionen stützen sich auf die Verletzung materiellen Rechts. Sie machen geltend, die Klägerin habe ihre gesetzlich in § 79 Abs 2 SGB XI sowie vertraglich in § 29 des Bayerischen Rahmenvertrages vom verankerte Pflicht, den Sachverständigen auf Verlangen die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, gröblich verletzt. Schon deshalb sei die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt (§ 74 Abs 2 SGB XI). Da nach § 72 Abs 3 SGB XI ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages nur bestehe, wenn die Pflegeeinrichtung wirtschaftlich arbeite und die Erfüllung dieser Grundbedingung nicht immer ohne Weiteres ersichtlich sei, habe der Gesetzgeber den Verbänden der Pflegekassen das Instrument der Wirtschaftlichkeitsprüfung an die Hand gegeben und die alleinige Regelung der Vergütung über den Marktpreis für ungenügend gehalten. Eine Abmahnung als milderes Mittel sei hier nicht in Betracht gekommen, weil der Wille der Klägerin eindeutig gewesen sei, an einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht mitzuwirken. Auch die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung (§ 74 Abs 1 SGB XI) lägen vor. Aus der Gewährleistungsverpflichtung nach § 72 Abs 3 Satz 1 Ziffer 2 SGB XI folge, dass bei Verweigerung der Mitwirkung an einer Wirtschaftlichkeitsprüfung und Fehlen eines anderweitigen Nachweises der Wirtschaftlichkeit die Einrichtung so zu behandeln sei, als seien die zur Kündigung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Widerklage werde nicht weiterverfolgt.

Die Beklagten zu 1) und 2) sowie 4) bis 7) beantragen,

die sowie des SG Mainz vom zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

II

Die Revisionen der Beklagten zu 1) und 2) sowie 4) bis 7) sind zulässig, aber in der Sache unbegründet.

A) Der Zulässigkeit der Rechtsmittel steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 3) nicht ebenfalls Revision eingelegt hat. Die Beklagten sind zwar notwendige Streitgenossen iS des § 74 SGG iVm § 62 ZPO. Dies ergibt sich aus § 81 Abs 1 Satz 1 SGB XI, wonach auch die Kündigung eines Versorgungsvertrages nach § 74 SGB XI nur gemeinsam durch die Landesverbände der Pflegekassen, deren Aufgaben durch die Landesverbände der Krankenkassen wahrgenommen werden (§ 52 Abs 1 Satz 1 SGB XI), erfolgen kann. Die Regelung des § 74 SGG iVm § 62 ZPO bedeutet jedoch nicht, dass alle Streitgenossen nur gemeinsam Rechtsmittel einlegen können oder die sich nicht anschließenden Streitgenossen durch das Rechtsmittel der anderen ebenfalls zum Rechtsmittelführer werden (BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2 jeweils RdNr 14; BSGE 89, 294, 295 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 S 15 mwN). Die Rechtsmitteleinlegung nur eines Teils der Streitgenossen hindert vielmehr den Eintritt der Rechtskraft auch gegenüber den anderen und bringt alle Prozesse in die nächste Instanz, in der sämtliche notwendigen Streitgenossen, wie hier geschehen, am Verfahren zu beteiligen sind. Das rechtskräftige Urteil bindet dann alle notwendigen Streitgenossen, auch wenn einige kein Rechtsmittel eingelegt haben (BSG, aaO; Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 74 RdNr 6).

10 B) Die Revisionen der Beklagten zu 1) und 2) sowie 4) bis 7) sind unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Aufhebung der außerordentlichen Kündigung als auch der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung bestätigt.

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen zur Entscheidung über die Klage liegen vor. Die Klage ist zulässig.

Die erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) ist die dem Streitgegenstand entsprechende Klageart. Eine nach § 74 SGB XI ausgesprochene Kündigung des Versorgungsvertrages einer Pflegeeinrichtung stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar (so ausdrücklich die Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P., BT-Drucks 12/5262 S 138; Leitherer in Kasseler Kommentar § 74 SGB XI, RdNr 19; Udsching, SGB XI, 2. Aufl 2000, § 74 RdNr 3; Orthen in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand Juli 2002 K § 74 RdNr 19; Schmäing in LPK-SGB XI, 2. Aufl 2003, § 74 RdNr 6; Bastian in Beck, OK SGB XI, Stand , § 74; wohl auch Neumann in Schulin, HBdSVR Bd IV, § 21 RdNr 35; aA: Spellbrink in Hauck/Wilde, SGB XI, Stand 1996, K § 74 RdNr 19; Knittel in Krauskopf, Soziale Kranken- und Pflegeversicherung, Stand 1996, § 74 SGB XI RdNr 15). Dafür spricht, dass das Gesetz in § 74 Abs 3 Satz 2 SGB XI die entsprechende Anwendung von § 73 Abs 2 SGB XI anordnet, wonach ein Vorverfahren iS des § 78 SGG nicht stattfindet und eine Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Diese für den Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines Versorgungsvertrags getroffenen Regelungen setzen voraus, dass es sich bei der Entscheidung der Landesverbände nach § 73 Abs 2 SGB XI und § 74 SGB XI jeweils um einen Verwaltungsakt (BSGE 82, 252, 254 = SozR 3-3300 § 73 Nr 1) und nicht lediglich um eine Willenserklärung handelt. Zwar ist die Erklärung auf die Beendigung eines Vertragsverhältnisses gerichtet, in dem sich die Beteiligten in einem Gleichrangverhältnis gegenüberstehen. Insofern handelt es sich bei der Kündigung des Versorgungsvertrages einer Pflegeeinrichtung um eine Willenserklärung. Jedoch stellt die Kündigung zugleich eine hoheitliche Maßnahme dar. Sie hat über die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den durch den Vertrag begründeten Rechten und Pflichten hinaus gleichzeitig die weitere Funktion der Entziehung des Status als zugelassene Pflegeeinrichtung. Sie ist deshalb wie die Ablehnung des Abschlusses eines Versorgungsvertrages (BSGE 82, 252, 254 f = SozR 3-3300 § 73 Nr 1) als hoheitliche Maßnahme und deshalb als Verwaltungsakt anzusehen.

Dem Charakter der Kündigung als Verwaltungsakt steht nicht entgegen, dass bei der gemeinsamen Entscheidung der Landesverbände der Pflegekassen nicht eine einzelne Behörde handelt. Es fehlt insoweit an einer örtlichen Stelle, die als Behörde im organisatorischen oder im bürokratischen Sinn angesehen werden könnte. Das ist aber unschädlich. Entweder handeln die Landesverbände der Pflegekassen bei der Kündigung eines Versorgungsvertrages in Form gleichlautender, nach außen hin in einem Bescheid zusammengefasster Verwaltungsentscheidungen (gebündelter Verwaltungsakt mehrerer Behörden) oder aber - so die bisherige Auslegung des erkennenden Senats - es ergeht durch die Landesverbände nur ein gemeinsamer Verwaltungsakt. Der weite Behördenbegriff der §§ 1 Abs 2, 31 Satz 1 SGB X lässt es nämlich auch zu, die notwendig gemeinsam handelnden Landesverbände in ihrer Gesamtheit als mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beauftragte Stelle anzusehen. § 31 Satz 1 SGB X verwendet in der Formulierung "eine Behörde" den unbestimmten Artikel. Dies erlaubt ein Verständnis, dass auch mehrere Behörden die Maßnahme treffen können, jedenfalls wenn dies spezialgesetzlich so vorgesehen ist (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 35 RdNr 52 mwN). Der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die Landesverbände bei der Erfüllung der ihnen gemeinsam übertragenen Aufgaben insgesamt als Entscheidungsträger ohne gemeinsame örtliche Verwaltungsstelle handeln (BSGE 82, 252, 254 = SozR 3-3300 § 73 Nr 1). Dabei gewährleistet im Falle eines Dissenses die Regelung des § 81 Abs 1 Satz 2 SGB XI iVm § 213 Abs 2 SGB V - beide in der bis zum geltenden Fassung - eine einheitliche gemeinsame Beschlussfassung und das einheitliche Handeln der Landesverbände nach außen; die Vorschriften über die notwendige Streitgenossenschaft (§ 74 SGG, § 62 ZPO) sichern hinsichtlich der Verfahrensbeteiligung den erforderlichen Rechtsschutz für den Adressaten. Dass es keine (gemeinsame) Widerspruchsstelle gibt, ist angesichts des durch § 74 Abs 3 Satz 2 iVm § 73 Abs 2 SGB XI ausgeschlossenen Vorverfahrens unerheblich. Die in Bayern von den Landesverbänden der Pflegekassen gebildete Arbeitsgemeinschaft (§ 12 Abs 1 Satz 3 SGB XI) ist für eine Kündigung nach § 74 SGB XI aber nicht Behörde, weil sie in diesem Bereich durch das Gesetz nicht mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beauftragt ist (anders zB beim Abschluss von Pflegesatzvereinbarungen, vgl § 85 Abs 2 SGB XI) und deshalb auch nicht aus eigenem Recht zur Kündigung befugt ist (dazu Näheres unter 2 b).

2. Die von den Beklagten unter Berufung auf § 74 Abs 2 SGB XI ausgesprochene außerordentliche Kündigung war aufzuheben. Nach § 74 Abs 2 Satz 1 SGB XI kann der Versorgungsvertrag von den Landesverbänden der Pflegekassen auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn die Einrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern derart gröblich verletzt, dass ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist. Die Kündigung vom erfüllt mehrere dieser Voraussetzungen nicht. Sie wurde nicht von allen Landesverbänden der Pflegekassen ausgesprochen (dazu a). Der Kündigungsbescheid ist von der "Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern" erlassen worden, wozu sie nicht befugt war (dazu b). Es fehlt zudem am erforderlichen Einvernehmen des Sozialhilfeträgers (dazu c). Den Beklagten war auch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zuzumuten, sodass sich die Kündigung als grob unverhältnismäßig erweist (dazu d).

a) Die Kündigung sollte zwar nach dem Willen und der Vorstellung der Beklagten von den Landesverbänden der Pflegekassen in Bayern ausgesprochen werden, ist aber tatsächlich nicht von allen Landesverbänden ausgesprochen worden. Beteiligt war nicht die AOK Bayern - die Gesundheitskasse - (im Folgenden: AOK Bayern) in ihrer Funktion als Landesverband der Ortskrankenkassen (§ 207 Abs 4 Satz 1 SGB V), sondern die Pflegekasse bei der AOK Bayern, die Beklagte zu 1). Allerdings führt dies noch nicht zur Rechtswidrigkeit der Kündigung.

aa) Sowohl fristgerechte Kündigungen nach § 74 Abs 1 SGB XI als auch fristlose Kündigungen nach Abs 2 der Vorschrift sind von den Landesverbänden der Pflegekassen auszusprechen.

Nach § 81 Abs 1 Satz 1 SGB XI haben die Landesverbände der Pflegekassen die ihnen nach dem Siebten und Achten Kapitel zugewiesenen Aufgaben gemeinsam zu erfüllen. Das SGB XI enthält indes keine dem § 207 SGB V für den Bereich der Krankenversicherung entsprechende Vorschrift, welche die Einrichtung von Landesverbänden der Pflegekassen regeln würde.

Vielmehr ordnet § 52 Abs 1 SGB XI an, dass die Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (die als Krankenkasse nur als "Knappschaft" firmiert), die als Landesverband tätigen landwirtschaftlichen Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen (ab : die Ersatzkassen) die Aufgaben der Landesverbände der Pflegekassen wahrnehmen. In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es dazu, dass die Pflegekassen keine eigenen rechtsfähigen Verbände erhielten, sondern sich auf Verbandsebene ganz unter dem Dach der gesetzlichen Krankenversicherung befänden (BT-Drucks 12/5262 S 120). Das Gesetz kennt in der sozialen Pflegeversicherung auf Verbandsebene keine von den Krankenkassen losgelösten selbstständigen rechtsfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (BT-Drucks 12/5262 S 120). Dem ist im Gesetzgebungsverfahren nichts entgegengesetzt worden. Daraus hat der erkennende Senat geschlossen, dass den Landesverbänden der Krankenkassen im Hinblick auf die den Landesverbänden der Pflegekassen zugewiesenen Aufgaben die Rechtsstellung von Landesverbänden der Pflegekassen eingeräumt wurde ( - BSGE 82, 252, 254 = SozR 3-3300 § 73 Nr 1 S 2 f). Trotz der vom Gesetz in verschiedenen Zusammenhängen verwendeten Bezeichnung "Landesverbände der Pflegekassen" sind demnach zur Wahrnehmung der Aufgaben der Landesverbände der Pflegekassen ausschließlich die Landesverbände der Krankenkassen berufen. Dies hat der Gesetzgeber durch die zum erfolgte Einfügung des § 52 Abs 4 SGB XI ausdrücklich klargestellt: Danach handeln die in § 52 Abs 1 SGB XI aufgeführten Stellen, soweit in diesem Buch die Landesverbände der Pflegekassen Aufgaben wahrnehmen. Auf der Ebene der Landesverbände der Pflegekassen ist somit eine Mitwirkung der einzelnen Pflegekasse selbst dann ausgeschlossen, wenn sich ihr Zuständigkeitsbereich auf das gesamte Landesgebiet erstreckt (vgl dagegen für die Krankenversicherung § 207 Abs 2a und Abs 4 SGB V). Dies gilt auch für die Kündigungen nach § 74 SGB XI. Angesichts der vom Gesetz angeordneten Trennung der Rechtsträgerschaft zwischen Kranken- und Pflegekassen scheidet ein zulässiges Handeln einer Pflegekasse im Rahmen der Kündigung von Versorgungsverträgen aus. Selbst aus der Satzung der Pflegekasse bei der AOK Bayern ergibt sich nicht, dass (vergleichbar der Regelung des § 207 Abs 2a und Abs 4 SGB V) die Pflegekasse auch die Aufgabe des Landesverbandes der Pflegekasse wahrnehmen könnte. Vielmehr bestimmt die Satzung der AOK Bayern ausdrücklich, dass diese die Funktion als Landesverband der Krankenkasse ausübt (§ 2 Abs 4 der Satzung der AOK Bayern vom in der Fassung des 3. Nachtrags, beschlossen am ). Da alle Landesverbände der Krankenkassen bei der Kündigung gemeinsam zu handeln haben (§ 81 Abs 1 SGB XI), bewirkt die Nichtmitwirkung auch nur eines Landesverbandes an der Kündigung grundsätzlich deren Rechtswidrigkeit.

bb) Allerdings muss für den vorliegenden Fall eine Ausnahme gemacht werden. Die Mitwirkung der Beklagten zu 1), also der Pflegekasse bei der AOK Bayern, statt der AOK Bayern als Landesverband der Ortskrankenkassen an der Kündigung führt nicht zur (formellen) Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, weil insoweit Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu beachten sind. Soweit in einem Bundesland verschiedene Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) existierten (bzw noch existieren), war es, auch angesichts der Ausführungen des erkennenden Senats in seinem Urteil vom (B 3 P 8/97 R - BSGE 82, 252, 254 = SozR 3-3300 § 73 Nr 1), unzweifelhaft, dass die bei den verschiedenen AOKen gebildeten Pflegekassen nur auf örtlicher Ebene tätig waren und die Aufgaben des Landesverbands der Pflegekassen durch den Landesverband der Ortskrankenkassen wahrgenommen wurden. Bei Vereinigung der AOKen in einem Bundesland zu einer AOK und, dem folgend, der Vereinigung der diversen Pflegekassen zu einer Pflegekasse hätte es nahegelegen, dass diese Pflegekasse analog § 207 Abs 2a und Abs 4 SGB V die Funktion als Landesverband der Pflegekassen übernehmen würde. Eine dementsprechende Vorschrift findet sich jedoch im SGB XI nicht und es wird auch nicht auf § 207 SGB V verwiesen. Dies ist offenbar keinem Beteiligten bei den Pflegekassen und insbesondere auch nicht den Leistungserbringern in der sozialen Pflegeversicherung bewusst gewesen. Angesichts der nicht einfachen und auch nicht ohne Weiteres plausiblen Zuständigkeitsregelung und der Identität der Organe von Kranken- und Pflegekassen hält es der erkennende Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes für angemessen, dass alle bis zur Verkündung dieses Urteils () abgeschlossenen Vorgänge und Handlungen, bei denen statt der Beklagten zu 1) die AOK Bayern als Landesverband der Pflegekassen (§ 52 SGB XI) hätte handeln müssen, nicht allein wegen dieses Zuständigkeitsfehlers als rechtswidrig eingestuft werden dürfen (vgl zu einer weiteren, auf Vertrauensschutz beruhenden Übergangsregelung - SozR 3-3300 § 55 Nr 1 S 2).

b) Der Kündigungsbescheid ist zu Unrecht von der "Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern" - ARGE - erlassen worden.

aa) Allerdings entspricht es einer gesetzlichen Zielvorgabe, dass sich die Pflegekassen zu Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen. Nach § 12 Abs 1 Satz 1 SGB XI sind die Pflegekassen für die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung ihrer Versicherten verantwortlich. Zur Durchführung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben sollen sie gemäß § 12 Abs 1 Satz 3 SGB XI örtliche und regionale Arbeitsgemeinschaften bilden. Dies gilt nicht nur für die einzelnen Pflegekassen, sondern auch für die Landesverbände der Pflegekassen (vgl Wagner in Hauck/Wilde, SGB XI, Stand Mai 2006, K § 12 RdNr 10, und Trenk-Hinterberger in Wannagat, SGB, Stand Juni 2001, § 12 SGB XI RdNr 9 sowie die zum klarstellend eingefügte allgemeine Regelung des § 94 Abs 1a SGB X), deren Funktion durch die in § 52 Abs 1 SGB XI genannten Krankenkassen bzw Landesverbände der Krankenkassen wahrgenommen werden. Der Zusammenschluss der Beklagten zu 2) bis 7) zu einer Arbeitsgemeinschaft auf Landesebene in Bayern ist daher nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Geschäftsführung durch eines der Mitglieder der ARGE (Trenk-Hinterberger in Wannagat, aaO, RdNr 11). Rechtswidrig ist jedoch die Beteiligung der Beklagten zu 1), weil - wie ausgeführt - nicht sie, sondern die AOK Bayern die Funktion des Landesverbandes der Pflegekassen im AOK-Bereich ausübt. Die fehlerhafte Beteiligung der Beklagten zu 1) kann jedoch auch insoweit nicht zur Rechtswidrigkeit von Handlungen und Vorgängen führen, in denen die ARGE beteiligt war und die bis zum abgeschlossen worden sind.

bb) Unabhängig von der Frage, welche Rechtsform die ARGE hat, ob an ihr noch andere Leistungsträger hätten beteiligt werden dürfen (vgl dazu Wagner in Hauck/Wilde, aaO, RdNr 11, 12) und in welchem Umfang ihr von den Leistungsträgern diesen obliegende Aufgaben zur Erledigung übertragen werden können (vgl § 12 Abs 1 Satz 4 SGB XI, § 94 Abs 2 bis 4 SGB X und § 88 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGB X), ist festzuhalten, dass jedenfalls die Entscheidung über die Kündigung nach § 74 SGB XI nicht auf die ARGE übertragen werden durfte.

Das vom Gesetz in § 81 Abs 1 Satz 1 SGB XI verlangte gemeinsame einheitliche Handeln der Landesverbände der Pflegekassen bei Kündigungen nach § 74 SGB XI sieht eine Übertragung dieser Aufgabe auf andere Einrichtungen nicht vor. Das gilt auch für die nach § 12 Abs 1 Satz 3 SGB XI gebildeten Arbeitsgemeinschaften, selbst wenn sie ausschließlich aus den Landesverbänden der Pflegekassen in einem Bundesland bestehen. Die Verweisung von § 12 Abs 1 Satz 4 SGB XI auf § 94 Abs 2 bis 4 SGB X und die Weiterverweisung von § 94 Abs 4 SGB X auf § 88 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB X betrifft die Rechtsaufsicht, die Geschäfts- und Rechnungsführung, die Unterrichtung der Aufsichtsbehörden, den Haushaltsplan sowie die Übertragung einzelner Aufgaben durch die Leistungsträger auf die Arbeitsgemeinschaften (vgl Wagner in Hauck/Wilde, aaO, RdNr 14), nicht aber die in § 88 Abs 3 SGB X und § 89 SGB X geregelte Ausführung eines Auftrages durch Verwaltungsakt. Demgemäß hat jeder Landesverband der Pflegekassen selbst über die Kündigung zu entscheiden (§ 74 SGB XI). Ggf ist bei Dissens das Verfahren nach § 81 Abs 1 Satz 2 SGB XI zu beschreiten, um nach außen hin zu einer gemeinsamen Entscheidung aller Landesverbände zu gelangen. Eine Übertragung der Entscheidung auf andere Rechtsträger ist gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb unzulässig.

cc) Im vorliegenden Fall wurde die Kündigung durch die "Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern" ausgesprochen, wobei die Beklagte zu 1) als Geschäftsführerin der ARGE und als "Bearbeiterin" des Vorgangs aufgetreten ist. Damit stellt sich die Kündigung als Entscheidung der Geschäftsführung der ARGE dar. Kündigen müssen jedoch die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam aufgrund jeweils eigener Entscheidung. Es wäre deshalb erforderlich gewesen, dass die Arbeitsgemeinschaft, der die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung zulässigerweise übertragen worden war (§ 12 Abs 1 Satz 4 SGB XI, § 94 Abs 4 SGB X, § 88 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB X), in dem Kündigungsbescheid vom ausdrücklich ausgeführt hätte, dass die - auf dem Briefpapier an der rechten Seite genannten -Landesverbände als den Verwaltungsakt erlassende Behörden auftreten (§ 33 Abs 3 und § 40 Abs 2 Nr 1 SGB X) und dass die Kündigung auf einem gemeinsamen Beschluss aller Landesverbände beruht, wobei die entsprechenden Beschlüsse (bzw eine Sitzungsniederschrift) hätten beigefügt werden müssen, weil die Landesverbände den Bescheid nicht selbst unterzeichnet haben. Der Kündigungsbescheid vom ist somit schon aus diesem Grunde rechtswidrig.

dd) Obgleich der Bescheid vom von der ARGE stammt, war es sachgerecht, dass die Klage nicht gegen diese selbst, sondern gegen ihre Mitglieder gerichtet worden ist. Sie sind insoweit passiv legitimiert; denn Verwaltungsakte, die ein Beauftragter zur Ausführung eines Auftrages erlässt, ergehen im Namen des Auftraggebers (§ 89 Abs 1 SGB X). Gegenüber dem Adressaten des Bescheides bleibt der Auftraggeber verantwortlich (§ 89 Abs 2 SGB X). Daher ist die Klage zu Recht gegen die Beklagten gerichtet worden.

c) Die außerordentliche Kündigung des Versorgungsvertrages war ferner aufzuheben, weil das erforderliche Einvernehmen mit dem Sozialhilfeträger nicht hergestellt worden ist. Gemäß § 74 Abs 1 Satz 2 SGB XI ist vor einer Kündigung durch die Landesverbände der Pflegekassen das Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe herzustellen. Diese Regelung gilt nach § 74 Abs 2 Satz 4 SGB XI entsprechend auch für die außerordentliche Kündigung. Das Einvernehmen ist in Form der Einwilligung herzustellen. Diese Erklärung durch den zuständigen Sozialhilfeträger nach § 74 Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 4 SGB XI ist eine behördliche Willenserklärung, auch wenn sie nur verwaltungsintern zu erfolgen hat. Die Auslegung behördlicher Willenserklärungen ist auch ohne Verfahrensrüge durch das Revisionsgericht zu überprüfen.

Der Verstoß gegen die gesetzliche Pflicht, das Einvernehmen mit dem Sozialhilfeträger herzustellen, begründet den Anspruch auf Aufhebung der Kündigung auch zugunsten der Pflegeeinrichtung. Es handelt sich insoweit nicht lediglich um eine die Rechte der Pflegeeinrichtung nicht betreffende Verfahrensvorschrift. Zweck dieser Vorgabe ist es sicherzustellen, dass schon bei der Vorbereitung der Entscheidung die Belange der Sozialhilfeempfänger berücksichtigt werden, die durch die Kündigung des Versorgungsvertrages mitbetroffen werden (Begründung des Gesetzesentwurfs BT-Drucks 12/5262 S 138). Der Sozialhilfeträger hat deshalb die Frage der Zumutbarkeit des Festhaltens am Versorgungsvertrag eigenständig zu prüfen; davon sind die Rechte der Pflegeeinrichtung unmittelbar betroffen. Der Gesetzgeber hat angesichts der Bedeutung einer Kündigung für die wirtschaftliche Existenz der Pflegeeinrichtung den Schutz ihrer Rechte durch die Notwendigkeit eines konsensualen Vorgehens von Landesverbänden und Sozialhilfeträger verfahrensrechtlich besonders intensiv ausgestaltet (vgl BT-Drucks 12/5262 S 138). Eine Kündigung gegen den Willen oder ohne Einvernehmen des Sozialhilfeträgers ist deshalb rechtswidrig.

Das Einvernehmen wurde im vorliegenden Fall nur hinsichtlich der ordentlichen Kündigung hergestellt. Das LSG hat dazu lediglich im Tatbestand des Urteils vermerkt: "Der Bezirk Schwaben erteilte am sein Einverständnis zur Kündigung des Versorgungsvertrages." Eine Auslegung dieser Erklärung hat das LSG nicht vorgenommen. Die vom erkennenden Senat nachzuholende Auslegung der Erklärung ergibt, dass ein Einverständnis lediglich zur ordentlichen Kündigung erteilt wurde, weil nur dazu eine Anfrage durch die Beklagten an den Bezirk Schwaben erfolgte (vgl Schreiben vom , auf welches die Erklärung des Bezirks Schwaben ausdrücklich Bezug genommen hat). An einem Einvernehmen hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung fehlt es deshalb.

d) Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung fehlen auch deshalb, weil den Beklagten trotz der Verweigerung der Mitwirkung an der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Klägerin ein Festhalten an der Vertragsbeziehung zuzumuten war; die Beendigung des Vertragsverhältnisses und die Zulassungsentziehung waren grob unverhältnismäßig. Daher kann der Senat offenlassen, inwieweit den Beklagten überhaupt ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung über die Kündigung selbst und den Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit (Frist) eingeräumt ist. Wenn den Landesverbänden der Pflegekassen ein Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten gewesen wäre, erschiene es zweifelhaft, ob ein Handlungsermessen eingeräumt wäre.

aa) Bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung hat eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erfolgen, welche die Interessen der Versichertengemeinschaft und der Pflegeeinrichtung an der Fortsetzung bzw an der Beendigung des Vertragsverhältnisses angesichts einer gröblichen Pflichtverletzung zu bewerten hat. Dabei hat der Gesetzgeber in § 74 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB XI Maßstäbe für eine solche Abwägung festgelegt. Nach § 74 Abs 2 Satz 2 SGB XI besteht eine Kündigungsbefugnis, wenn Pflegebedürftige infolge der Pflichtverletzung zu Schaden kommen oder die Einrichtung nicht erbrachte Leistungen gegenüber den Kostenträgern abrechnet. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt das gleiche, wenn dem Träger eines Pflegeheimes nach dem Heimgesetz - ab : nach den heimrechtlichen Vorschriften - die Betriebserlaubnis entzogen oder der Betrieb des Heimes untersagt wird. Der Gesetzgeber fingiert nicht das Bestehen der Kündigungsvoraussetzungen, worauf die Formulierung "gilt" in § 74 Abs 2 Satz 2 SGB XI an sich hindeutet, sondern versteht die genannten Beispiele vorrangig als Vergleichsmaßstab (vgl BT-Drucks 12/5262 S 138). Die Gesetzesbegründung verweist ausdrücklich darauf, dass es sich um eine dem Leistungserbringer zurechenbare Pflichtverletzung handeln müsse, und zwar einer so "gröblichen" Art, dass ein Festhalten an dem Vertrag unzumutbar sei (vgl BT-Drucks 12/5262 S 138). Diesem Hinweis in der Gesetzesbegründung kommt angesichts der Schwere des Eingriffs deshalb besondere Bedeutung zu, als nach der Formulierung der Regelbeispiele in § 74 Abs 2 Satz 2 SGB XI ein Verschulden nicht ausdrücklich gefordert wird und das Ausmaß der Pflichtverletzung nicht vorgegeben ist. Eine zusätzliche Prüfung der "Gröblichkeit" und eine Verhältnismäßigkeitsabwägung bleiben deshalb auch in Fällen der gesundheitlichen oder materiellen Schädigung der Pflegebedürftigen und der Falschabrechnung (etwa bei schlichten Eingabefehlern) erforderlich. Erkennbar ist jedoch, dass der Pflegeeinrichtung zurechenbare vorsätzliche Straftaten (Körperverletzung und Abrechnungsbetrug) grundsätzlich die fristlose Kündigung auslösen sollen. Das LSG hat deshalb zutreffend erkannt, dass sich die Landesverbände an einem solchen Niveau der Pflichtwidrigkeit zu orientieren haben, wenn es um deren Bewertung als gröblich geht und darauf die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung gestützt werden soll.

Dies ergibt sich auch aus dem Rangverhältnis zur ordentlichen Kündigung durch die Landesverbände nach § 74 Abs 1 SGB XI. Bereits diese setzt voraus, dass die Zulassungsvoraussetzungen nach § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI, also insbesondere die Gewährleistung einer leistungsfähigen und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgung (Nr 2), nicht (mehr) vorliegen. Rechtfertigt also bereits die Verletzung der sich daraus ergebenden Pflichten die ordentliche Kündigung, sind an die Schwere der Pflichtverletzung für eine fristlose Kündigung deutlich strengere Maßstäbe anzulegen.

bb) Zudem muss die (bereits eingetretene) gröbliche Pflichtverletzung zur Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertragsverhältnis führen. Insofern haben die Beklagten das Übermaßverbot zu beachten. Die Entziehung der Zulassung durch Kündigung des Versorgungsvertrages (zumal als fristlose) ist ultima ratio für die Landesverbände. Sie kommt nur in Betracht, wenn nicht andere, mildere Mittel vorhanden sind, auf Vertragsverletzungen zu reagieren.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass in der Literatur (zuletzt Igl, SGb 2008, 1) ernst zu nehmende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit von isolierten Wirtschaftlichkeitsprüfungen (ohne gleichzeitige Wirksamkeitsprüfung) nach § 79 Abs 1 Satz 1 SGB XI erhoben worden sind. Diese Bedenken und die Hinweise in Rechtsprechung (BSGE 87, 199 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1) und Literatur (zB Udsching, aaO, § 79 RdNr 3 sowie NZS 1999, 473 ff und SGb 2003, 133 ff; Igl, SGb 2008, 1, 5) auf die weitgehende Entbehrlichkeit von Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei unter freien Wettbewerbsbedingungen ausgehandelten Pflegesatzvereinbarungen (externer Vergleich der Marktpreise) hat sogar dazu geführt, dass der Gesetzgeber die "anlasslose" Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Neufassung des § 79 Abs 1 SGB XI (vgl Art 1 Nr 45 Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom , BGBl I 874) zum abgeschafft hat. Eine Wirtschaftlichkeits- und Wirksamkeitsprüfung ist seitdem nur noch zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Pflegeeinrichtung die Anforderungen des § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI ganz oder teilweise nicht oder nicht mehr erfüllt (§ 79 Abs 1 Satz 2 SGB XI).

Von dieser rechtlichen Entwicklung konnten die Beklagten im hier maßgeblichem Jahr 2003 zwar noch nicht ausgehen. Auch "anlasslose" Wirtschaftlichkeits- und Wirksamkeitsprüfungen konnten zu jener Zeit noch durchgeführt werden. Der zweifelhafte rechtliche und tatsächliche Hintergrund der hier angeordneten Wirtschaftlichkeitsprüfung und der Kündigung des Versorgungsvertrages kommt aber deutlich in dem Beitrag einer Zeitschrift, für die der AOK-Bundesverband verantwortlich zeichnet, zum Ausdruck (Engel/Burk/Kapitza/Randzio, "Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 79 SGB XI - Modellprojekt zur Verbindung von Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit in stationären Pflegeeinrichtungen", G+G-Wissenschaft <GGW> 4/2004, 26), wonach das Vorgehen als Experiment gedacht war und nach dem Motto "Versuch und Irrtum" ablief. Dort heißt es ua (S 28): "In einem Pilotprojekt sollten die Preisunterschiede bezüglich Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der erbrachten Pflege genauer untersucht werden. Dabei bestand die Hoffnung auf eine zielgenauere Justierung der Pflegesatzverhandlungen und damit Mittelverwendung. Zugleich wurden die Transparenz des Preis-/Leistungsverhältnisses und perspektivisch qualifizierte Empfehlungsmöglichkeiten guter Pflegeheime als Fernziele ausgemacht. Das in diesem Feld positionierte Pilotprojekt zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 79 SGB XI fokussierte damit die Beitragssatzstabilität (§ 70 SGB XI) und den Sicherstellungsauftrag (§ 69 SGB XI) gleichermaßen. Im Jahr 2002 wählte die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände 50 Pflegeheime unterschiedlicher Größenordnungen, Regionen und Trägerzugehörigkeiten für Wirtschaftlichkeitsprüfungen aus. Die Auswahl erfolgte nach dem Abweichungsgrad des Pflegesatzes vom durchschnittlichen Pflegesatz in der Region, so dass sowohl Einrichtungen mit sehr niedrigem als auch mit sehr hohem Pflegesatz gezogen wurden. Diesen Einrichtungen teilte die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände unter Offenlegung der Auswahlkriterien mit, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 79 Abs 1 Satz 1 SGB XI durchgeführt werden solle. Den 12 Pflegeheimen, die die Mitwirkung verweigerten, wurden die Versorgungsverträge gekündigt. Diese erste Prüfung wurde durchgeführt, um die entwickelten Prüfmethodiken zweier Sachverständiger in der Praxis zu testen und um juristische Erkenntnisse zu den Durchsetzungsmöglichkeiten einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu gewinnen. Die rechtliche Situation erweist sich dabei durchaus als unzureichend für die Ausgestaltung des Instruments als Pflichtprüfung."

Es ist ohne Weiteres einsichtig, dass eine außerordentliche Kündigung wegen Verweigerung der Mitwirkung an einer als Pilotprojekt dienenden "anlasslosen" Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht gerechtfertigt ist. Die Weigerung, an der Wirtschaftlichkeitsprüfung mitzuwirken, ist unter diesen Umständen einer strafbaren Pflichtverletzung nicht annähernd vergleichbar. Die außerordentliche Kündigung war angesichts der bisherigen Vertragsbeziehungen mit der Klägerin grob unverhältnismäßig.

3. Die von den Beklagten hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist ebenfalls rechtswidrig. In formeller Hinsicht wird dazu auf die Ausführungen unter 2.a) und b) Bezug genommen. Aber auch die materiellen Voraussetzungen des § 74 Abs 1 Satz 1 SGB XI für eine ordentliche Kündigung des Versorgungsvertrages liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift können die Verbände der Pflegekassen fristgerecht kündigen, wenn die zugelassene Pflegeeinrichtung nicht nur vorübergehend eine der Voraussetzungen des § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI nicht oder nicht mehr erfüllt. Damit verlangt auch die ordentliche Kündigung eine schwerwiegende, anhaltende Verletzung der vertraglichen Pflichten und Zulassungsvoraussetzungen. Diese ist vorliegend nicht ersichtlich.

a) Selbst nach dem Vortrag der Beklagten fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin eine der Voraussetzungen des § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI nicht oder nicht mehr erfüllt. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass eine auf unwirtschaftliche Betriebsführung gestützte ordentliche Kündigung nur möglich ist, wenn die Pflichtverletzung wiederholt festgestellt wurde und nicht mehr behebbar ist (BT-Drucks 12/5262 S 138). An derartigen Feststellungen fehlt es hier gänzlich.

b) Wollte man mit den Beklagten aus der Weigerung, an einer Wirtschaftlichkeitsprüfung mitzuwirken, im Wege der Beweislastumkehr annehmen, die Klägerin würde das Zulassungskriterium des § 72 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB XI (Gewährleistung einer leistungsfähigen und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgung) nicht mehr erfüllen, so wären dafür die Voraussetzungen nicht erfüllt. Denn eine solche Beweislastumkehr könnte allenfalls dann wirken, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte für unwirtschaftliches Verhalten geben würde und die Pflegeeinrichtung eine konkrete Pflicht zur Mitwirkung an einer Prüfung getroffen hätte. Dies ist hier indes nicht der Fall.

aa) Die Klägerin war nicht aufgrund eines entsprechenden bestandskräftigen Verwaltungsaktes zur Mitwirkung an der Wirtschaftlichkeitsprüfung verpflichtet. Dabei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung überhaupt durch einen Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) angeordnet werden kann. Denn die Beklagten haben insoweit keinen Verwaltungsakt erlassen, der mangels Anfechtung bestandskräftig geworden wäre und nunmehr die Klägerin binden würde. Weder nach der äußeren Form noch aus ihrem Inhalt ergibt sich, dass die Ankündigung der Wirtschaftlichkeitsprüfung oder die Bestimmung des Sachverständigen von den Beklagten als hoheitliche Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles iS des § 31 SGB X gedacht war und aus Adressatensicht so zu verstehen gewesen sein könnte. Auch der hier noch einschlägige Bayerische Rahmenvertrag (§ 75 Abs 2 SGB XI) vom sah keine weitergehenden Mitwirkungspflichten der Pflegeheimbetreiber vor (§§ 28, 29 Rahmenvertrag).

bb) Die Klägerin musste an der von der Beklagten geforderten Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht mitwirken, weil die nach § 79 Abs 1 SGB XI gebotene Ermessensausübung ("können") bei Einleitung des Prüfverfahrens nicht erkennbar ist. Zwar durften die Landesverbände der Pflegekassen noch bis zum auch ohne Anhaltspunkte dafür, dass eine Pflegeeinrichtung die Zulassungsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllt, Prüfungen der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit von Pflegeleistungen durchführen lassen. Die Prüfungen haben jedoch einen eingeschränkten Gegenstand - dazu unten (1) - und die Ermessensausübung hat strenge Maßstäbe einzuhalten - dazu unten (2). Die Anordnung der Wirtschaftlichkeitsprüfung lässt weder eine entsprechende Ermessensausübung erkennen noch wahrt sie die einzuhaltenden Grenzen - dazu unten (3).

(1) Die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 79 Abs 1 SGB XI haben einen eingeschränkten Gegenstand. Sie beziehen sich auf die "Pflegeleistungen" und nicht auf den gesamten Betrieb der Pflegeeinrichtung. Der Wortlaut von § 79 Abs 1 Satz 1 SGB XI erwähnt ausdrücklich nur die Pflegeleistungen und spricht nicht generell von einer Prüfung der Pflegeeinrichtung. Dies entspricht auch der Ausrichtung der sozialen Pflegeversicherung, die bestimmte Leistungen wie Unterkunft und Verpflegung der Pflegebedürftigen nicht umfasst. Pflegeleistungen iS des § 79 Abs 1 Satz 1 SGB XI können daher nur diejenigen in den §§ 4 und 28 Abs 1 SGB XI bezeichneten Leistungen sein, die durch die Pflegeeinrichtung nach dem jeweiligen Versorgungsvertrag zu erbringen sind. Das sind im stationären Bereich die Grundpflege, die Behandlungspflege und die soziale Betreuung (vgl § 43 Abs 2 und § 84 Abs 1 SGB XI). Nicht dazu zählen etwa die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, für die Verwaltung und die Investitionen. Eine regelrechte Betriebsprüfung, einschließlich einer Gewinn- und Verlustrechnung, ist daher nach § 79 Abs 1 SGB XI ausgeschlossen.

Soweit das Gesetz zusätzlich die Prüfung der Wirksamkeit der Pflegeleistungen vorsieht, ist der Prüfungsumfang dadurch eingegrenzt, dass der Gesetzgeber für die Qualitätsprüfung in den §§ 112 ff SGB XI ein anderes Prüfungsverfahren vorsieht und dieses mit Wirkung zum nochmals deutlich konkretisiert hat.

(2) Im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens haben die Landesverbände strenge Maßstäbe einzuhalten. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die in § 79 Abs 1 SGB XI vorgesehenen Prüfungen in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit nach Art 12 GG eingreifen. Dieses Grundrecht ist sorgfältig mit den Interessen der Versichertengemeinschaft, insbesondere dem der Beitragssatzstabilität, abzuwägen: Die Pflegeeinrichtungen haben die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung zu bieten (§ 72 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB XI). Diese Gewährleistungspflicht besteht für die Pflegeeinrichtung während der gesamten Vertragsbeziehung. Dies rechtfertigt grundsätzlich entsprechende Prüfungen insbesondere bei einem erheblichen Finanzierungsanteil durch die Solidargemeinschaft der Versicherten und durch die öffentliche Hand, wenn das eingeräumte Ermessen sowohl hinsichtlich der Entscheidung über die Vornahme eines Eingriff (Handlungsermessen) sowie über Art und Umfang des Eingriffs (Auswahlermessen) zweckentsprechend ausgeübt wird.

Bei der Entscheidung im Rahmen des Handlungsermessens ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber verschiedene Instrumente zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit vorgesehen hat. Insbesondere ein funktionierender Wettbewerb der Leistungsanbieter bei gleichzeitig gesetzlich vorgegebenem Nachfragekartell der Kostenträger im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen dürfte typischerweise Indiz für wirtschaftliches Handeln sein. Grundsätzlich kann eine Prüfung von Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit deshalb nur erfolgen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass vertragliche Pflichten nicht umfassend erfüllt werden (so auch Klie in LPK-SGB XI, 2. Aufl 2003, § 79 RdNr 5; Igl, SGb 2008, 1, 6). Bei funktionierendem Markt ist auch angesichts der Deckelung der Versicherungsleistungen ohne Anhaltspunkte für Mängel in der Versorgung eine Prüfung nicht erforderlich. Auch wenn die Ergebnisse von Prüfungen der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit wegen § 79 Abs 3 SGB XI bei der nächstmöglichen Vergütungsvereinbarung zu berücksichtigen sind, ist die Klärung der Kostenstruktur der Pflegeeinrichtungen zur Vorbereitung von Pflegesatzverhandlungen kein zulässiges Entscheidungsmotiv. Insoweit hat der Gesetzgeber ausschließlich Folgen, nicht aber Zwecke der Prüfungen normiert. Der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass § 79 Abs 3 SGB XI überhaupt erst die Befugnis der Landesverbände begründen soll, die Prüfergebnisse in die folgenden Pflegesatzverhandlungen einzuführen (BT-Drucks 12/5262 S 141). Erst recht unzulässig wäre ein Ansinnen, Anträge auf Pflegesatzerhöhungen nur nach entsprechenden Wirtschaftlichkeitsprüfungen verhandeln zu wollen.

Im Rahmen des Auswahlermessens sind die Bereiche der Prüfung hinsichtlich der eigentlichen Prüfziele und der betroffenen Pflegeleistungen erforderlichenfalls einzugrenzen. Ggf sind die Prüfungen auf die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit bestimmter Pflegeleistungen einzuschränken. Der Senat kann dabei im vorliegenden Fall offen lassen, ob stets die Prüfung von Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu verbinden ist (dazu Igl, SGb 2008, 1, 5) oder ob die Prüfung auf einen der beiden Aspekte beschränkt werden kann.

(3) Die Anordnung der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Beklagten lässt weder eine entsprechende Ermessensausübung erkennen noch wahrt sie die einzuhaltenden Grenzen. Die von den Beklagten verlangte Wirtschaftlichkeitsprüfung war deshalb unzulässig.

Im vorliegenden Fall bestanden unstrittig keinerlei Anhaltspunkte für eine unwirksame oder unwirtschaftliche Erbringung der Pflegeleistungen. Vielmehr haben die Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, es handele sich nicht um eine anlassbezogene Prüfung. Auf die Ausübung von Ermessen ist bewusst verzichtet worden, weil es um Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Rahmen eines Pilotprojektes ging, "um die entwickelten Prüfmethodiken zweier Sachverständiger in der Praxis zu testen und um juristische Erkenntnisse zu den Durchsetzungsmöglichkeiten einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu gewinnen" (Engel/Burk/Kapitza/Randzio, aaO, S 26, 28).

Der von den Beklagten mitgeteilte Prüfungsumfang überschritt die nach § 79 Abs 1 SGB XI zulässigen Grenzen erheblich. Es sollten die einzelnen Bestandteile der Personal- und Sachkosten auf der Grundlage der Jahresabschlüsse und Kostenrechnungsunterlagen der Jahre 1999 und 2000 sowie prospektiv für 2001 untersucht werden. Dabei sollten alle betrieblichen Aufwendungen der Einrichtung berücksichtigt werden. Dies geht bei Weitem über die vom Gesetz zugelassene Prüfung der Pflegeleistungen hinaus, denn die Prüfung hätte auch den Personalaufwand im technischen und Verwaltungsbereich, den betrieblichen Aufwand für Unterkunft und Verpflegung und die Investitionskosten sowie alle übrigen Aufwendungen erfasst.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG, 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung und berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Revision.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und § 42 Abs 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) idF des Art 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom (BGBl I 718). Nach diesen Vorschriften hat das Prozessgericht den Streitwert von Amts wegen festzusetzen, weil es sich vorliegend um ein Verfahren handelt, das nach dem rechtshängig geworden ist und in dem weder die Klägerin noch die Beklagten zu dem in § 183 SGG genannten kostenmäßig privilegierten Personenkreis gehören. Das Rechtsmittel der Revision ist nach dem eingelegt worden. Deshalb ist der Streitwert gemäß § 1 Nr 4 iVm § 52 Abs 1 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit in § 52 Abs 2 bis 7 GKG und weiteren Vorschriften des GKG nichts anderes bestimmt ist. Insbesondere ergibt sich hier nichts Abweichendes aus dem Umstand, dass nicht die Klägerin Rechtsmittelführerin ist, sondern die Beklagten zu 1) und 2) sowie 4) bis 7) die Revisionen eingelegt haben. Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert zwar nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs 1 Satz 1 GKG), es bleibt aber bei der Streitwertberechnung nach § 52 GKG entsprechend der Bedeutung der Sache für die klagende Partei, wenn der Streitgegenstand im gesamten Verfahren unverändert geblieben ist und der Beklagte als Rechtsmittelführer nach wie vor die Abweisung der Klage beantragt (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl 2008, § 47 GKG RdNr 3 mwN). Das ist hier der Fall.

Die Wertfestsetzung nach Ermessen ist hier eröffnet, weil es für Streitigkeiten über die Zulassung eines Pflegeheims zur Versorgung der Versicherten der Pflegekassen (§ 72 SGB XI) bzw über die Entziehung der Zulassung (§ 74 SGB XI) keine im GKG festgelegten pauschalen Streitwerte gibt und es insbesondere nicht um eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt geht (§ 52 Abs 3 GKG). Der Streitwert darf dabei einen Betrag von 2.500.000 Euro nicht überschreiten (§ 52 Abs 4 GKG) und wäre auf 5.000 Euro (Auffangstreitwert) festzusetzen, wenn der Sach- und Streitstand für eine abweichende Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet (§ 52 Abs 2 GKG).

Zur Ermittlung des wirtschaftlichen Interesses eines Klägers bzw einer Klägerin an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen hat der für vertragsärztliche, vertragszahnärztliche und vertragspsychotherapeutische Zulassungsangelegenheiten zuständige 6. Senat des BSG in allen nach dem rechtshängig gewordenen Zulassungsverfahren das Einkommen (Umsatz abzüglich Praxiskosten) von drei Jahren zugrunde gelegt und zur Begründung insbesondere auf die Regelung des § 42 Abs 3 GKG verwiesen, wonach beim Streit um wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis und um andere wiederkehrende Leistungen (auch) vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen für den Streitwert maßgebend sei (vgl Beschluss vom - B 6 KA 41/04 R - SozR 4-1920 § 52 Nr 1). Im Anschluss hieran hat der erkennende 3. Senat seine frühere Rechtsprechung im Interesse der Einheitlichkeit der gerichtlichen Wertfestsetzung modifiziert und geht nun für Zulassungsstreitigkeiten aus dem Bereich der Krankenhäuser, der Reha-Einrichtungen und der nichtärztlichen Leistungserbringer ebenfalls davon aus, dass als Streitwert der Jahresgewinn aus drei Jahren maßgebend ist (vgl Beschluss vom - B 3 KR 36/05 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 2). Dabei gilt die Dreijahresfrist allerdings nur für solche Verfahren, in denen die Zulassung für mindestens drei Jahre streitig ist. Bezieht sich der Anspruch auf einen Zeitraum von weniger als drei Jahren, ist ein entsprechender Abschlag vorzunehmen (so bereits BSG SozR 3-1930 § 8 Nr 4). Der für Streitigkeiten aus der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) zuständige 2. Senat des BSG hat sich dieser Rechtsprechung des 6. und 3. Senats dem Grunde nach angeschlossen und bei einem Streit um die Zuständigkeit eines bestimmten UV-Trägers den dreifachen Jahresbeitrag des UV-Trägers, gegen dessen Zuständigkeit das klagende Unternehmen sich wendet, zugrunde gelegt, mindestens aber den vierfachen Auffangstreitwert (Beschluss vom - B 2 U 31/05 R - SozR 4-1920 § 52 Nr 3).

Diese Grundsätze der Wertfestsetzung sind in Streitigkeiten über die Zulassung von Pflegeeinrichtungen zur Versorgung der Versicherten der Pflegekassen wegen der vergleichbaren Sach-und Interessenlage ebenfalls heranzuziehen. Im vorliegenden Fall geht es indes nicht um eine von der Klägerin begehrte Zulassung nach § 72 SGB XI, sondern um die Abwehr einer von den Beklagten erklärten Zulassungsentziehung nach § 74 SGB XI. Hier sind andere Maßstäbe anzulegen. Bei einem Anteil sozial pflegeversicherter Personen zwischen 95 % (2004) und 86 % (2007) an der Gesamtzahl der Heimbewohner würde der Verlust des Status als zugelassene Pflegeeinrichtung in kurzer Frist zum wirtschaftlichen Zusammenbruch des Pflegeheimes der Klägerin führen. Die finanziellen Folgen einer Zulassungsentziehung sind daher regelmäßig gravierender als bei der Ablehnung eines Zulassungsantrages einer erst noch geplanten bzw noch nicht eröffneten Pflegeeinrichtung. Es erscheint deshalb angemessen, für den Streitwert in Streitigkeiten nach § 74 SGB XI auf den aus der Versorgung sozial pflegeversicherter Personen resultierenden dreifachen Jahresumsatz (statt Jahresgewinn) zurückzugreifen. Durch diesen Maßstab wird zugleich verhindert, das insoweit - sachlich nicht gerechtfertigte - Differenzen zwischen gewinnorientierten privaten Trägern und gemeinnützigen Einrichtungen auftreten. Außerdem wäre es nicht gerechtfertigt, nur vom Regelstreitwert von 5.000 Euro (§ 52 Abs 2 GKG) auszugehen, wenn eine Einrichtung in den letzten drei Jahren vor der Kündigung des Versorgungsvertrages keinen Gewinn erzielt hat.

Da das von der Klägerin betriebene Pflegeheim ab 2004 aus der Versorgung sozial pflegeversicherter Personen Umsätze von jährlich mehr als 2 Millionen Euro erzielt hat (vgl Schriftsatz vom ), war der - sich rein rechnerisch auf 6 Millionen Euro belaufende - Streitwert für das Revisionsverfahren auf den Höchstwert von 2,5 Millionen Euro (§ 52 Abs 4 GKG) festzusetzen.

Fundstelle(n):
YAAAD-02793