Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB II § 20; SGB II § 21 Abs 4; SGB II § 22 Abs 1; SGG § 96 Abs 1; GG Art 1 Abs 1; GG Art 3 Abs 1; GG Art 20 Abs 1
Instanzenzug: LSG Mecklenburg-Vorpommern, L 8 AS 11/05 vom SG Neubrandenburg, S 7 AS 83/05
Gründe
I
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis .
Bei der 1954 geborenen, allein stehenden Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt. Sie bewohnt nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) eine Mietwohnung (46,17 qm) gegen Zahlung einer monatlichen Nutzungsgebühr in Höhe von 157,32 Euro nebst eines Wertverbesserungszuschlags von 10,99 Euro. Nach mehrfach wechselnden Nebenkostenvorauszahlungen im Jahr 2005 zahlte sie ab dem monatliche Abschläge für Betriebskosten in Höhe von 55 Euro sowie Wasser und Heizung in Höhe von 60 Euro.
Bis April 2003 bezog sie Arbeitslosengeld (Alg), zuletzt in Höhe von 42,42 Euro wöchentlich, anschließend Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis zum in Höhe von 36,05 Euro wöchentlich. Daneben erhielt sie bis zum ein monatliches Wohngeld in Höhe von 163 Euro.
In der Zeit vom 1. Januar bis zum und vom 1. Juli bis zum gewährte die Beklagte der Klägerin zunächst Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 585,56 Euro (Regelleistung und Kosten der Unterkunft <KdU>; Bescheide vom 8. November und ; Widerspruchsbescheid vom ; Bescheid vom ). Die Leistungen änderte sie später wegen einer Neuberechnung der KdU mehrfach ab (Bescheide vom 16. Januar, 16. und ).
Für die Zeit vom 1. Januar bis zum bewilligte die Beklagte zunächst ebenfalls Leistungen in Höhe von 585,56 Euro monatlich (Bescheid vom ). Auf den Widerspruch der Klägerin hob sie die Leistungen auf 604,11 Euro an (Regelleistung und KdU abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung <Wwb>) und führte zur Begründung aus, den Angaben des Vermieters (Schreiben vom ) sei zu entnehmen, dass sich für die Zeit ab dem der Anteil der Kosten für die Wwb auf insgesamt 17 % der gesamten Kosten für Heizung und Wasser belaufe. Von der monatlichen Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser in Höhe von 60 Euro sei daher ein Abzug in Höhe von 10,20 Euro veranlasst (Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ).
Die auf höhere Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis gerichtete Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts <SG> vom ). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihren Antrag auf die Änderung des Bescheids vom und auf höhere Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum beschränkt. Insoweit hat das LSG die Klage abgewiesen (Urteil vom ).
In den Entscheidungsgründen ist ua ausgeführt: Streitgegenständlich sei allein der Zeitraum vom 1. Januar bis . Gegenstand des Verfahrens seien zwar zunächst nur die Bescheide betreffend den Zeitraum vom 1. Januar bis gewesen. Die Bescheide hinsichtlich der Folgezeiträume ab dem seien aber analog § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einbezogen worden, sodass die Klägerin den Leistungszeitraum wirksam habe beschränken können. Sie habe in zulässiger Art und Weise von ihrer Dispositionsbefugnis Gebrauch gemacht, nachdem die Beklage sich im Termin verpflichtet habe, entsprechend dem rechtskräftigen Ausgang des Verfahrens die Leistungen auch für die Zeit vom 1. Januar bis neu zu berechnen. Zu entscheiden sei daher nur noch über den Bescheid vom , der den Bescheid vom in vollem Umfang ersetzt habe. Für diesen Zeitraum bestehe kein Anspruch auf höhere Leistungen. Die Beklagte habe die Regelleistung für die allein stehende Klägerin zutreffend mit 331 Euro in Ansatz gebracht und die KdU entsprechend den tatsächlichen Aufwendungen korrekt mit 283,31 Euro berechnet. Nicht zu beanstanden sei, dass die Beklagte hiervon die Kosten der Wwb mit 10,20 Euro in Abzug gebracht habe. Die Kosten der Wwb seien von der Regelleistung abgedeckt, der in der Betriebskostenabrechnung ausgewiesene Realbetrag der Wwb daher abzugsfähig. Da im Zeitpunkt der Bewilligung lediglich die Betriebskostenrechnung für das Jahr 2004 vorgelegen habe, sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte anstelle des Realbetrags für 2004 den relativen Kostenanteil der Wwb an den gesamten Heizkosten (17 %) als Maßstab für die Berechnung der Kosten der Wwb für die Folgezeit übernommen habe. Verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Regelleistung und deren Absenkung in den neuen Bundesländern im hier streitigen Zeitraum bestünden nicht.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt; sie rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des Verfassungsrechts. Entgegen der Ansicht des LSG sei der Abzug eines Kostenanteils für die Wwb in Höhe von 10,20 Euro nicht gerechtfertigt. Die Wwb erfolge in den weit überwiegenden Haushalten über eine zentrale Heizungsanlage, sodass die Abzugsbeträge völlig willkürlich seien. Die Regelsatzhöhe sei weder mit der Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenwürde (Art 1 Abs 1 Grundgesetz <GG>) noch mit dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) zu vereinbaren. Die zusätzliche Absenkung der Regelsatzhöhe in den neuen Bundesländern im streitigen Zeitraum verstoße zudem gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Der Gesetzgeber habe zwischenzeitlich selbst festgestellt, dass die Unterscheidung nicht mehr gerechtfertigt sei. Die Lebensverhältnisse in West und Ost seien aber bereits im streitigen Zeitraum nicht signifikant unterschiedlich gewesen. Da die Regelleistung lediglich das Existenzminimum decke, habe trotz der geringfügigen Betragsunterschiede eine Verpflichtung zur rückwirkenden Angleichung bestanden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom aufzuheben sowie die Bescheide vom bzw in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Januar bis zum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ohne Abzug eines Kostenanteils für die Warmwasserbereitung und unter Zugrundelegung einer höheren Regelleistung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte schließt sich den Ausführungen der Vorinstanz an.
Die Beklagte hat inzwischen die Bewilligung für die Zeit vom 1. Januar bis zum in Höhe von 13,30 Euro monatlich zurückgenommen und die Erstattung überzahlter Leistungen gefordert (Bescheid vom ). Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die von der Klägerin zum angezeigte Mieterhöhung auf 283,31 Euro gar nicht eingetreten sei, weil diese nach Auskunft des Vermieters im November 2005 der Erhöhung widersprochen habe. Tatsächlich hätten die KdU weiterhin 268,31 Euro betragen.
II
Die Revision ist nur zum Teil begründet, im Wesentlichen unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Satz 1 SGG).
Die Klägerin hat Anspruch auf höhere Leistungen im streitigen Zeitraum (hierzu unter 1) nur insoweit, als der von der Beklagten vorgenommene Abzug für Kosten der Wwb den Betrag von 5,97 Euro monatlich überschreitet. Im Übrigen kommen höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht. Insbesondere kann die Klägerin keine höhere Regelleistung verlangen (hierzu unter 2). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Regelleistung bestehen nicht (hierzu unter 3).
1. a) Die geltend gemachten höheren Leistungen sind entsprechend der Bewilligung (Bescheide vom 2. Januar bzw ) auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum begrenzt (§ 41 Abs 1 Satz 1 SGB II). Entgegen der Vorinstanz folgt dies zwar nicht daraus, dass die zugrunde liegenden Bescheide analog § 96 SGG (in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom , BGBl I 444, geltenden Fassung) in das ursprünglich nur den Leistungszeitraum vom 1. Januar bis betreffende Verfahren (Bescheide vom 8. November und , ) einbezogen worden sind.
Die in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate vertreten hierzu die Auffassung, dass die von der Vorinstanz zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Arbeitsförderungsrecht auf Folgebescheide für weitere Leistungszeiträume im SGB II nicht übertragbar ist ( B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3 mwN, stRspr). Die danach fehlerhafte Einbeziehung durch das LSG, welche im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist (vgl insoweit ua die vom LSG genannte Entscheidung des 11a. Senats vom - B 11a/11 AL 57/04 R - SozR 4-1500 § 96 Nr 4), führt aber nicht dazu, dass die Klage gegen den Bescheid vom unzulässig und die Revision schon deshalb unbegründet ist (vgl hierzu BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr 1). Denn stattdessen können die Voraussetzungen einer ersetzenden Klageänderung im Berufungsverfahren (§§ 99 Abs 1, 153 Abs 1 SGG) als gegeben angesehen werden (hierzu BSGE 78, 98 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12).
Entsprechend der Rechtsauffassung des LSG hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung den Streitgegenstand unter Ausschluss der Zeit vom 1. Januar bis auf den Leistungszeitraum vom 1. Januar bis "begrenzt" und die bis dahin - angesichts der geltend gemachten Höhe der begehrten Regelleistung - zulässige Berufung (zu diesem Erfordernis im Rahmen der Klageänderung vgl ) zurückgenommen. Die ersatzweise erhobene Klage, auf die sich die Beklagte ausweislich des Sitzungsprotokolls vom eingelassen hat (§ 99 Abs 2 SGG), ist auch zulässig. Die Zulässigkeit scheitert nicht am fehlenden Vorverfahren (BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr 1; B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 30, zu Ausnahmen BSGE 78, 98 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12; hierzu auch Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl, § 96 RdNr 11e, § 99 RdNr 13a, § 78 RdNr 8a). Denn obwohl das LSG von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht die gesetzlichen Voraussetzungen zum Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht als gegeben angesehen hat, ist das Widerspruchsverfahren durchgeführt und mit Widerspruchsbescheid vom abgeschlossen worden. Nicht ausgeschlossen werden kann nach dem aktenkundigen Verfahrensgang allerdings, dass im Zeitpunkt der Klageänderung am die einmonatige Klagefrist (§ 87 Abs 2 SGG) gegen den am abgesandten Widerspruchsbescheid verstrichen war (zum Erfordernis der Einhaltung der Klagefrist vgl Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl, § 99 RdNr 13a mwN). Für diesen Fall (bei fraglicher Versäumung BSGE 71, 17 = SozR 3-4100 § 103 Nr 8) ist der Klägerin jedoch Wiedereinsetzung zu gewähren (§ 67 SGG). Denn trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung kann es ihr - in der hier noch maßgeblichen Übergangszeit - nicht zum Nachteil gereichen, dass die Rechtsprechung des BSG zur fehlenden Übertragbarkeit der analogen Anwendung des § 96 SGG im Arbeitsförderungsrecht im Zeitpunkt der Klageänderung noch nicht ergangen war (zum Aspekt des Vertrauens auf die Spruchpraxis eines obersten Gerichtshofes vgl BVerfGE 79, 372). Für die geänderte Klage war deshalb abweichend von § 29 SGG das LSG nach §§ 99, 153 Abs 1 SGG erstinstanzlich zuständig. Die restriktive Handhabung des § 99 SGG durch den 4. Senat ( = SozR 3-1500 § 29 Nr 1 im Anschluss ua an BGH NJW 1994, 3358 für den Fall eines Beteiligtenwechsels), wonach die Klageänderung voraussetzt, dass die Beseitigung der erstinstanzlich hervorgerufenen Beschwer in der Berufungsinstanz (zumindest teilweise) weiterverfolgt wird, ist jedenfalls in Fallkonstellationen der vorliegenden Art bei fortwirkender Beschwer - Berufungsrücknahme nach vorheriger verbindlicher Erklärung der Beklagten zur Neuberechnung der ursprünglich streitigen Leistungen nach Abschluss des Verfahrens hinsichtlich der ersatzweise erhobenen Klage - nicht gerechtfertigt (vgl auch Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl, § 29).
b) Streitgegenständlich sind danach die Bescheide vom 2. Januar bzw in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom , mit der es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin Leistungen von mehr als 604,11 Euro monatlich zu gewähren. Nicht in das Verfahren einbezogen ist der während des laufenden Revisionsverfahrens ergangene und die Bewilligung teilweise zurücknehmende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom . Dieser gilt nach Maßgabe des § 171 Abs 2 SGG als beim SG angefochten. Eine weitergehende Beschränkung des prozessualen Anspruchs kommt dagegen nicht in Betracht. Bei einem Streit um höhere Leistungen sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen ( B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3; B 11b AS 29/06 R; zu Ausnahmen bei KdU B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 - SozR 4-4200 § 22 Nr 1; B 14/11b AS 5/07 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 1; B 14/7b AS 62/06 R, ausdrücklich offengelassen in B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3).
2. Die Klägerin hat Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe von 3,89 Euro monatlich. Weitergehende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat die Vorinstanz dagegen zu Recht verneint. Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2954) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Nach den verbindlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Klägerin im streitigen Zeitraum jedenfalls in keinem über den jetzt zuerkannten Umfang hinausgehenden Ausmaß hilfebedürftig. Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln, hierin einbezogen das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Der Grundsicherungsbedarf einschließlich des Unterkunftsbedarfs ist den einschlägigen Regelungen (§§ 19 ff SGB II) zu entnehmen. Nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II (Alg II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der KdU. Der Anspruch der Klägerin auf Alg II setzt sich aus der Regelleistung (§ 20 SGB II) und den nach § 22 SGB II zu berücksichtigenden Leistungen für Unterkunft und Heizung zusammen.
a) Die Regelleistung in den hier interessierenden neuen Bundesländern für allein stehende Hilfebedürftige ist - gegenüber der in den alten Bundesländern einschließlich Berlin (Ost) maßgeblichen Regelleistung von 345 Euro um 14 Euro niedriger - auf monatlich 331 Euro festgelegt (§ 20 Abs 2 SGB II idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom , BGBl I 558, am ). Hiervon ist die Beklagte bei ihrer Berechnung ausgegangen. Behinderungsbedingter Mehrbedarf kann schon mangels der in § 21 Abs 4 SGB II vorausgesetzten Leistungen (vgl hierzu auch Urteil des erkennenden Senats vom - B 11b AS 19/07 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) bzw des in § 30 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII) vorausgesetzten Merkzeichens "G" nicht geltend gemacht werden.
b) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Wohnt der Arbeitsuchende zur Miete, sind hiervon regelmäßig die Grundmiete und die Neben- und Heizkosten umfasst. Neben der Nutzungsgebühr hat die Beklagte deshalb auch die geltend gemachten Neben- und Heizkosten übernommen. Nach den Feststellungen des LSG sind dies insgesamt und rechnerisch korrekt monatlich 283,31 Euro.
aa) Die anderweitigen Feststellungen zur Miete (268,31 Euro statt 283,31 Euro) im Aufhebungsbescheid vom , der insoweit Gegenstand eines gesonderten Verfahrens ist (§ 171 Abs 2 SGG, s oben unter 1b), sind nicht zugleich mit Hilfe einer zulässigen Gegenrüge der Beklagten (hierzu Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl, § 170, RdNr 4a) in das Revisionsverfahren eingeführt worden. Das Verhältnis von § 171 Abs 2 SGG und Gegenrüge ist - soweit ersichtlich - bisher in der Rechtsprechung und Literatur nicht näher beleuchtet worden. Unbeschadet dessen setzt die nach ständiger Rechtsprechung zulässige Gegenrüge (BSG SozR 3-4100 § 64 Nr 3, BSGE 88, 96 = SozR 3-3800 § 2 Nr 10; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 5; B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; vgl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl, IX, RdNr 342 sowie Rudisile DVBl 1988, 1135 ff) eine Rüge von Verfahrensmängeln voraus. Den Vorwurf verfahrensfehlerhafter getroffener tatsächlicher Feststellungen infolge mangelhafter Sachverhaltsaufklärung (vgl § 103 SGG) erhebt die Beklagte indessen im Revisionsverfahren nicht. Sie verweist lediglich zur Begründung ihres Aufhebungsbescheids darauf, dass sie den Widerspruch der Klägerin gegen die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen selbst erst nach Abschluss des Berufungsverfahrens bei Gelegenheit eines Telefonats im Dezember 2006 in Erfahrung gebracht habe. Die Feststellungen des LSG zur Miete (283,31 Euro) sind daher verbindlich (§ 163 SGG).
bb) Von den Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Kosten durfte die Beklagte einen Pauschalabzug für Wwb vornehmen, indessen nicht in Höhe von 17 % der tatsächlichen Kosten der Wwb für das Jahr 2004 oder beziffert 10,20 Euro. Der Gesetzgeber führt zwar mit der Neufassung des § 20 Abs 1 Satz 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom (BGBl I 1706) nunmehr die Haushaltsenergie (Kochfeuerung, Wwb und Beleuchtung) klarstellend als Bestandteil der Regelleistung auf (BT-Drucks 16/1410 S 32), welche sich aus der auf den Stand hochgerechneten Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 ergibt (BT-Drucks 15/1516 S 56). Daraus ergibt sich die grundsätzliche Abzugsfähigkeit der Kosten für Wwb im Rahmen der KdU. Der pauschale und nicht näher bezifferbare Anteil für Kosten der Wwb (vgl BR-Drucks 206/04 S 7) beträgt danach jedoch schätzungsweise lediglich 30 % des auf die Haushaltsenergie entfallenden Anteils (vgl hierzu auch BT-Drucks 16 <11> 286 S 10) der Regelleistung. Das sind im streitigen Zeitraum 6,22 Euro ausgehend von der Regelleistung West in Höhe von 345 Euro und einem aus der EVS 1998 (19,34 Euro) fortgeschriebenen und hochgerechneten Anteil für Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 Euro. Der Anteil an der Regelleistung Ost (in Höhe von 331 Euro) beträgt dementsprechend 5,97 Euro ( B 14/11b AS 15/07 R; B 11b AS 23/06 R, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Der von der Beklagten in Abzug gebrachte Betrag in Höhe von 10,20 Euro überschreitet den maßgeblichen Pauschbetrag somit um 4,23 Euro monatlich. Ein vom Pauschbetrag abweichender konkreter Verbrauch (hierzu die Entscheidungen vom und , aaO) ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin hat im Bewilligungszeitraum allein pauschalierte Vorauszahlungen für Heizkosten ohne nähere Aufschlüsselung nach Heizung und Warmwasser entrichtet. Die gegenteiligen Berechnungen der Beklagten, zuletzt im Schriftsatz vom , sind - wie nicht zuletzt die aktenkundige Neuberechnung der KdU für das Jahr 2005 exemplarisch zeigt - Wahrscheinlichkeitsberechnungen.
Unter Berücksichtigung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II (hierzu näher Urteil des erkennenden Senats vom , aaO) hat die Klägerin danach zusammenfassend Anspruch auf monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 608 Euro (331 Euro + 277,34 Euro <283,31 - 5,97> = 608,34 Euro). Zuerkannt sind bisher 604,11 Euro. Die Differenz zugunsten der Klägerin beträgt somit 3,89 Euro monatlich.
c) Ein zusätzlicher Zuschlag nach § 24 SGB II kommt entgegen der von der Klägerin im Berufungsverfahren geäußerten Meinung nicht in Betracht, da sich - abgesehen vom zwischenzeitlichen Ablauf der kalendarischen Zwei-Jahres-Frist ab dem Tag nach dem Ende des Alg-Bezugs - kein zuschlagsfähiger Differenzbetrag zugunsten der Klägerin zwischen dem zuletzt 2003 bezogenen Alg (183,82 Euro) zuzüglich Wohngeld (163 Euro) einerseits und dem im ersten Halbjahr 2006 zu zahlenden Alg II (608 Euro) andererseits ergibt.
3. Die von den Revisionsklägern geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzliche Festlegung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem teilt der Senat nicht.
a) Der Senat konnte sich auch hinsichtlich des hier streitigen Zeitraums nicht davon überzeugen, dass die Abschaffung der Alhi durch Art 3 und 61 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) sowie die stattdessen erfolgte Einführung des Alg II durch das SGB II ab gegen höherrangiges Recht verstößt und die in § 20 Abs 2 SGB II gesetzlich festgelegte Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts verfassungswidrig zu niedrig ist. Insoweit wird auf die Ausführungen des erkennenden Senats in seiner Entscheidung vom - B 11b AS 1/06 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 3 verwiesen, der sich der 14. Senat angeschlossen hat ( B 14/11b AS 59/06 R; B 14/7b AS 62/06 R; ; vgl auch ; offen gelassen in B 7b AS 4/06 R).
b) Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vom Gesetzgeber zunächst vorgenommene und später zum durch das Gesetz vom (aaO) aufgehobene Absenkung der Regelleistung in den neuen Bundesländern hat der Senat ebenfalls nicht (so bereits B 14/7b AS 42/06 R; B 11b AS 23/06 R <zur Veröffentlichung vorgesehen>; ferner Urteil des erkennenden Senats vom - B 11b AS 45/06 R). Weder die gesetzliche Anordnung eines Leistungsgefälles noch die in Anlehnung an § 28 Abs 2 Satz 3 SGB XII festgelegte Betragsdifferenz von 14 Euro lassen einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erkennen (so aber insbes Rothkegel in Gagel, SGB II, § 20 RdNr 60 ff).
Dieses Grundrecht ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 98, 1 = SozR 3-5755 Art 2 § 27 Nr 1 mwN). Der Gesetzgeber hat aber gerade bei der Gewährung von Sozialleistungen, die - wie hier bei den Leistungen zur Grundsicherung - an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 100, 195, 205; BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4).
Die Regelleistung ergibt sich - wie der Senat in seiner Entscheidung vom (aaO) ausgeführt hat - aus der vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt erhobenen Auswertung der EVS 1998. Hieran durfte sich der Gesetzgeber des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (aaO) im Gesetzgebungsverfahren im Jahre 2003 orientieren und die Regelleistung in den neuen Bundesländern in Anlehnung an die Absenkungsvorschrift des § 28 Abs 2 Satz 3 SGB XII (vgl BT-Drucks 15/1516 S 56; BT-Drucks 15/1514 S 59) um 14 Euro reduzieren. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ging in seiner Entscheidung vom - 2 BvL 3/00 (BVerfGE 107, 218) zur niedrigeren Besoldung für Beamte, Richter und Soldaten in den neuen Ländern noch 13 Jahre nach der Vereinigung von unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen in den alten und neuen Ländern sowie von erheblichen Unterschieden des diese Verhältnisse und den allgemeinen Lebensstandard prägenden Preis- und Lohnniveaus und der sonstigen Rahmenbedingungen aus. Die anschließend im Zwischenbericht des Ombudsrats vom enthaltene Empfehlung einer Angleichung der Regelleistung hat der Gesetzgeber aufgegriffen und nach - unvermeidlichen Verzögerungen im Zuge des Wechsels von der 15. zur 16. Legislaturperiode - zum eine einheitliche Regelleistung eingefügt. Eine durchgreifende Fehleinschätzung des Gesetzgebers bzw Missachtung der Grenzen seines Gestaltungsspielraums lassen sich vor diesem Hintergrund trotz des - beanstandeten - ggf lückenhaften Datenmaterials weder in der Sache noch im zeitlichen Ablauf feststellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; die Kostenverteilung orientiert sich am Prozessergebnis sowie der Sach- und Rechtslage.
Fundstelle(n):
VAAAD-02781