Kraftstoffbehälter eines Fahrzeugs als Hauptbehälter i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG
Gesetze: MinöStG § 19 Abs. 2
Instanzenzug: VM
Gründe
I. Anlässlich einer Kontrolle auf einem Rastplatz der Bundesautobahn A 2 stellten Beamte des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt —HZA—) fest, dass der auf die Arbeitgeberin des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) in der Tschechischen Republik zugelassene LKW mit zwei Kraftstofftanks ausgestattet war. In einem der beiden Tanks befanden sich insgesamt 300 Liter Dieselkraftstoff. Der von der X-AG hergestellte LKW verfügte ursprünglich über lediglich einen serienmäßig eingebauten Kraftstofftank. Eine in Italien ansässige Firma hatte den LKW zu einem Kraftfahrzeugtransporter mit zwei Ladedecks umgebaut. Im Rahmen des Umbaus wurden zwei neue Kraftstofftanks mit einem Fassungsvermögen von 600 Liter und 300 Liter eingebaut. Mit der Begründung, dass es sich bei dem Kraftstofftank mit einem Fassungsvermögen von 300 Litern nicht um einen Hauptbehälter i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 3 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) handle, setzte das HZA mit Bescheid vom 145,71 € Mineralölsteuer fest. Einspruch und Klage gegen den Steuerbescheid hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die Mineralölsteuer für den Dieselkraftstoff nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 MinöStG 1993 entstanden sei. Der Dieselkraftstoff sei aus der Tschechischen Republik zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht worden. Auf die Steuerbefreiung des § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 könne sich der Kläger nicht berufen. Hersteller des LKW sei die X-AG gewesen, die das Fahrzeug serienmäßig nur mit einem Kraftstofftank ausgerüstet habe. Durch den Umbau werde das italienische Unternehmen nicht zum Hersteller i.S. von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 —EnergieStRL— des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51). Danach könnten nur die vom Hersteller für alle Kraftfahrzeuge desselben Typs fest eingebauten Behälter als Hauptbehälter angesehen werden. Ein Karosseriebauer, der einen LKW nach den individuellen Wünschen des Kunden mit einem entsprechenden Aufbau versehe, sei daher kein Hersteller. Dieses Verständnis habe auch der zu Art. 112 Abs. 1 a der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 (VO Nr. 918/83) des Rates vom über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 105/1) ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. C-247/97 (Slg. 1998, I-8095) zugrunde gelegen.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob bei zutreffender Anwendung von Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils in Slg. 1998, I-8095, im Streitfall ein einheitlicher Hauptbehälter vorliege, dessen Inhalt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 steuerbefreit sei. Das vom FG zitierte EuGH-Urteil betreffe einen anderen Sachverhalt. Zudem habe das FG seiner Entscheidung einen gemeinschaftsrechtswidrigen Herstellerbegriff zugrunde gelegt. Die Anwendung eines engen Herstellerbegriffs werde der arbeitsteiligen Herstellung von Spezialfahrzeugen nicht gerecht. Zu klären sei daher die Frage, ob die vom italienischen Unternehmen bauartgleich hergestellten Autotransporter üblicherweise mit einer Tankanlage versehen werden, die der Anlage des streitbefangenen LKW gleiche. Da die streitentscheidende Rechtsfrage von den Hauptzollämtern in den Bundesländern unterschiedlich beantwortet werde, sei die Revision auch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten. Es hält die Beschwerde für unzulässig.
II. 1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger aufgeworfenen Frage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Streitigkeiten, deren Entscheidung maßgeblich von der Beurteilung der tatsächlichen Besonderheiten des konkreten Streitfalls abhängt, sind daher nicht grundsätzlich bedeutsam (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt der vom Kläger aufgeworfenen Frage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ob ein Kraftstoffbehälter eines Fahrzeugs als Hauptbehälter i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 angesehen werden kann, ist in der Regel eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung von den konkreten Umständen des jeweiligen Streitfalls abhängt. Dabei kommt es entscheidend auf die Art, den Typ und die Nutzung des Fahrzeugs, auf den jeweiligen Hersteller, die Herstellungsvorgänge und auf die vom Hersteller für alle Fahrzeuge desselben Typs vorgesehene serienmäßige Ausstattung an. Eine generelle Aussage, die für alle Modalitäten der Herstellung, alle denkbaren Fahrzeugarten und alle zum Einbau vorgesehenen Fahrzeugtanks Geltung beanspruchen könnte, lässt sich nicht treffen. Dies räumt auch die Beschwerde ein, denn sie begehrt die Beantwortung der Frage, ob nach den gesetzlichen und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben im vorliegenden Fall von einem einheitlichen Hauptbehälter auszugehen sei.
2. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL den zollrechtlichen Vorschriften —insbesondere Art. 112 Abs. 1 und 2 c VO Nr. 918/83— nachgebildet worden ist, so dass die Rechtsprechung des EuGH zum zollrechtlichen Begriff des Hauptbehälters zur Auslegung von Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL ergänzend herangezogen werden kann. In der vom FG in Bezug genommenen Entscheidung des EuGH in Slg. 1998, I-8095, hat dieser ausgeführt, dass der eng auszulegende Befreiungstatbestand des Art. 112 Abs. 1 VO Nr. 918/83 keine Anwendung auf Behälter finden könne, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden seien. Dies gelte selbst dann, wenn in der Praxis eine Aufgabenverteilung vorgenommen werde, bei der der Karosseriebauer —auch bei der Erstausstattung des Fahrzeugs mit einer Tankanlage— als Vertreter des Herstellers angesehen werden könnte. Eine Differenzierung hinsichtlich des Teils des Beförderungsmittels, an dem der Tank angebracht wird (Fahrzeug, Anhänger oder Container), hat der EuGH nicht vorgenommen, so dass die vom EuGH gezogenen Schlussfolgerungen auf den Streitfall übertragen werden können. Das FG hat zutreffend entschieden, dass unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung im Streitfall nicht von einem Hauptbehälter i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 ausgegangen werden kann. Die Rechtslage ist nach Auffassung des Senats eindeutig, so dass auch aus diesem Grund eine Zulassung der Revision nicht in Betracht kommt. Das vom Kläger vorgelegte Schreiben des HZA B vermag nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 219 Nr. 2
CAAAD-02650