Antrag auf Prozesskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist
Gesetze: FGO § 142, FGO § 120, FGO § 56
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Antragstellerin (Antragstellerin), eine sich in Liquidation befindende GmbH, war unternehmerisch tätig. Im Rahmen ihres Unternehmens vermittelte sie Mobilfunkverträge zwischen Verbrauchern und Netzbetreibern. Hierfür sowie für die mit der Vertragsvermittlung verbundenen Beratungs- und Betreuungsleistungen erhielt sie von den Netzbetreibern im Jahr 2003 Provisionen in Höhe von . € und im Jahr 2004 in Höhe von . €. Sie hat in dieser Zeit Handys eingekauft und diese an Verbraucher im eigenen Namen unentgeltlich abgegeben, wenn sie Mobilfunkverträge mit den Netzbetreibern abgeschlossen haben. Aus den hierfür erhaltenen Eingangsrechnungen machte sie den Vorsteuerabzug geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beurteilte nach einer Außenprüfung die unentgeltliche Abgabe der Handys an Verbraucher als eine nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerbare und steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe und setzte hierfür aufgrund geschätzter Beträge Umsatzsteuer fest.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. In seinem Urteil hat das Finanzgericht (FG) die Revision zugelassen.
Innerhalb der Frist zur Einlegung der Revision hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Ihrem Antrag hat sie eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO— i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung —ZPO—).
II. Der Antrag auf PKH ist unbegründet.
1. Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Beantragt eine inländische juristische Person oder eine parteifähige Vereinigung PKH, so kann dem nur stattgegeben werden, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
a) Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie, die Antragstellerin, ihre Revision nicht entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des FG innerhalb der Frist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO eingelegt hat und diese deshalb unzulässig ist. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) wegen der Versäumnis dieser Frist liegen nicht vor.
aa) Zwar besteht, wenn ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Einlegung eines Rechtsmittels in einem finanzgerichtlichen Verfahren verfügt, die Möglichkeit zu einer wirksamen fristgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittellosigkeit gemäß § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. Hierzu muss der Rechtsmittelführer, wenn es sich, wie im Streitfall, um eine inländische juristische Person handelt, beim Rechtsmittelgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist den Antrag auf PKH stellen und zudem unter Beifügung entsprechender Belege gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO darlegen, dass die Kosten der Rechtsverfolgung weder von ihm noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom V S 16/93, BFH/NV 1995, 332; vom I S 6/98, BFH/NV 2000, 65; vom VII S 2/99, BFH/NV 2000, 433). Geschieht dies nicht, kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden (vgl. z.B. , BFH/NV 1997, 896, m.w.N.).
b) Im Streitfall hat die Antragstellerin zwar innerhalb der Rechtsmittelfrist PKH beantragt und ihrem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Sie hat es jedoch versäumt, außerdem eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten einzureichen (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 116 Satz 1 Nr. 2, 117 Abs. 2 und 4 ZPO). Ebenfalls fehlt es an den zusätzlich vorgeschriebenen Darlegungen gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Gründe, aus denen sich ergibt, dass die anwaltlich vertretene Antragstellerin ohne ihr Verschulden gehindert war, diesen Erfordernissen innerhalb der Frist für die Einlegung der Revision zu entsprechen, sind weder vorgetragen noch erkennbar. Insbesondere wird ihr Verschulden nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Belehrung über eine Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO nicht erfolgt ist (vgl. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 426; , nicht veröffentlicht; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 56 Rz 20 unter Stichwort „Armut (Prozesskostenhilfe)”, m.w.N.). Denn das Versäumnis der anwaltlich vertretenen Antragstellerin, das bei zumutbarer Sorgfalt vermeidbar gewesen wäre, ist ihrem eigenen Verantwortungsbereich zuzurechnen.
Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ihr bei Einlegung eines formgerechten Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.
2. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO, § 1 Nr. 3 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).
Fundstelle(n):
IAAAD-02635