BFH Beschluss v. - IV B 127/07

Recht des Filmherstellers handelsrechtlich ein immaterieller Vermögensgegenstand und steuerrechtlich ein immaterielles Wirtschaftsgut; Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz; Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung durch das FG; Übernahme von Feststellungen eines strafgerichtlichen Urteils

Gesetze: EStG § 5 Abs. 1, EStG § 5 Abs. 2, UrhG § 94, FGO § 76, FGO § 128 Abs. 3

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist ein geschlossener Medienfonds in der Rechtsform einer 2002 gegründeten gewerblich geprägten GmbH & Co. KG. Das Geschäftsmodell sah vor, dass der Fonds internationale Kinofilme im Wege der so genannten unechten Auftragsproduktion erstellen und verwerten lassen sollte. Mit der Herstellung der Filme sollten Produktionsdienstleister beauftragt werden, die im Rahmen eines genehmigten Budgets alle branchenüblichen Dienstleistungen zur Fertigstellung des Films zu erbringen hatten. Sämtliche Rechte sollten dem Fonds zustehen. Zur Sicherung der Fertigstellung war der Produktionsdienstleister verpflichtet, eine Fertigstellungsgarantie abzuschließen.

Die Verwertung der Filme sollte durch einen Lizenznehmer erfolgen, der sich in einem Lizenzvertrag zum weltweiten Vertrieb der Filmrechte verpflichtete. Dem Lizenznehmer standen in Abhängigkeit von dem Verhältnis der Nettoerlöse zu den Produktionskosten prozentuale Anteile an den Nettoerlösen zu. Allerdings war der Lizenznehmer verpflichtet, die Vertriebs- und Verwertungsverträge so abzuschließen, dass an den Fonds bei seinem Auslaufen im Jahr 2014 Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 100 % des Anteils des Fonds an den Produktionskosten zu leisten sein sollten. Zur Sicherung dieser Verpflichtung war eine befreiende Schuldübernahme durch die X-Bank vereinbart. Die Bank verlangte dazu die Einzahlung des Barwerts der vom Lizenznehmer zu leistenden Schlusszahlung.

Die Einhaltung sämtlicher Verpflichtungen war durch einen Mittelverwendungskontrolleur zu überwachen. Nettoerlöse während der Laufzeit des Fonds sollten erneut in der Produktion von Filmen angelegt werden. Ab dem fünften Jahr war eine Vorabgewinnausschüttung von 8 % des anfänglichen eingesetzten Eigenkapitals vorgesehen.

Der Fonds warb damit, dass durch die vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere die Schlusszahlung des Lizenznehmers, 100 % des gezeichneten Kommanditkapitals ohne Agio bei Ablauf des Fonds nach neun Jahren garantiert zurückgezahlt würden.

In steuerlicher Hinsicht stellte der Fonds im Jahr der Zeichnung eine Verlustzuweisung von 104,5 % des Kommanditkapitals in Aussicht. Neben den vom dritten Jahr an projektierten Vorabgewinnausschüttungen war im Jahr des Auslaufens des Fonds ein Veräußerungsgewinn von 168,98 % des Kommanditkapitals vorgesehen. Für seine Modellrechnungen bezog sich der Fonds auf das (BStBl I 2001, 175, so genannter Medienerlass). Er sah sich als Hersteller und wirtschaftlicher Eigentümer der Filmrechte an und ging davon aus, dass sämtliche Kosten für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aufgewendet würden, für die nach § 248 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Aktivierungsverbot gelte.

Für das Streitjahr (2004) hatte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß einen Gewinnfeststellungsbescheid, einen Gewerbesteuermessbescheid und einen Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den erlassen. Nach einer Steuerfahndungsprüfung kam das FA zu dem Ergebnis, dass der Fonds abweichend von dem Emissionsprospekt nur 20 % der budgetierten Produktionskosten für die Filmproduktion verwendet habe. In Höhe von 80 % des Budgets seien die Zahlungen des Fonds mittelbar über die Konten von Produktionsdienstleister und Lizenznehmer bei der Bank zur Absicherung des Kommanditkapitals angelegt worden. Der Fonds könne deshalb einen Betriebsausgabenabzug in Höhe der verdeckten Kapitalanlagen nicht beanspruchen. Entweder habe es sich bei den Produktions- und Lizenzverträgen insoweit um Scheingeschäfte gehandelt, weil die betreffenden Unternehmen tatsächlich als Agent und Finanzdienstleister tätig geworden seien. Oder aber es handele sich um einen Gestaltungsmissbrauch, soweit bei einigen Projekten tatsächlich Vertragspartner mit Produktion und Vertrieb der Filme betraut gewesen seien.

Das FA erließ deshalb auf der Grundlage des Fahndungsprüfungsberichts unter dem einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2004. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden darin auf -. € festgestellt. In gleicher Weise ergingen ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid sowie ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den .

Gegen sämtliche Bescheide erhob die Antragstellerin Einspruch und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung (AdV). Über die Einsprüche ist noch nicht entschieden. Die Anträge auf AdV lehnte das FA mit Bescheid vom ab.

Die Antragstellerin beantragte daraufhin am beim Finanzgericht (FG) die AdV des geänderten Gewinnfeststellungsbescheids und des geänderten Bescheids über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes. Das FG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 8 V 1835/07 ab und ließ die Beschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) zu.

Mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren nach AdV des Gewinnfeststellungsbescheids weiter. Das FG habe zu Unrecht angenommen, dass die Zahlungen das Betriebsvermögen nicht gemindert hätten. Weder hätte bei Beurteilung der Filme als Anlagevermögen eine Anzahlung bilanziert werden müssen noch scheitere das Bilanzierungsverbot daran, dass die Filme Umlaufvermögen seien.

Die Antragstellerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid vom über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2004 bis einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung in dem gegen den Bescheid anhängigen Einspruchsverfahren ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Es trägt vor, an der Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Feststellungsbescheids bestünden keine ernstlichen Zweifel. Das Ergebnis der Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts sei durch das Strafurteil des Landgerichts A (LG) vom bestätigt worden.

II. Die Beschwerde ist begründet. Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird das Verfahren an das FG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen.

a) Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. , BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. , BFHE 183, 174, m.w.N.).

b) Die Entscheidung über einen Antrag auf AdV ergeht wegen dessen Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismitteln ergibt (, BFH/NV 1995, 116). Aus diesen Unterlagen hat das Gericht seine Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen. Im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FG hat der BFH als Tatsachengericht grundsätzlich selbst die Befugnis und Pflicht zur Tatsachenfeststellung (BFH-Beschlüsse vom VII B 60/66, BFHE 95, 84, BStBl II 1969, 318; vom VII B 97/87, BFH/NV 1988, 374; vom IV B 100, 101/07, BFH/NV 2008, 1177). Diese Pflicht steht jedoch einer Zurückverweisung des Verfahrens zur ergänzenden Tatsachenfeststellung durch das FG nicht entgegen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die Feststellungen besser durch das FG getroffen werden können und die besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf AdV der Zurückverweisung nicht entgegensteht. Die Zurückverweisungsbefugnis folgt aus §§ 132, 155 FGO i.V.m. § 572 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) und ist Ausfluss eines tragenden Grundprinzips des Instanzenzuges, nämlich der Aufteilung der Rechtsprechungsfunktionen unter den Gerichten. Als Revisions- und Beschwerdegericht hat der BFH in erster Linie die Aufgabe, die Entscheidungen der Finanzgerichte zu überprüfen, wohingegen die Finanzgerichte dem Rechtsuchenden den ersten Zugang zum Richter zu bieten haben. Sie können diese Aufgabe in der Regel auch schneller und effektiver erfüllen (BFH-Beschlüsse vom VII B 18/80, BFHE 131, 12, BStBl II 1980, 657; vom V B 143/97, BFH/NV 1999, 221; vom V B 124/01, BFH/NV 2002, 549).

2. Dem Senat stehen nur die aktenkundigen Tatsachen aus dem Besteuerungsverfahren als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung, nachdem das FG selbst seinem Beschluss keinerlei Feststellungen zu entscheidungserheblichen Tatsachen vorangestellt, sondern lediglich auf den Steuerfahndungsbericht, das von der Antragstellerin vorgelegte Rechtsgutachten, die Verfahrensakten sowie die Schriftsätze im Aussetzungsverfahren verwiesen hat. Auf der Grundlage dieser Unterlagen kann der Senat selbst unter den Bedingungen eines summarischen Verfahrens keine abschließende Entscheidung darüber treffen, ob zur AdV ausreichende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids bestehen.

a) In tatsächlicher Hinsicht bedarf es näherer Feststellungen, welchen Inhalt die von der Antragstellerin mit ihren Vertragspartnern geschlossenen Verträge hatten. Dem Senat liegen die geschlossenen schriftlichen Verträge nicht vollständig vor. In den Verfahrensakten finden sich einzelne Verträge sowie Zusammenstellungen und Auszüge aus anderen Verträgen. Dem Senat fehlen deshalb die Grundlagen für eine Entscheidung der Frage, ob bei vertragsgemäßem Verhalten die Geschäftstätigkeit des Fonds als Produktion von Filmen im Wege der unechten Auftragsproduktion zu beurteilen sein würde, weil der Fonds selbst Hersteller der zu erstellenden Filme i.S. des § 94 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) werden sollte.

b) Selbst wenn von einer unechten Auftragsproduktion ausgegangen werden könnte, lässt sich ohne nähere Feststellungen nicht beurteilen, welche Auswirkungen auf den Gewinn der Antragstellerin die an Produktionsdienstleister geleisteten Beträge haben mussten. Eine Gewinnminderung durch die Produktionskosten wird zwar möglicherweise dadurch kompensiert, dass für den entstehenden Film in gleicher Höhe ein Aktivposten zu bilanzieren ist. Die vorliegenden Akten gestatten es jedoch nicht, zumindest summarisch die Erfüllung der Voraussetzungen für einen solchen Aktivposten zu bejahen.

aa) Der beschließende Senat kann dem FG nicht in der Auffassung folgen, die von der Antragstellerin produzierten Filme seien dem Umlaufvermögen zuzuordnen, so dass das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG nicht greift.

aaa) Das Recht des Filmherstellers nach § 94 UrhG ist handelsrechtlich ein immaterieller Vermögensgegenstand und steuerrechtlich ein immaterielles Wirtschaftsgut (, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320, m.w.N.). Ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darf aber nach § 5 Abs. 2 EStG (ebenso § 248 Abs. 2 HGB) nur bilanziert werden, wenn es entgeltlich erworben wurde. Ein selbst geschaffenes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darf nicht bilanziert werden. Dementsprechend wird die Minderung des Betriebsvermögens durch die Kosten für die Schaffung des Wirtschaftsguts nicht durch einen Aktivposten kompensiert. Auf diesem Effekt beruht das den Anlegern von der Antragstellerin vorgestellte Geschäftskonzept.

bbb) Zum Anlagevermögen gehören nach der Rechtsprechung des BFH in Anlehnung an § 247 Abs. 2 HGB alle Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauerhaft zu dienen. Umlaufvermögen sind demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. etwa Urteil vom IV R 15/04, BFH/NV 2006, 1267, m.w.N.). Die Zuordnung orientiert sich danach maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb. Ein Wirtschaftsgut ist dabei nicht deshalb dem Umlaufvermögen zuzuordnen, weil von Anfang an beabsichtigt ist, es vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer wieder zu veräußern. Dem Betrieb dient ein solches Wirtschaftsgut bereits dann dauernd, wenn es längerfristig im Betrieb genutzt wird.

ccc) Die Leistungsschutzrechte eines Filmherstellers sind regelmäßig Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, insbesondere dann, wenn Filme zur lizenzmäßig zeitlich und örtlich begrenzten Überlassung bestimmt sind. Anders hat der BFH den Fall beurteilt, dass die Schutzrechte einem Dritten vollständig und endgültig überlassen werden (BFH-Urteil in BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320). So verhält es sich bei einer echten Auftragsproduktion, bei der die Rechte aus § 94 UrhG zwar wie bei der unechten Auftragsproduktion in der Person des Produzenten entstehen, aber dazu bestimmt sind, alsbald und endgültig in einem einmaligen Akt auf den Auftraggeber überzugehen. Derartige Schutzrechte werden dem Umlaufvermögen zugeordnet.

Das FG will auch in Fällen der unechten Auftragsproduktion eine Zuordnung zum Umlaufvermögen vornehmen, wenn der Hersteller seine Rechte an dem Film zwar nicht vollständig und endgültig abgibt, aber doch so langfristig zur Auswertung überlässt, dass eine Anschlussverwertung voraussichtlich nur noch einen sehr geringen wirtschaftlichen Wert haben wird. Der beschließende Senat neigt dieser Beurteilung nicht zu, weil sich Umlaufvermögen durch die Zweckbestimmung zum sofortigen Verkauf auszeichnet, die Nutzung der Schutzrechte im Betrieb durch Vergabe von Lizenzen aber gerade einen längeren Zeitraum betrifft.

Die Auffassung des FG kann aber im Übrigen schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie auf unzureichender Tatsachengrundlage gebildet worden ist. Denn es ist streitig, ob die von der Antragstellerin produzierten Filme nach Ablauf der Lizenzierung voraussichtlich keinen oder nur noch einen geringen wirtschaftlichen Wert haben werden, worauf das FG ohne diesbezügliche Tatsachenfeststellungen abhebt.

bb) Eine die Produktionskosten kompensierende Erhöhung des Betriebsvermögens würde sich allerdings dann ergeben, wenn ein Aktivposten für geleistete Anzahlungen zu bilden wäre. Auch insoweit gestatten die bisherigen Tatsachenfeststellungen noch keine Entscheidung.

aaa) Nach § 266 Abs. 2 HGB sind Anzahlungen auf materielle und immaterielle Anlagegüter als Aktivposten in der Handelsbilanz und damit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz auszuweisen. Als Anzahlungen werden nach der Rechtsprechung des BFH Vorleistungen auf eine zu erbringende Lieferung oder Leistung behandelt, die auch in einer Dienstleistung bestehen kann (vgl. z.B. , BFHE 119, 468, BStBl II 1976, 675, und vom III R 179/82, BFHE 146, 541, BStBl II 1986, 669). Auch Einmalzahlungen können Anzahlungen darstellen (vgl. , BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312).

bbb) Die Beantwortung der Frage, ob die von der Antragstellerin geleisteten Zahlungen an Produktionsdienstleister als Anzahlungen zu qualifizieren sind, setzt eine genaue Analyse der mit den Produktionsdienstleistern geschlossenen Verträge voraus, die dem Senat nicht vollständig vorliegen.

Sollte sich nach detaillierter Prüfung ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Aktivierung von Anzahlungen gegeben sind, müsste weiter entschieden werden, ob sich das Bilanzierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG auf die Bilanzierung einer Anzahlung erstreckt.

cc) Eine Erhöhung des Betriebsvermögens wäre auch dann zu berücksichtigen, wenn sich aus dem Rechtsverhältnis der Antragstellerin zu den Produktionsdienstleistern und Lizenznehmern bzw. deren Garantiegebern und Schuldübernehmern Ansprüche der Antragstellerin ergeben würden, die bereits zu den streitigen Bilanzstichtagen als Forderungen aktiviert werden müssten.

aaa) Die Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz und damit der Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz bestimmt sich in erster Linie nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Maßgeblich ist nicht, ob eine Forderung fällig oder ein Recht realisierbar ist, sondern ob der Vermögensvorteil wirtschaftlich ausnutzbar ist und einen durchsetzbaren gegenwärtigen Vermögenswert darstellt (, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650). Eine rechtlich noch nicht voll wirksam entstandene Forderung erfüllt diese Voraussetzungen z.B. dann, wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr gesetzt wurden und der Unternehmer mit der künftigen zivilrechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann (vgl. z.B. , BFHE 177, 444, BStBl II 1995, 594).

bbb) Die der Antragstellerin zustehenden Rechte auf Schlusszahlungen, Optionsprämien oder Produktionskostenerstattungen, auf deren Grundlage den Anlegern die sichere Rückzahlung ihrer Anlage in Aussicht gestellt wurde, erfüllen möglicherweise die Voraussetzungen für wirtschaftlich entstandene Forderungen. Deren Aktivierung würde die Minderung des Betriebsvermögens durch die Zahlungen an die Produktionsdienstleister ganz oder teilweise ausgleichen. Ob und inwieweit die Voraussetzungen für derartige Aktivposten vorliegen, setzt wiederum eine detaillierte Analyse des Vertragsgeflechts zwischen der Antragstellerin und den Produktionsdienstleistern, Lizenznehmern, Schuldübernehmern und Garantiegebern voraus, die anhand der Aktenlage nicht geleistet werden kann und weitere Feststellungen erfordert.

Sollten danach die Voraussetzungen für eine Aktivierung vorliegen, wäre weiter zu prüfen, ob und ggf. in welchem Umfang zugleich ein Passivposten wegen gegenüber der Antragstellerin bestehenden Ansprüchen zu bilanzieren wäre (so etwa Rüber/ Angloher, Finanz-Rundschau —FR— 2008, 498, 505).

c) Der Senat kann nicht von einem anderen Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ausgehen, als in den Vertragsurkunden niedergelegt ist. Wären die Rechtsgeschäfte nur zum Schein abgeschlossen, wie das LG angenommen hat, müsste festgestellt werden, welchen Inhalt die Vereinbarungen wirklich hatten. Mit diesem Inhalt wären die Geschäfte der Besteuerung zu unterwerfen (§ 41 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung).

Ob und ggf. in welcher Weise aber von den schriftlichen Vereinbarungen abgewichen wurde, kann anhand der bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden. Eigene Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren können zwar grundsätzlich durch Übernahme von Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils ersetzt werden, sofern das betreffende Urteil rechtskräftig ist und die Beteiligten die Feststellungen nicht substantiiert bestreiten (, BFHE 109, 306, BStBl II 1973, 666). Auch aus einem nicht rechtskräftigen Strafurteil können ausnahmsweise Feststellungen übernommen werden, wenn die Beteiligten diese nicht substantiiert bestreiten und das FG sich eine Überzeugung von der Richtigkeit der Feststellungen bilden kann. Dies gilt nicht nur für eine Hauptsacheentscheidung des FG, sondern auch im Rahmen der Entscheidung über die AdV.

3. Da im Streitfall die Feststellungen des angefochtenen Strafurteils bestritten worden sind, erachtet der Senat es für angezeigt, die Sache —aus Gründen der größeren Sachnähe— an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit diese die erhobenen Einwände überprüft.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EAAAD-02175