Berechnung des Meistgebots; keine Steuerbefreiung von Grundstücksübertragungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft; Anspruch auf rechtliches Gehör
Leitsatz
Grundstücksübertragungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind nicht von der Grunderwerbsteuer befreit; ein Verstoß gegen das GG liegt nicht vor. Die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 sowie in § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG verwendeten Begriffe sind aus dem Recht der Zwangsversteigerung vorgegeben und i. S. des Zwangsversteigerungsrechts auszulegen. Im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG sind Hypotheken und Grundschulden als bestehen bleibende Rechte mit ihrem Kapitalbetrag, dem Nennwert, anzusetzen. Die Einziehung der Grunderwerbsteuer kann unbillig sein, wenn der Meistbietende das Meistgebot für sich überhaupt nicht gewollt hat und das Grundstück alsbald an denjenigen weitergibt, in dessen Namen er von Anfang an handeln wollte.
Gesetze: GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, GrEStG § 3 Nr. 4, GrEStG § 9 Abs. 1 Nr. 4, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug: GrE
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war zusammen mit ihrem Lebensgefährten (L) zu ½ Miteigentümerin eines Einfamilienhausgrundstücks. Der hälftige Miteigentumsanteil des L war nach seinem Tod auf dessen Söhne übergegangen. Die Klägerin betrieb in der Folgezeit aufgrund eines gegen die Söhne des L erstrittenen Urteils die Zwangsversteigerung deren Miteigentumsanteils. Aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts (AG) Iserlohn vom wurde der Klägerin als Meistbietender der Miteigentumsanteil zugeschlagen. Das Bargebot betrug 13 981 €; nach den Versteigerungsbedingungen blieben u.a. Grundschulden in Höhe von insgesamt 162 590 € bestehen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) setzte gegen die Klägerin durch Bescheid vom Grunderwerbsteuer nach einer Gegenleistung von 95 276 € (Bargebot 13 981 € zuzüglich bestehen bleibende Rechte 162 590 € : 2) in Höhe von 3 334 € gegen die Klägerin fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage seien die Grundschulden als bestehen bleibende Rechte zutreffend mit ihrem Nennwert berücksichtigt worden.
Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts sowie Verfahrensfehler geltend.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) entsprechenden Weise dargelegt.
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erfordert substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Beantwortung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtsfrage abhängig ist (, BFH/NV 2008, 1697; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, jeweils m.w.N.). Wird mit der Beschwerde ein Verfassungsverstoß geltend gemacht, so ist eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen einschlägigen Rechtsprechung des BFH und des Bundesverfassungsgerichts orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschlüsse vom II B 152/02, BFH/NV 2004, 533; vom II B 13/05, BFH/NV 2006, 1299; vom II B 95/06, BFH/NV 2007, 1829). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Aus dem Vorbringen der Klägerin, die Sache bedürfe „für Fälle der Besteuerung des Meistgebots insbesondere bei erheblichen Abweichungen zwischen dem Ansatz der abstrakten Übernahme alter und sogar löschungsfähiger Grundbuchlasten gegenüber dem aktuellen Grundbesitz-Wert im Vergleich zum Grundbesitz-Kauf” wegen der unklaren Gesetzesfassung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) „einer eindeutigen fachrichterlichen Auslegung”, genügt nicht den Darlegungsanforderungen.
aa) In der Beschwerdebegründung fehlt jede Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BFH, nach der die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 sowie in § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG verwendeten Begriffe aus dem Recht der Zwangsversteigerung vorgegeben und im Sinne des Zwangsversteigerungsrechts auszulegen sind (BFH-Entscheidungen vom II 112/65, BFHE 94, 156, BStBl II 1969, 92; vom II R 36/83, BFHE 143, 158, BStBl II 1985, 339; vom II B 38/00, BFH/NV 2001, 482; vom II B 69/06, BFH/NV 2007, 1538). Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, inwieweit ein weiterer Klärungsbedarf bestehen soll.
bb) Die Klägerin legt auch nicht dar, aus welchen Gründen das als Bemessungsgrundlage anzusetzende Meistgebot (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG) durch einen „aktuellen Grundbesitz-Wert” oder einen Grundstückskaufpreis soll beeinflusst werden können. Das behauptete Fehlen einer Besteuerungsregelung, sofern „jahrzehntealte abstrakte Grundbuchlasten” bestehen bleiben, genügt nicht den Darlegungsanforderungen. Die Beschwerdebegründung setzt sich nicht mit der zu § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG ergangenen ständigen BFH-Rechtsprechung auseinander, nach der Hypotheken und Grundschulden als bestehen bleibende Rechte mit ihrem Kapitalbetrag, also dem Nennwert, anzusetzen sind (BFH-Entscheidungen in BFHE 143, 158, BStBl II 1985, 339; in BFH/NV 2007, 1538, jeweils m.w.N.). Es wird auch nicht substantiiert dargelegt, in welchem Umfang und von welcher Seite diese Rechtsprechung umstritten ist und es deshalb einer erneuten Entscheidung des BFH bedarf.
b) Mit den Einwendungen gegen die Berechnung des in dem Zuschlagsbeschluss des AG angesetzten Bargebots ist eine klärungsbedürftige Rechtsfrage ebenfalls nicht substantiiert dargetan. Insoweit wäre unter Berücksichtigung der nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. vorstehend II.1.a aa) gebotenen Auslegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG verwendeten Begriffs des Meistgebots im Sinne des Zwangsversteigerungsrechts darzulegen gewesen, weshalb sich aus dieser Rechtsprechung keine Lösung für die von der Klägerin aufgeworfene Frage ergibt bzw. unter welchem Gesichtspunkt eine etwa fehlerhafte Berechung des Bargebots durch das Versteigerungsgericht von grunderwerbsteuerrechtlicher Relevanz sein soll. An solchem Vorbringen fehlt es. Die Klägerin rügt letztlich nur eine unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall. Damit kann die Zulassung der Revision jedoch nicht erreicht werden (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24, § 116 Rz 34, 42, m.w.N.).
c) Die Rüge, es fehle bei der Versteigerung eines Miteigentumsanteils an einer gesetzlichen Besteuerungsregelung bei bestehen bleibenden Rechten, genügt ebenfalls nicht den Zulässigkeitsanforderungen. Insoweit fehlt jede Auseinandersetzung mit dem (BFHE 139, 307, BStBl II 1984, 116).
d) Auch der Hinweis auf eine etwaige unbillige Härte der Besteuerung eines Meistgebots genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen. Nach der BFH-Rechtsprechung (Urteile vom II R 143/78, BFHE 130, 426, BStBl II 1980, 523; vom II R 123/68, BFHE 96, 283, BStBl II 1969, 602; in BFHE 94, 156, BStBl II 1969, 92; vom II 9/65, BFHE 94, 85, BStBl II 1969, 41) kann zwar die Einziehung der Grunderwerbsteuer unbillig sein, wenn der Meistbietende das Meistgebot für sich überhaupt nicht gewollt hat und das Grundstück alsbald an denjenigen weitergibt, in dessen Namen er von Anfang an handeln wollte. Jedoch hat weder die Klägerin dargelegt noch ist nach Aktenlage ersichtlich, dass vorliegend eine solche Sachverhaltsgestaltung vorlag. Zudem wäre über die sachliche Unbilligkeit nicht in dem dem FG vorliegenden Verfahren zu entscheiden ( (PKH), BFH/NV 2006, 979).
e) Ferner ist mit dem Vorbringen der Klägerin, sie sei bereits vom Zeitpunkt des Erwerbs des fraglichen Hausgrundstücks im Jahr 1984 wirtschaftliche Eigentümerin des gesamten Grundstücks gewesen, eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt. Es fehlt insoweit an einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BFH (z.B. Entscheidungen vom II 186/65, BFHE 112, 531, BStBl II 1974, 643; vom II B 134/99, BFH/NV 2001, 66), wonach bei der Grunderwerbsteuer eine Zurechnung von Grundstücken nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ausscheidet.
f) Auch das Vorbringen der Klägerin, im vorliegenden Fall sei die Grunderwerbsteuer im Hinblick auf die weitgehende Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Gemeinschaften nicht zu erheben, genügt nicht den Darlegungsanforderungen. Nach der Rechtsprechung des , BFHE 194, 462, BStBl II 2001, 610; vgl. auch , BFH/NV 2003, 201) erfasst die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG nur Grundstückserwerbe zwischen Partnern einer Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts. Grundstücksübertragungen zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind hingegen nicht von der Grunderwerbsteuer befreit; ein Verstoß gegen das GG liegt nicht vor. Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine Gesichtspunkte, die einen erneuten Klärungsbedarf dieser Frage aufzeigen.
g) Soweit die Klägerin schließlich im Hinblick auf die „zumindest zum Teil unberechtigte Erhebung von Grunderwerbsteuer” eine Verletzung der Garantie des Eigentums und des Vermögens behauptet, ist mangels näheren Vorbringens ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen genügt.
2. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen. Insoweit hätte es substantiierter und konkreter Angaben dazu bedurft, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu einer bestimmten Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 130/03, BFH/NV 2004, 215; vom VI B 5/07, BFH/NV 2007, 2328) und weshalb die aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich solches Vorbringen nicht.
3. Schließlich ist auch der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Eine ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels liegt vor, wenn die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen Verfahrensmangel ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297; vom IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974). Aus dem Vorbringen der Klägerin, das FG habe die aufgezeigten auslegungsbedürftigen Einzelfragen zum Meistgebot „überhaupt nicht mitbeurteilt”, ergibt sich kein Verfahrensmangel.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht aus formell- oder materiell-rechtlichen Gründen ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder bleiben kann (BFH-Beschlüsse vom VIII B 8/06, BFH/NV 2007, 2069; vom II S 11/07, BFH/NV 2008, 529 jeweils m.w.N.). Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (, BFH/NV 2008, 397, m.w.N.). Insbesondere bedeutet die Gewährung rechtlichen Gehörs nicht, dass das Gericht den Kläger „erhören”, sich also seinen rechtlichen Ansichten anschließen müsste (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 2069, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 214 Nr. 2
UVR 2009 S. 70 Nr. 3
EAAAD-01326