Betrieblicher Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG
1. Berücksichtigung von Über- und Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem enden
Der entschieden, dass bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a S. 4 EStG i. d. F. des StBereinG 1999 – jedenfalls in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 – auch Über- und Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem endeten, zu berücksichtigen sind.
Nach dem (ESt-Kartei § 4 Fach 5 Karte 24) sind die Grundsätze dieses Urteils in allen noch offenen Fällen – begrenzt auf die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 – anzuwenden.
Einspruchsverfahren gegen Steuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000, die nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO geruht haben, können mithin unter Berücksichtigung der im genannten Grundsätze wieder aufgenommen und erledigt werden.
Auf die Ermittlung der Über- bzw. Unterentnahmen für Veranlagungszeiträume ab 2001 hat die o. a. Entscheidung des BFH keinen Einfluss, da nach § 52 Abs. 11 S. 2 EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 2001 vom (BStBl 2002 I S. 4) Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem endeten, nicht zu berücksichtigen sind.
Eine Neuberechnung der Über- bzw. Unterentnahmen für die Veranlagungszeiträume ab 2001 ist daher nicht vorzunehmen.
Inzwischen ist beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 30/06 (Vorinstanz Finanzgericht Baden-Württemberg) ein Revisionsverfahren anhängig, das sich gegen die Anwendung des § 52 Abs. 11 S. 2 EStG i. d. F. des StÄndG 2001 richtet. Einspruchsverfahren gegen Steuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab 2001, in denen die Einbeziehung einer am Ende des letzten vor dem endenden Wirtschaftsjahres bestehenden Unterentnahme beantragt wird, ruhen daher gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AO. Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.
2. Behandlung des „umgekehrten Zwei-Konten-Modells” oder ähnlicher Gestaltungen
Die Verwaltungsauffassung zur Behandlung des „umgekehrten Zwei-Konten-Modells” bzw. ähnlicher Gestaltungen wurde in das zum betrieblichen Schuldzinsenabzug gem. § 4 Abs. 4a EStG aufgenommen (ESt-Kartei zu § 4 Fach 5 Karte 20 Tz. 6).
Der (Az. X R 46/04, BStBl 2006 II S. 125) bestätigt. Rechtsbehelfe, die im Hinblick auf das vorgenannte Revisionsverfahren (Vorinstanz ) ruhten, können nunmehr abgeschlossen werden.
3. Zweistufige Prüfung des Schuldzinsenabzugs auch bei Zinsen unter 4.000 DM
Mit (BFH/NV 2006, S. 1832) hat der BFH entschieden, dass aus § 4 Abs. 4a S. 5 EStG i. d. F. des StBereinG 1999 nicht geschlossen werden kann, dass eine Kürzung der Zinsaufwendungen erst ab einem Gesamtbetrag der Zinsen von 4.000 DM vorzunehmen ist. Durch eine zweistufige Prüfung sei auch bei Zinsen von weniger als 4.000 DM zunächst zu klären, ob der betreffende Kredit nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen eine betriebliche oder private Schuld ist. In einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i. d. F. des StBereinG 1999 abziehbar sind.
Damit führt der BFH die bisherige Rechtsprechung (, BStBl 2006 II S. 125) fort.
Gegen das eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Einsprüche, die auf dieses Verfahren gestützt werden, ruhen nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO. AdV ist nicht zu gewähren.
4. Nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbare Schuldzinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten
Sachverhalt:
Bei einem Gewerbetreibenden mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG führten Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG i. H. v. 15.000 € dazu, dass die betrieblichen Schuldzinsen des Wirtschaftsjahres von insgesamt 9.000 € i. H. v. 900 € als nicht abziehbare Schuldzinsen den Gewinn nicht mindern durften.
Der Stpfl. hatte mit Hilfe eines Zwei-Konten-Modells seinen gesamten Kreditbedarf als betrieblich veranlasst dargestellt. Über das Guthabenkonto des Zwei-Konten-Modells hatte er sowohl seine privaten Lebenshaltungskosten als auch Aufwendungen für ein Mietwohngrundstück finanziert.
In der diesbezüglichen Anlage V setzte er die nicht abziehbaren betrieblichen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V an. Zur Begründung führte er aus, dass die Überentnahmen ausschließlich durch die Finanzierung der laufenden Grundstücksaufwendungen (insbesondere dem Kapitaldienst) entstanden seien. Die wegen der Überentnahmen gekürzten betrieblichen Schuldzinsen stünden deshalb in einem ursächlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus V+V.
Lösung:
Die wegen der Überentnahmen nicht als Betriebsausgaben abziehbaren betrieblichen Schuldzinsen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V.
Im Rahmen eines korrekt durchgeführten Zwei-Konten-Modells sind die für das Schuldkonto in Rechnung gestellten Zinsen als betrieblich veranlasst anzusehen; es handelt sich also um Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. Die Qualifizierung als Betriebsausgaben wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Gesetzgeber diese Ausgaben teilweise für nicht abziehbar erklärt hat. Wegen dieser betrieblichen Veranlassung kommt ein Abzug der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht als Betriebsausgaben abzugsfähigen Schuldzinsen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben bei anderen Einkunftsquellen oder als Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht.
Eine andere Beurteilung ergibt sich, wenn im Rahmen eines gemischt genutzten Kontokorrentkontos ein Teil des Zinsaufwands als nicht betrieblich veranlasster Aufwand von vorneherein bei der betrieblichen Gewinnermittlung auszuscheiden ist. Für diese Zinsen käme ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus V+V in Betracht, wenn der Stpfl. z. B. Reparaturrechnungen für das Mietwohngrundstück über das gemischt genutzte Kontokorrentkonto bezahlt und dadurch eine zusätzliche Zinsbelastung ausgelöst hat.
Die Ermittlung dieses durch die Einkünfte aus V+V verursachten Schuldzinsenanteils hätte nach der Zinsstaffelmethode und den Maßstäben, die der BFH für die Abgrenzung des betrieblichen vom privaten Zinsaufwand bei gemischt genutzten Kontokorrentkonten entwickelt hat ( BStBl 1991 II S. 226), zu erfolgen. Die so ermittelten Schuldzinsen sind nicht betrieblich veranlasst und somit keine Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. Dies schließt aber nicht aus, diese Aufwendungen z. B. als Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V zu qualifizieren.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2144 A - 117 - St 210
Fundstelle(n):
PAAAD-00265