Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Gesetze: AO § 284 Abs. 1, AO § 284 Abs. 3, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat beträchtliche Steuerrückstände. Nach mehreren vergeblichen Vollstreckungsversuchen und der Ablehnung eines Teilerlasses führte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) eine Liquiditätsprüfung bei der Klägerin durch, bei der festgestellt wurde, dass die Klägerin über Immobilien im Ausland verfügt, im Übrigen aber völlig überschuldet ist. Daraufhin forderte das FA die Klägerin zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin fehlerhafte Ermessensausübung insbesondere deshalb rügte, weil sich das FA auf andere, weniger einschneidende Weise einen Überblick über ihre Vermögensverhältnisse habe verschaffen können, die ihm außerdem durch die Liquiditätsprüfung bekannt gewesen seien, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die Ermessensausübung des FA für ordnungsgemäß, insbesondere habe es sich ausdrücklich damit auseinandergesetzt, dass entgegen der Ansicht der Klägerin ihre Vermögensverhältnisse nicht zuverlässig festgestanden hätten und es sich nicht mit den Erkenntnissen aus der Liquiditätsprüfung habe zufrieden geben müssen.
Mit der Beschwerde will die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und Divergenz erreichen. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der Frage, wie sich genau der Prüfungsumfang nach § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestimme, sei noch nicht ergangen. Außerdem weiche die Entscheidung von dem (BFH/NV 2003, 885) ab, weil der BFH anders als das FG auch andere Mittel als die eidesstattliche Versicherung als geeignet ansehe, zuverlässige Kenntnis der Vermögensverhältnisse zu erlangen.
II. Die Beschwerde ist —von Zweifeln an ihrer Zulässigkeit abgesehen— jedenfalls unbegründet.
1. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Denn Art und Umfang der vom FG vorzunehmenden Überprüfung des vom FA bei der Entscheidung über die Anforderung der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 284 der Abgabenordnung (AO) auszuübenden Ermessens sind hinreichend geklärt.
Bereits in seinem Urteil vom VII R 34/90 (BFHE 165, 477, BStBl II 1992, 57) hat der Senat klargestellt, dass eine pflichtgemäße Ermessensausübung nicht voraussetzt, dass die Finanzbehörde zuvor vergeblich versucht hat, eine eidesstattliche Versicherung nach § 249 Abs. 2, § 95 AO ohne die Folge der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis zu erhalten. An dieser Grundsatzentscheidung hat der Senat in ständiger Rechtsprechung festgehalten (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 109/07, BFH/NV 2008, 336, m.w.N.).
Die Rechtsfrage, ob die Aufforderungen nach § 284 Abs. 1 und 3 AO ergehen dürfen, wenn dem FA die Vermögenslage vollständig bekannt ist, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsbedürftig, da das FG die Feststellung des FA ausdrücklich bestätigt hat, dass ihm die Vermögensverhältnisse der Klägerin nicht zuverlässig bekannt waren. Wann davon ausgegangen werden kann, dass das FA die Vermögensverhältnisse zuverlässig kennt und was das FG darüber hinaus bei der Prüfung der Ermessensentscheidung des FA zu berücksichtigen hat, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist deshalb einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich (Senatsbeschluss vom VII B 68/06, BFH/NV 2007, 2242, m.w.N.).
2. Das FG ist auch nicht von der von der Klägerin genannten Entscheidung des Senats abgewichen. Der von der Klägerin beanstandete Satz des FG, dass eine zuverlässige Kenntnis der Vermögensverhältnisse nur dadurch erlangt werden könne, dass auf den Steuerpflichtigen der dem Verfahren nach § 284 AO anhaftende psychologische Druck tatsächlich ausgeübt werde, kann zu der „Maxime ..., dass der Gläubiger die eidesstattliche Versicherung nicht verlangen kann, wenn er die Vermögensverhältnisse des Schuldners bereits zuverlässig kennt” (Beschluss vom VII B 237/02, BFH/NV 2003, 885), schon deshalb keine Divergenz begründen, weil im Streitfall die Vermögensverhältnisse dem FA ja gerade nicht zuverlässig bekannt waren. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der beanstandete Satz auch vom beschließenden Senat (Beschluss vom VII B 52/01, BFH/NV 2002, 1413) in entsprechender Weise zur Abgrenzung zu einem Vorgehen nach § 249 Abs. 2, § 95 AO formuliert worden ist, zu einem Vorgehen also, auf das sich auch die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren berufen hat.
Fundstelle(n):
GAAAD-00216