Privat veranlasste Umzugskosten keine außergewöhnliche Belastung; § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO setzt Verfahrensfehler des Gerichts voraus
Gesetze: EStG § 33, EStG § 12, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision u.a. (nur) zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Diese vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen jedoch nicht vor.
1. Der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob die steuerliche Berücksichtigung von Umzugskosten tatsächlich davon abhängig gemacht werden dürfe, dass es bereits zu einer Gesundheitsbeschädigung gekommen sei, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage ist bereits höchstrichterlich entschieden.
Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen erwachsen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, dass Krankheitskosten —ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung— dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dabei sind alle Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten hält die Rechtsprechung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre für geboten.
Berücksichtigungsfähig sind aber nur solche Kosten, die zum Zwecke der Heilung oder mit dem Ziel aufgewendet werden, die Krankheit erträglich zu machen. Nicht zu den Krankheitskosten gehören daher vorbeugende Aufwendungen, die der Gesundheit allgemein dienen. Diese sind den gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zuzurechnen (, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543). Dies trifft insbesondere auf Umzugskosten zu.
Privat veranlasste Umzugskosten sind nach ständiger Rechtsprechung unabhängig vom Grund ihres Entstehens grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung, weil sie typische Lebenshaltungskosten darstellen, mit denen jedermann zu rechnen hat (, BFHE 115, 259, BStBl II 1975, 482; vom VI R 175/75, BFHE 125, 263, BStBl II 1978, 526; vom IV R 27/94, BFHE 178, 359, BStBl II 1995, 895). Etwas Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der Umzug wegen einer Krankheit zwingend erforderlich ist (, BFHE 84, 311, BStBl III 1966, 113; vgl. auch Schmidt/Loschelder, EStG, 27. Aufl., § 33 Rz 35, „Umzug"; Blümich/Heger, § 33 EStG Rz 297, „Umzugskosten”). Diese Voraussetzung lag im Streitfall nach den Feststellungen des Finanzgerichts jedoch nicht vor.
2. Eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 76 FGO und § 96 Abs. 2 FGO liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa , BFH/NV 2006, 972, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht gegeben.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist das angefochtene Urteil nicht deshalb als unzulässige Überraschungsentscheidung zu beurteilen, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt), anders als im Erörterungstermin in Aussicht gestellt, die Kosten für den Erwerb der Fachbücher nicht als Werbungskosten berücksichtigt hat. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO setzt nämlich einen Verfahrensfehler des Gerichts voraus. Das prozessuale Verhalten eines Beteiligten kann nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde sein (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 972).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 149 Nr. 2
NAAAC-97799