Anhebung des Freibetrags gemäß § 32 Abs. 6 EStG und Kürzung des Ausbildungsfreibetrags durch das 2. FamFördG
Gesetze: EStG § 32 Abs. 6, EStG § 33a Abs. 2, GG Art. 3, GG Art. 6
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihre beiden volljährigen Töchter befanden sich im Streitjahr 2002 in Ausbildung. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) veranlagte die Kläger erklärungsgemäß und gewährte für die auswärts studierende Tochter einen Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 924 €. Den Einspruch, mit dem die Kläger die Gewährung von zwei Ausbildungsfreibeträgen in Höhe von jeweils 1 236 € unter Aufrechnung mit der Kindergelderhöhung ab beanspruchten, wies das FA als unbegründet zurück.
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil vom 4 K 2094/03 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 955) aus, die Kläger hätten über den gesetzlich vorgesehenen Freibetrag hinaus keinen Anspruch auf die Gewährung zusätzlicher Ausbildungsfreibeträge. Die Freistellung des Existenzminimums ihrer Kinder sei durch das Kindergeld bewirkt worden. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung der Ausbildungsfreibeträge in § 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestünden nicht.
Mit ihrer auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Nichtzulassungsbeschwerde tragen die Kläger vor, das Zweite Gesetz zur Familienförderung (2. FamFördG) vom (BGBl I 2001, 2074, BStBl I 2001, 533) habe ihre steuerliche Belastung um 298 € erhöht, da der Kindergeldanhebung von 384 € eine Steuererhöhung von 682 € infolge des Wegfalls der Ausbildungsfreibeträge gegenüberstehe. Das Gesetz habe aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— (Beschluss vom 2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182) eine höhere Entlastung des Kinderbedarfs bewirken müssen, tatsächlich aber für sie zu einer Mehrbelastung geführt. Eltern mit geringeren Einkommen würden in einer mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbaren Weise zur Gegenfinanzierung von Steuervorteilen einkommensstärkerer Eltern herangezogen. Die Einbeziehung der Komponente „Ausbildung” in die kindbedingten Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG und damit in die Günstigerprüfung führe bei vergleichbaren Eltern mit einem Grenzsteuersatz unter 36,2 v.H. zu einer Belastung. Der „Verlust” durch das 2. FamFördG steige mit abnehmendem Grenzsteuersatz, während Eltern, die einem hohen Steuersatz unterlägen, trotz Verringerung der Ausbildungsfreibeträge entlastet würden. Das Gesetz müsse daher verfassungskonform dergestalt ausgelegt werden, dass es nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber der zuvor geltenden Rechtslage führe. Derartige Günstigerprüfungen zur Vermeidung von Schlechterstellungen durch Gesetzesänderungen habe der Gesetzgeber in verschiedenen Fällen ausdrücklich vorgesehen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob einkommensschwächere Eltern im Gegensatz zu einkommensstärkeren Eltern durch ein Familienförderungsgesetz benachteiligt werden dürften, hat mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die Besteuerung von Familien unterliegt verschiedenen verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. u.a. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182, betr. Kinderbetreuungskosten und Haushaltsfreibetrag; vom 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174, betr. Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder und Kinderfreibetrag; vom 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, BFH/NV 2005, Beilage 4, 356, betr. erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten). Mit ihrer Beschwerde rügen die Kläger jedoch keinen Eingriff in ihre Grundrechte (z.B. die ungenügende steuerliche Berücksichtigung ihrer kindbedingten Aufwendungen infolge Abschmelzung der Ausbildungsfreibeträge ab 2002), sondern machen einen „relativen Bestandsschutz” geltend, der dem Gesetzgeber jegliche Schlechterstellung jedenfalls dann verbieten will, wenn andere Gruppen von Steuerpflichtigen zugleich Verbesserungen erfahren. Eine derartige Verpflichtung des Gesetzgebers, benachteiligende Gesetzesänderungen zu unterlassen, besteht jedoch eindeutig nicht.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 147 Nr. 2
UAAAC-97788