Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht zur Weiterleitung eines ihm vor Gründung der GmbH gewährten Vorteils verpflichtet
Leitsatz
Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 KStG liegt nicht vor, wenn der beherrschende Gesellschafter und Alleingeschäftsführer einer GmbH an diese Geschäftsräume zu einem ortsüblichen Entgelt vermietet und die GmbH keine Möglichkeit hat, vergleichbare Räume zu einem niedrigeren als dem ortsüblichen Entgelt zu mieten. Das gilt auch dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die Geschäftsräume selbst zu einem Zeitpunkt, an dem die GmbH noch nicht existent war, zu günstigeren Konditionen gemietet hat.
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2, EStG § 4 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsnachfolger der Z GmbH (GmbH). Die GmbH wurde mit notariellem Vertrag vom gegründet. Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Am Stammkapital von 50 000 DM war er zunächst mit 40 000 DM beteiligt, später wurde er alleiniger Gesellschafter der GmbH. Mit Verschmelzungsvertrag vom wurde die GmbH auf den Kläger verschmolzen, der das Unternehmen seither als Einzelkaufmann weiterführt.
Der Kläger mietete mit Wirkung zum von der X-GmbH ein Ladenlokal mit einer Fläche von 102 qm für 3 060 DM monatlich. Dies entsprach einem Quadratmeterpreis von 30 DM. Zusätzlich waren Kosten für Energie von pauschal 204 DM sowie die Umsatzsteuer zu entrichten. Der Kläger war bereits vor diesem Zeitpunkt in den Räumen als . tätig gewesen. Der Kläger schloss mit der GmbH am einen Mietvertrag über diese Räume für 4 590 DM (45 DM/qm) monatlich. Die Vereinbarungen über Nebenkosten und Umsatzsteuer waren mit dem Hauptmietvertrag identisch.
Nach einer Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) zu der Auffassung, dass, soweit der Kläger von der GmbH ein höheres Entgelt als 30 DM/qm gefordert habe, eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vorliege. Die gegen die entsprechend geänderten Bescheide für die Jahre 1997 bis 2000 (Streitjahre) erhobene Klage wies das Sächsische ab.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt, das Urteil des FG und die geänderten Steuerbescheide aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Untervermietung des Ladenlokals durch den Kläger an die GmbH als vGA zu beurteilen ist.
1. Unter einer vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. , BFH/NV 2003, 347; vom I R 37/02, BFHE 204, 96, BStBl II 2004, 121). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter —dem Grunde oder der Höhe nach— nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom I R 12/07, BFH/NV 2008, 1273). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung fehlt (Senatsurteil in BFH/NV 2008, 1273).
2. Das FG hat angenommen, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte den Mietvertrag nur zu den Konditionen des Hauptmietvertrages abgeschlossen. Zwar sei der Mietzins von 45 DM/qm als ortsüblich und angemessen anzusehen. Jedoch habe der Kläger durch den Abschluss des Mietvertrages einen Vorteil erlangt, den er an die GmbH hätte weiterleiten müssen. Verfüge der Geschäftsführer einer GmbH über besondere Geschäftsbeziehungen, könne die Gesellschaft erwarten, dass er diese auch für die Gesellschaft nutzen werde.
3. Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Entgegen der Auffassung des FG ist der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht gehindert, für die Vermietung eines Wirtschaftsgutes ein verkehrsübliches Entgelt zu verlangen. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Bedingungen er selbst das Wirtschaftsgut erworben oder gemietet hat. Er ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Vorteile, die er durch einen günstigen Vertragsabschluss selbst erlangt hat, an die GmbH weiterzugeben. Mietet er Räume, um darin selbst ein Einzelunternehmen zu betreiben, muss er diese nicht später zu denselben Konditionen an eine von ihm nach Abschluss des Mietvertrages gegründete Kapitalgesellschaft überlassen. Von einer vGA ist vielmehr erst dann auszugehen, soweit der Mietpreis, für sich oder in der Zusammenschau mit anderen vertraglichen Gestaltungen betrachtet, unangemessen ist. Ob eine Vermögensminderung bei einer GmbH ausschließlich betrieblich veranlasst oder auch durch das Gesellschaftsverhältnis (mit-)veranlasst ist, ist aus Sicht der Kapitalgesellschaft zu beurteilen. Der Abschluss eines Mietvertrages zu ortsüblichen Bedingungen kann daher grundsätzlich nicht zur Annahme von vGA führen.
b) Eine andere Beurteilung kommt nur dann in Betracht, wenn sich der Kapitalgesellschaft —etwa wegen besonderer geschäftlicher Kontakte ihres Geschäftsführers— die Möglichkeit bietet, Räume zu einem niedrigeren als dem ortsüblichen Entgelt zu mieten. In diesem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diese Gelegenheit nutzen und den vorteilhaften Vertrag abschließen. Nimmt stattdessen der Gesellschafter-Geschäftsführer diese Geschäftschance, die der Kapitalgesellschaft gebührt, als Eigengeschäft wahr oder zieht er in anderer Weise Erkenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich und nutzt sie für eigene Rechnung, kann dies nach der Rechtsprechung des Senats als vGA zu beurteilen sein (Senatsurteil vom I R 25/03, BFH/NV 2004, 819).
c) Wie das FG selbst festgestellt hat, war zu dem Zeitpunkt, als der Kläger den Mietvertrag mit der X-GmbH abgeschlossen hat, die GmbH noch nicht existent, so dass er deren Interessen nicht zu wahren hatte. Der Kläger, der bereits in der Zeit zuvor in den Räumen ein .geschäft als Einzelunternehmen geführt hatte, hat vielmehr mit dem Abschluss des Vertrages eine allein ihm selbst sich bietende Geschäftschance genutzt. Anhaltspunkte dafür, dass die GmbH die Möglichkeit hatte, vergleichbare Geschäftsräume zu ähnlich günstigen Bedingungen zu mieten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht festgestellt, dass der Kläger von der X-GmbH zu vergleichbar günstigen Bedingungen wie er selbst ein Geschäftslokal für die GmbH hätte mieten können. Damit scheidet die Annahme einer vGA aber aus (vgl. auch Gosch, KStG, § 8 Rz 851).
d) Das FG ist von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist aufzuheben. Da nach den Feststellungen des FG der Mietpreis von 45 DM/qm ortsüblich war, sind die angefochtenen Bescheide entsprechend dem Klagebegehren zu ändern. Die Berechnung der Höhe der festzusetzenden Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre sowie die sich hieraus ergebenden Änderungen für die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 121 Satz 1, § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 49 Nr. 1
BFH/PR 2009 S. 95 Nr. 3
DB 2009 S. 1490 Nr. 28
DStZ 2009 S. 100 Nr. 4
EStB 2009 S. 59 Nr. 2
HFR 2009 S. 271 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2009 S. 108
FAAAC-97219