Gebot der Einzelvernehmung eines Zeugen
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor bzw. wurden nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt.
1. Das Finanzgericht (FG) hat verfahrensfehlerfrei B als Zeugen vernommen, obwohl dieser vor Beginn seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung anwesend war.
Der nach § 82 FGO im finanzgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwendende § 394 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ordnet lediglich an, dass jeder Zeuge einzeln und in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen ist. Dies verbietet jedoch nicht die Anwesenheit von Zeugen vor dem Beginn der Vernehmung des ersten von ihnen (vgl. auch Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 82 FGO Rz 118). § 243 Abs. 2 der Strafprozessordnung, demzufolge die Zeugen unmittelbar nach der Feststellung ihres Erscheinens durch den Vorsitzenden den Sitzungssaal verlassen, findet im finanzgerichtlichen Verfahren keine Entsprechung.
Im Übrigen ist das Gebot der Einzelvernehmung in § 394 ZPO nur eine Ordnungsvorschrift; eine Verletzung könnte die Revision nicht begründen (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 394 Rz 1).
2. Unschlüssig ist die sinngemäß erhobene weitere Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, weil es —trotz eines entsprechenden Beweisangebots— die Zeugen S und K nicht gehört habe.
a) Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, so muss der Beschwerdeführer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), da es sich bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes um einen sog. verzichtbaren Mangel i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO handelt, vortragen, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der (nächsten) mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde oder —wenn dies nicht geschehen sein sollte— aus welchen (entschuldbaren) Gründen dem Beschwerdeführer dieses nicht möglich war. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Beschwerdeführer —wie hier der Kläger— vor dem FG sachkundig vertreten war (vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung des BFH bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 69).
bb) Daran fehlt es im Streitfall. Auch aus den Protokollen über die mündliche Verhandlung vor dem bzw. ergibt sich nicht, dass der Kläger das Übergehen seiner Beweisanträge beanstandet hat.
3. Einwendungen gegen die Richtigkeit des im FG-Urteil festgestellten Tatbestandes sind nicht als Verfahrensmangel im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu rügen, sondern müssen gegebenenfalls zum Gegenstand eines Antrags auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 FGO) gemacht werden (, BFH/NV 1999, 1369). Der ablehnende Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 108 Abs. 2 Satz 2 FGO).
4. Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalles durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (Senatsbeschluss vom X B 142/03, nicht veröffentlicht —n.v.—). Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Steuerschätzungen (Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 36/07, n.v.). Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher Rechtsfehler aufgrund objektiver Willkür kann allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen das Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 69, m.w.N.). Ein Verstoß gegen Denkgesetze führt bei Schätzungen erst zur Zulassung der Revision wegen willkürlich falscher Rechtsanwendung, wenn sich das Ergebnis der Schätzung als offensichtlich realitätsfremd darstellt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 69, m.w.N.). Das Vorliegen dieser besonderen Umstände ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (Senatsbeschluss vom X B 218/06, BFH/NV 2007, 2273).
Dies ist nicht geschehen. Im Übrigen hat das FG auf S. 33 des Urteils zahlenmäßig dargestellt, weshalb es zu einer Minderung der Umsätze in den Jahren 1990 und 1991 gekommen ist, der Gewinn aus Gewerbebetrieb sich aber dennoch nicht verringert hat. Zudem beruht die Minderung der Umsatzsteuer —zumindest teilweise— auf dem Umstand, dass das FG trotz Nichterfüllung der Aufzeichnungspflichten als Voraussetzung für die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 22 des Umsatzsteuergesetzes es für sachgerecht erachtet hat, im Rahmen der Schätzung die Differenzbesteuerung vorzunehmen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 41 Nr. 1
CAAAC-97207