BAG Urteil v. - 5 AZR 526/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2

Instanzenzug: ArbG Iserlohn, 5 Ca 1741/06 vom LAG Hamm, 8 Sa 51/07 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Die im Jahre 1973 geborene, verheiratete Klägerin wohnt in H. Sie ist seit dem bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte mit einer monatlichen Vergütung von 2.000,00 Euro brutto zuzüglich 39,88 Euro vermögenswirksamen Leistungen angestellt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde, der folgende Klausel enthält:

"Die Firma ist berechtigt, eine Änderung des Aufgabenbereiches bzw. des Einsatzortes vorzunehmen, wenn dies im Geschäftsinteresse oder zur Förderung der Angestellten erforderlich ist."

Die Klägerin arbeitete in der Niederlassung I. Diese Niederlassung wurde zum geschlossen. Die Beklagte kündigte allen dort beschäftigten Arbeitnehmern zu diesem Termin, der Klägerin mit Schreiben vom . Am war bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt und der voraussichtliche Entbindungstermin errechnet worden. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage und berief sich auf das gesetzliche Kündigungsverbot. Im Anschluss an den erfolglosen Gütetermin bot die Beklagte der Klägerin am eine Beschäftigung in ihrer Niederlassung in O an. Die Klägerin lehnte dieses Angebot mit der Begründung ab, sie sei nicht verpflichtet, ihre Arbeitsleistung in O zu erbringen.

Mit Urteil vom stellte das Arbeitsgericht I fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom nicht beendet worden sei. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin die Schwangerschaft der Beklagten rechtzeitig nach Zugang der Kündigung mitgeteilt habe. Das Urteil wurde der Beklagten am in vollständiger Form zugestellt und von ihr nicht angegriffen.

Die Beklagte bot am nochmals die Beschäftigung in O an. Die Klägerin erwiderte, die Arbeit in O sei nicht zumutbar, sie habe ihre Arbeitskraft zu unveränderten Bedingungen durchgängig angeboten.

Die Klägerin verlangt die vertragsgemäße Vergütung nebst vermögenswirksamen Leistungen für die Zeit vom 1. Mai bis zum . Die Beklagte sei aufgrund der unwirksamen Kündigung in Annahmeverzug geraten. Ihre Aufforderung, die Beschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits aufzunehmen, habe den Annahmeverzug nicht beenden können.

Die Klägerin hat, soweit in der Revision noch von Interesse, beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 10.000,00 Euro brutto nebst Zinsen aus den Nettobeträgen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung sowie von 199,40 Euro auf das näher bezeichnete vermögenswirksame Konto der Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Klägerin habe es an dem erforderlichen Leistungswillen gefehlt. Mangels anderer Alternative hätte sie die Arbeit in O gemäß der vertraglichen Versetzungsklausel aufnehmen müssen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr durch Teilurteil stattgegeben und durch Schlussurteil über die Kosten entschieden. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Senat hat die Revisionsverfahren bzgl. Teilurteil und Schlussurteil zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Gründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung von Teil- und Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts und zur Verwerfung der Berufung der Klägerin, soweit der Rechtsstreit nicht durch den beim Landesarbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich vom erledigt ist.

I. Die vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Prozessfortführungsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung ist nicht gegeben. Die Berufung der Klägerin ist unzulässig.

1. Das Arbeitsgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen wie folgt begründet: Voraussetzung für den Annahmeverzug der Beklagten wäre ein Leistungswille der Klägerin gewesen. Daran habe es gefehlt. Die Beklagte habe der Klägerin mit Recht und entsprechend billigem Ermessen Arbeiten in der Niederlassung O zugewiesen. Etwaige freie Arbeitsplätze in W und B seien nicht vertragsgemäß gewesen. Die Klägerin hätte die Arbeit in O zumindest unter dem Vorbehalt der späteren gerichtlichen Überprüfung aufnehmen müssen.

2. Dagegen hat die Klägerin in der Berufungsbegründung im Wesentlichen ausgeführt: Ein Angebot der Arbeitsleistung sei nach § 296 BGB entbehrlich gewesen. Darüber hinaus liege in der Erhebung der Kündigungsschutzklage einschlüssiges Arbeitsangebot. Dieses Angebot habe fortbestanden. Mit dem Schreiben vom habe die Beklagte lediglich eine befristete Beschäftigung bis zur Entscheidung des Kündigungsschutzrechtsstreits angeboten. Damit habe sie den Annahmeverzug nicht beenden können. Dasselbe gelte für das Schreiben der Beklagten vom , das auf das Schreiben vom Bezug nehme. Die Klägerin habe ohne Kenntnis vom rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits annehmen müssen, wiederum nur vorläufig tätig werden zu sollen. Mangels Beendigung des Annahmeverzugs bestehe der Verzugslohnanspruch bis zum .

3. Diese Ausführungen werden den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht gerecht.

a) Nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden. Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will ( - AP ZPO § 519 Nr. 55 = EzA ZPO § 519 Nr. 14, zu 2 der Gründe mwN aus der st. Rspr. des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts).

b) Die Berufungsbegründung der Klägerin geht auf die Begründung, mit der das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, nämlich den fehlenden Leistungswillen der Klägerin, mit keinem Wort ein. Die Argumentation der Berufung, Entbehrlichkeit eines Angebots der Klägerin sowie generell keine Beendigung des Annahmeverzugs durch das Angebot einer Prozessbeschäftigung, berührt § 297 BGB überhaupt nicht und ist von vornherein untauglich, die Annahme eines fehlenden Leistungswillens in Frage zu stellen. Die Berufungsbegründung macht auch weder geltend, eines Leistungswillens bedürfe es im Falle des § 296 BGB überhaupt nicht, noch, dieser sei gegeben, weil die Klägerin gerade nur die befristete Beschäftigung abgelehnt habe oder weil mit dem in der Kündigungsschutzklage liegenden Arbeitsangebot ohne Weiteres ein Leistungswille verbunden sei. Vielmehr hat das Arbeitsgericht als Kern seiner Begründung angenommen, die Klägerin hätte in O arbeiten müssen; weil sie das abgelehnt habe, habe es an dem erforderlichen Leistungswillen gefehlt. Dies greift die Berufungsbegründung überhaupt nicht an.

c) Die Klägerin ist mit Verfügung vom auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen worden. Sie hat mit Schriftsatz vom Stellung genommen. Auch hiernach bleibt es bei der Beurteilung, dass sich die Berufungsbegründung nicht mit der tragenden Begründung des erstinstanzlichen Urteils auseinandersetzt: Die Berufungsbegründung führt gerade nicht aus, es komme auf den Leistungswillen für das Vorliegen eines Annahmeverzugs überhaupt nicht an. Diese Rechtsauffassung wird erstmals im Schriftsatz vom vertreten. Das Arbeitsgericht hat hinsichtlich des gesamten Streitzeitraums das Fehlen eines Leistungswillens angenommen und deshalb einen Annahmeverzug der Beklagten verneint. Es hat weiter angenommen, die Arbeitsleistung in O sei vertraglich geschuldet gewesen und habe billigem Ermessen entsprochen. Auf beide Erwägungen, die die Entscheidung tragen, geht die Berufungsbegründung weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht ein. Die Frage der Beendigung des Annahmeverzugs durch bloße Aufforderung zur (ggf. auch nur befristeten) Arbeitsleistung ist hiervon ganz unabhängig.

II. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision gemäß den §§ 91, 97 ZPO zu tragen.

Fundstelle(n):
GAAAC-97087

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein