BFH Beschluss v. - VI B 59/08

Ordnungsgeld gegen nicht erschienenen Zeugen

Gesetze: FGO § 53 Abs. 2, FGO § 82, ZPO § 166, ZPO § 377

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Beschwerdeführer wurde durch das Finanzgericht (FG) mit ihm am zugestellter Verfügung vom zu dem auf den anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung als Zeuge geladen. Mit einem dem FG am zugegangenen Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer mit, wegen einer dringend gebotenen Auslandsreise den Zeugentermin nicht einhalten zu können.

Der Beschwerdeführer erschien zu dem Termin der mündlichen Verhandlung am nicht. Daraufhin legte mit Beschluss vom das FG dem Beschwerdeführer die durch dessen Ausbleiben verursachten Kosten auf und setzte zugleich gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 € und ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft fest. Nach § 380 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) könne einem ordnungsgemäß geladenen, aber nicht erschienenen Zeugen auch ohne Antrag die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt und gegen ihn auch ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Nachdem der Beschwerdeführer der Aufforderung zur schriftlichen Beantwortung der im Beweisbeschluss des Senats vom gestellten Beweisfrage nicht nachgekommen sei, sei er zur mündlichen Verhandlung als Zeuge geladen worden, aber nicht erschienen. Nach § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 82 FGO unterbleibe zwar die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung des Ordnungsgeldes, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt werde. Dies sei aber im Streitfall nicht geschehen. Die am bei Gericht eingegangene Mitteilung des Beschwerdeführers, dass er wegen einer dringend gebotenen Auslandsreise den Termin nicht einhalten könne, reiche als floskelhafte Begründung für eine Entschuldigung nicht. Sie lasse nicht erkennen, dass das Ausbleiben auf Umständen beruhe, die den Vorrang gegenüber dem Interesse an der zügigen Erfüllung der dem Gericht obliegenden Rechtspflegeaufgabe verdienen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer trägt zur Begründung vor, dass er schon seit Jahren an gravierenden Rückenbeschwerden leide und schon diverse Orthopäden erfolglos aufgesucht habe. Dem Beschwerdeführer sei dann als Kapazität ein Orthopäde in X/Österreich empfohlen worden. Da dieser Orthopäde —Dr. A— seine Praxis ab bis zur nächsten Wintersaison geschlossen hätte, hätte er sich beeilen müssen, um am 10. und noch eine Behandlung zu bekommen. Daher sei der Beschwerdeführer am nach Y geflogen. Dort habe ihn seine Tochter abgeholt und ihn weiter nach X gefahren.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht dem Beschwerdeführer die Kosten auferlegt und ein Ordnungsgeld festgesetzt. Denn der Beschwerdeführer hat sein Ausbleiben als Zeuge nicht rechtzeitig genügend entschuldigt.

1. Gemäß § 380 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 82 FGO werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt, ohne dass es eines Antrages bedarf. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt.

Der Beschwerdeführer war ordnungsgemäß geladen, die Ladung zum Termin der mündlichen Verhandlung war dem Beschwerdeführer wirksam zugestellt (§§ 82 FGO, 377 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 53 Abs. 2 FGO, § 166 ZPO) und entsprach auch im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen der §§ 82 FGO, 377 Abs. 2 ZPO.

2. Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben nach § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 82 FGO, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt eine solche Entschuldigung nicht rechtzeitig, so unterbleiben nach § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 82 FGO die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Die gegen den Zeugen bereits getroffenen Anordnungen werden nach § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO i.V.m. § 82 FGO wieder aufgehoben, wenn die genügende Entschuldigung nachträglich erfolgt.

a) Der Beschwerdeführer hat sein Ausbleiben vor dem Termin am nicht hinreichend entschuldigt. Zutreffend verweist insoweit das FG in seinem angefochtenen Beschluss darauf, dass die Mitteilung des Beschwerdeführers vom , den für die Zeugenaussagen anberaumten Termin „wegen einer dringend gebotenen Auslandsreise” nicht einhalten zu können, eine floskelhafte Begründung darstelle, die für eine Entschuldigung nicht ausreiche. Dieses Vorbringen einer dringend gebotenen Auslandsreise ist in der Sache unsubstantiiert, beschränkt sich in seiner Grundaussage darauf, dass der Beschwerdeführer nach seiner eigenen subjektiven Einschätzung diese Reise als dringlich beurteilt, und enthält aber keinerlei Tatsachen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 381 Rz 2), die zur Beurteilung erforderlich sind, ob das Ausbleiben tatsächlich hinreichend entschuldigt ist.

b) Soweit schließlich der Beschwerdeführer mit der Beschwerdebegründung vom weitere Gründe vorbringt, hat er nicht i.S. des § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Denn angesichts der zeitlichen Abfolge der Ereignisse sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die näheren Umstände für den nach seiner Auffassung dringlichen Arzttermin in X nicht schon vor dem Termin der mündlichen Verhandlung dem Gericht hätte mitteilen können. Solche Gründe werden vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht.

c) Der Beschwerdeführer kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass er aus Krankheitsgründen daran gehindert gewesen sei, den Termin wahrzunehmen. Denn der Beschwerdeführer war nach eigenen Angaben einen Tag vor dem Termin der mündlichen Verhandlung in der Lage, mit dem Flugzeug nach Y und von dort mit dem PKW weiter bis nach X in Österreich zu reisen. Angesichts dessen lagen offensichtlich keine Krankheitssymptome vor, die so gravierend gewesen wären, dass das Erscheinen des Beschwerdeführers unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung, dass selbst eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit allein nicht geeignet ist, ein Fernbleiben des Zeugen zu entschuldigen, wenn diese Arbeitsunfähigkeit keine Reise-, Verhandlungs- oder Aussageunfähigkeit bedingt (vgl. Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts —OLG— vom 5 W 8/07 u.a., OLGR Saarbrücken 2007, 464; , OLGR Köln 1999, 415; Beschlüsse des , BFH/NV 2006, 771; vom II B 34/97, BFH/NV 1998, 864; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 66. Aufl., § 381 Rz 6; MünchKommZPO/Damrau, 3. Aufl., § 381 Rz 6).

3. Das vom FG festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 250 € liegt im unteren Viertel des vorgegebenen Rahmens von 5 € bis 1 000 € und begegnet daher hinsichtlich der Höhe keinerlei Bedenken.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 34 Nr. 1
HAAAC-96349