BFH Beschluss v. - IV B 113/07

Keine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung, wenn die Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist; schlüssige Rüge einer Divergenz

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 76 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist —bei erheblichen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit— zumindest unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

1. Es kann dahinstehen, ob der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden ist. Jedenfalls hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine langjährige, vom Gesellschaftsvertrag abweichende Praxis bei der Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses, bei der Tätigkeitsvergütungen abweichend vom Gesellschaftsvertrag als Gewinnvorab und nicht als Sonderbetriebseinnahmen behandelt worden seien, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages gleichkomme. Diese Frage ist im Streitfall jedoch nicht klärungsfähig.

Denn das Finanzgericht (FG) hat die von der Klägerin begehrte Berücksichtigung der Tätigkeitsvergütungen und Zinsen als Gewinnvorab nicht deshalb abgelehnt, weil der Gesellschaftsvertrag nicht durch eine langjährige, vom Vertrag abweichende Praxis abgeändert werden könne. Vielmehr hat es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) darauf abgestellt, dass eine Sondervergütung und kein Gewinnvorab anzunehmen sei, wenn die Vergütung nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages als Unkosten zu behandeln und insbesondere —im Gegensatz zu einem Gewinnvorab— auch dann zu zahlen sei, wenn kein Gewinn erwirtschaftet werde (, BFHE 187, 235, BStBl II 1999, 284, unter 2.b der Gründe, und vom VIII R 30/99, BFHE 194, 403, BStBl II 2001, 621, unter III.3.b der Gründe). Nach diesen Grundsätzen hat das FG die an die Beigeladenen gezahlten Tätigkeitsvergütungen und Zinsen als Sondervergütungen und nicht als Gewinnvorab angesehen.

Eine (konkludente) Änderung der entsprechenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags konnte die Vorinstanz im Streitfall jedoch nicht feststellen. Zwar könne —so das FG— eine langjährige, vom Vertrag abweichende Praxis durch die Gesellschafter zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags führen und eine tatsächliche Vermutung für eine entsprechende Änderung begründen. Die Aufstellung des Jahresabschlusses und die bilanzielle Behandlung bestimmter Vorgänge führe aber nicht ohne weiteres zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags. Im Übrigen ergebe sich aus verschiedenen —vom FG näher dargelegten— Umständen des Streitfalls, dass der Gesellschaftsvertrag nicht geändert worden sei.

Das FG hat folglich bei der in erster Linie ihm als Tatsacheninstanz obliegenden Würdigung des Sachverhalts auf die gesamten Umstände des Einzelfalls abgestellt und hiernach eine Änderung des Gesellschaftsvertrages verneint. Angesichts dessen ist die von der Klägerin angesprochene Frage im Streitfall nicht klärbar. Der Sache nach läuft der Vortrag der Klägerin denn auch letztlich darauf hinaus, dass das FG die von ihm festgestellten Tatsachen unrichtig gewürdigt habe. Darauf kann die Zulassung der Revision aber nicht gestützt werden (, BFH/NV 2008, 751).

2. Die von der Klägerin erhobene Divergenzrüge ist unschlüssig.

Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert die Darlegung tragender, abstrakter Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils, die —bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt— mit tragenden Rechtssätzen eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (, BFH/NV 2006, 51, unter 1. der Gründe; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 48).

Daran fehlt es im Streitfall. Zwar hat die Klägerin der angeblichen Divergenzentscheidung, dem (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1966, 826), den Rechtssatz entnommen, bei einer langjährigen, vom Gesellschaftsvertrag abweichenden Aufteilung des Gewinns bestehe eine tatsächliche Vermutung für eine konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrages. Die Klägerin hat aber keinen hiervon abweichenden Rechtssatz der Vorentscheidung dargelegt. Einen solchen Rechtssatz hat das FG auch nicht aufgestellt. Es ist vielmehr —unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das BGH-Urteil in NJW 1966, 826— davon ausgegangen, dass der Streitfall nicht mit dem Fall vergleichbar sei, der dem vorgenannten BGH-Urteil zu Grunde gelegen habe.

Soweit die Klägerin —im Gegensatz zum FG— die Auffassung vertritt, die Ausführungen in dem BGH-Urteil in NJW 1966, 826 seien auf den Streitfall doch übertragbar, rügt sie keine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO, sondern unrichtige Rechtsanwendung durch die Vorinstanz. Die Rüge, die Vorentscheidung sei rechtswidrig, eröffnet nach ständiger Rechtsprechung des BFH aber nicht die Revision, wenn —wie im Streitfall— eine willkürliche oder greifbar gesetzwidrige Beurteilung nicht ersichtlich ist (, BFH/NV 2007, 2241, m.w.N.).

3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Mit der Beschwerdebegründung wurde kein Verfahrensmangel in zulässiger Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ergeben (vgl. , BFH/NV 2006, 2297, m.w.N.). Die Klägerin hat den von ihr geltend gemachten Verstoß des FG gegen die Sachaufklärungspflicht jedoch nicht ordnungsgemäß dargelegt.

Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Ermittlungsmaßnahme oder Beweiserhebung aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Ermittlungsmaßnahme oder Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. aus neuerer Zeit , BFH/NV 2008, 233; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69, 70, jeweils m.w.N.).

Das Vorbringen der Klägerin wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Soweit die Klägerin rügt, das FG habe auch ohne entsprechenden Antrag durch Aufforderung an sie zu weiterem Beteiligtenvortrag, durch Vernehmung des Steuerberaters als Zeugen und Anhörung der Beigeladenen aufklären müssen, was die Gesellschafter insbesondere bei der Feststellung der Jahresabschlüsse untereinander besprochen und vereinbart hätten, hat sie schon nicht dargelegt, aus welchem Grunde sich dem FG diese Aufklärungsmaßnahmen hätten aufdrängen müssen. Außerdem fehlt es an der Darlegung, dass die —sachkundig vertretene— Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die angeblich unzureichende Sachaufklärung gerügt hat oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war. Nach der Sitzungsniederschrift hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin rügelos zur Sache verhandelt und den Klageantrag gestellt. Auf das Rügerecht ist damit wirksam verzichtet worden (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
YAAAC-96339