Mitunternehmerstellung des Bedachten bei Erwerb eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs
Leitsatz
Ob es an der Übertragung eines Mitunternehmeranteils i. S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG bzw. eines Teils eines solchen Anteils fehlt, wenn mittels eines vorbehaltenen Nießbrauchs die Mitunternehmerinitiative oder das Mitunternehmerrisiko bezüglich des Gegenstandes der Zuwendung vollständig beim Übertragenden verbleibt, ist ernstlich zweifelhaft i. S. des § 69 FGO. Zweifelhaft ist auch, ob sich die Mitunternehmerstellung des Bedachten auf den ganzen übertragenen Anteil erstreckt, wenn die für die Mitunternehmerstellung erforderlichen Voraussetzungen wegen eines vorbehaltenen Quotennießbrauchs zugunsten des Schenkers nur hinsichtlich eines Teils dieses Anteils erfüllt sind.
Gesetze: ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 13a Abs. 4 Nr. 1, FGO § 69
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) war mit einer Einlage von 25 000 € Kommanditist einer GmbH & Co. KG (KG), die eine .agentur betrieb. Mit Vertrag vom übertrug er seine Kommanditbeteiligung zu 94 % schenkweise auf seine Tochter (T). Dadurch gingen die Kommanditeinlage mit einem Teilbetrag von 23 500 € sowie das variable Kapitalkonto im selben Verhältnis —1,5 (Antragsteller) zu 23,5 (T)— auf T über. Der Antragsteller behielt sich jedoch einen lebenslänglichen Quotennießbrauch von 22 000/ 23 500 an dem der T zugewendeten Anteil vor. Die mit diesem Anteil verbundenen Stimm- und Mitverwaltungsrechte sollten dem Antragsteller als Nießbraucher zustehen. T bevollmächtigte ihn für die Dauer des Nießbrauchs mit der Wahrnehmung der Stimm- und Verwaltungsrechte und verpflichtete sich, von ihrem eigenen Stimmrecht keinen Gebrauch zu machen, „ersatzweise” nur auf Weisung des Antragstellers zu handeln. Sollte T die Vollmacht widerrufen oder von ihrem Stimmrecht weisungswidrig Gebrauch machen, konnte der Antragsteller die Schenkung widerrufen. Schließlich übernahm er die Schenkungsteuer.
Der Antragsteller bezifferte den Wert des zugewendeten Gesellschaftsanteils auf 368 057 € und beantragte die Steuervergünstigungen gemäß § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Da er zum gleichen Zeitpunkt eine weitere Erwerberin bedacht hatte, verlangte er nur einen anteiligen Freibetrag von 180 000 €.
Mit Bescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom setzte der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt —FA—) eine Schenkungsteuer von 22 803 € fest, von der er einen Teilbetrag in Höhe von 12 265 € gemäß § 25 Abs. 1 ErbStG stundete. Dies ergab eine sofort zu zahlende Steuer von 10 538 €. Die Steuervergünstigungen gemäß § 13a ErbStG gewährte er nur bezüglich des Anteils der Beteiligung der T, der nicht mit dem Nießbrauchsrecht belastet war, und den das FA auf (6,38 % von 368 057 € =) 23 493 € bezifferte. Dieser Betrag wurde bereits durch den anteiligen Freibetrag vollständig aufgezehrt. Bezüglich des nießbrauchsbelasteten Teils der Beteiligung der T verweigerte das FA die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG, da T insoweit wegen der Regelungen über die Ausübung der Stimm- und Mitverwaltungsrechte nicht Mitunternehmerin geworden sei.
Während des noch anhängigen Klageverfahrens und nachdem das FA einen entsprechenden Aussetzungsantrag abgelehnt hatte, begehrte der Antragsteller eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Steuerbescheides in Höhe der sofort zu zahlenden Steuer durch das Finanzgericht (FG). Dem Antrag gab das FG mit der Begründung statt, es sei ernstlich zweifelhaft, ob T nicht bereits deshalb bezüglich ihrer gesamten Gesellschaftsbeteiligung Mitunternehmerin sei, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen hinsichtlich des unbelasteten Teils ihrer Beteiligung gegeben seien. Gesellschaftsrechtlich gebe es jedenfalls nur eine „einheitliche Beteiligung”. Dies lasse auf die Unteilbarkeit auch der Mitunternehmerstellung schließen. Ob die Vereinbarung eines quotalen Vorbehaltsnießbrauchs unter den Voraussetzungen des Streitfalls einen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) darstelle, wie in der Literatur erörtert werde, sei ebenfalls ernstlich zweifelhaft, da es sich dabei um eine „gängige Gestaltungspraxis im Rahmen vorweggenommener Erbfolgeregelungen” handele. Könne der Antragsteller aber für den gesamten Beteiligungserwerb der T die Vergünstigungen des § 13a ErbStG in Anspruch nehmen, ergäbe sich kein steuerpflichtiger Erwerb.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde macht das FA geltend, die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Mitunternehmerstellung der T, die bezüglich des unbelasteten Teils ihrer Beteiligung vorliege, auf die gesamte Beteiligung ausstrahle, sei verfehlt. Wenn es den an der Zuwendung Beteiligten möglich sei, Teile der übertragenen Gesellschaftsbeteiligung unterschiedlichen Regelungen zu unterwerfen, dann müsse es auch zulässig sein, die Teile auch unter dem Gesichtspunkt der Mitunternehmerstellung unterschiedlich zu würdigen. Dafür spreche zudem eine Abwandlung des Sachverhalts dahin, dass der nießbrauchsbelastete Teil und der unbelastete Teil nicht zeitgleich, sondern nacheinander zugewendet werden.
Das FA beantragt, den Aussetzungsbeschluss des FG aufzuheben und den Aussetzungsantrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat zutreffend angenommen, es bestünden ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der streitigen Steuerfestsetzung.
1. Gesellschaftsrechtlich kann die Beteiligung an einer Personengesellschaft in einer Hand grundsätzlich nicht in mehrere Teile unterteilt werden (Crezelius in Der Betrieb 1997, 1584, 1586). Damit übereinstimmend wird angenommen, dass auch die Mitunternehmerstellung eines Gesellschafters unteilbar ist (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, Stand Oktober 2007, § 13a Rz 134).
a) Daraus wiederum wird abgeleitet, dass die schenkweise Übertragung der Beteiligung an einer Personengesellschaft auf einen Bedachten, der bereits Gesellschafter und Mitunternehmer ist, selbst dann gemäß § 13a ErbStG begünstigt ist, wenn sich der Schenker einen derart ausgestalteten Nießbrauch vorbehalten hat, dass dem Bedachten bei isolierter Betrachtung des geschenkten Anteils die Stellung eines Mitunternehmers fehlte (Jülicher in Deutsches Steuerrecht 1998, 1977, 1978; Kapp/ Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, Stand Juli 2008, § 13a Rz 85.1; Halaczinsky in Neue Wirtschafts-Briefe Fach 10, S. 1545, 1553; a.A.: Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 27. Aufl. 2008, § 15 Rz 57).
b) Ferner soll sich aus der Einheitlichkeit der Beteiligung/ Mitunternehmerstellung für den Fall einer schenkweisen Beteiligungsübertragung unter Vorbehalt eines Nießbrauchs des zu 1. a) beschriebenen Inhalts nur an einem Teil der geschenkten Beteiligung (Quotennießbrauch) ebenfalls ergeben, dass die Mitunternehmerstellung, die dem Bedachten aufgrund des durch den Nießbrauch unbelasteten Teils der geschenkten Beteiligung zukommt, die gesamte erworbene Beteiligung erfasst (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 13a Rz 150).
c) Diese zweite Fallgestaltung, die auch dem Streitfall zugrunde liegt, zeigt jedoch, dass trotz der Einheitlichkeit der Beteiligung eines jeden Gesellschafters an einer Personengesellschaft bereits zivilrechtlich eine Unterteilung getroffen werden kann, und zwar in einen nießbrauchsbelasteten und einen unbelasteten Teil.
d) Darüber hinaus kann —wenn auch nur ausnahmsweise— die Mitunternehmerstellung von der Stellung als Gesellschafter einer Personengesellschaft getrennt werden. Lastet der vorbehaltene Nießbrauch auf der zugewendeten Beteiligung an einer Personengesellschaft vollen Umfangs und ist er ausnahmsweise so ausgestaltet, dass dem Bedachten keine Mitunternehmerinitiative und/oder kein Mitunternehmerrisiko zukommt, ist zivilrechtlich der Schenker als Nießbraucher lediglich Mitunternehmer und der Bedachte lediglich Gesellschafter. Ertragsteuerrechtlich kann die Trennung der Mitunternehmerstellung von der Stellung als Gesellschafter gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dadurch überbrückt werden, dass jemand, der zivilrechtlich nicht Gesellschafter ist, wirtschaftlich als Inhaber der Gesellschaftsbeteiligung behandelt wird (vgl. , BFHE 157, 508, BStBl II 1989, 877 sowie vom IV R 34/93, BFH/NV 1996, 314).
2. Aufgrund dieses zu 1. c) und d) aufgezeigten rechtlichen Befunds ist trotz der Einheitlichkeit der Gesellschaftsbeteiligung nicht von vornherein auszuschließen, dass es an der Übertragung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG bzw. eines Teils eines solchen Anteils fehlt, wenn mittels eines vorbehaltenen Nießbrauchs die Mitunternehmerinitiative oder das Mitunternehmerrisiko bezüglich des Gegenstandes der Zuwendung vollständig beim Übertragenden verbleibt. Andererseits ergeben die unter 1. c) und d) genannten Gesichtspunkte auch nicht hinreichend deutlich, dass es keinen Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitunternehmerstellung mit den zu 1. a) und b) beschriebenen Rechtsfolgen gibt. Unter diesen Umständen bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen und auf der Teilbarkeit der Mitunternehmerstellung beruhenden Steuerfestsetzung. Diese Zweifel lassen sich —wie das FG zu Recht angenommen hat— im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht ausräumen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 32 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 1/2009 S. 16
AAAAC-96334