Unterbrechung eines finanzgerichtlichen Verfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet bereits mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, FGO § 155, ZPO § 240, InsO § 200, InsO § 289, InsO § 290, InsO § 291, InsO § 300
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht in einer den Anforderungen der §§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative, 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt.
Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Darlegung tragender, abstrakter Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils, die —bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt— mit tragenden Rechtssätzen eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (aus neuerer Zeit z.B. , BFH/NV 2004, 80, m.w.N.).
Daran fehlt es im Streitfall. Zwar hat der Kläger der Vorentscheidung sinngemäß den Rechtssatz entnommen, die Unterbrechung eines finanzgerichtlichen Verfahrens falle gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) weg, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des insolventen Beteiligten (Klägers) nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 200 der Insolvenzordnung (InsO) aufgehoben werde. Der Kläger hat diesem Rechtssatz aber keinen abweichenden Rechtssatz aus den angeblichen Divergenzentscheidungen gegenübergestellt. Ein solcher Rechtssatz ist den vom Kläger genannten Entscheidungen tatsächlich auch nicht zu entnehmen.
a) Der (BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641) betraf schon nicht die Frage, ob die durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretene Unterbrechung des finanzgerichtlichen Verfahrens mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 200 InsO endet. Vielmehr hatte der BFH in dem vorgenannten Beschluss über die Aufrechnung des Finanzamts gegen einen Einkommensteuererstattungsanspruch in der Insolvenz zu entscheiden. Der BFH hat hierzu die Auffassung vertreten, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehenden Beschränkungen der Aufrechnung (§§ 94 bis 96 InsO) entfielen erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 200 InsO. Die nach dem Achten Teil der InsO (§§ 286 ff. InsO) mögliche Restschuldbefreiung sei —wie sich aus § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO ergebe— Teil des Insolvenzverfahrens.
Soweit der Kläger aus der letztgenannten Formulierung den Schluss gezogen hat, die Unterbrechung des finanzgerichtlichen Verfahrens nach § 155 FGO i.V.m. § 240 ZPO entfalle „erst durch den Abschluss der Restschuldbefreiung”, missversteht er den BFH-Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641.
Von der in dem BFH-Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641 angesprochenen Entscheidung des Insolvenzgerichts gemäß § 289 InsO ist die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und grundsätzlich auch erst nach Ablauf der sog. „Wohlverhaltensperiode” bzw. „Treuhandphase” zu treffende Entscheidung über die Restschuldbefreiung nach § 300 InsO zu unterscheiden (vgl. Hess, Insolvenzrecht, Großkommentar, § 300 Rz 1). Nach § 289 Abs. 2 Satz 2 InsO wird das Insolvenzverfahren erst nach Rechtskraft des Beschlusses über den Antrag auf Restschuldbefreiung (§ 289 Abs. 1 Satz 2 InsO) aufgehoben. Durch diesen Beschluss kann das Insolvenzgericht entweder die Erteilung der Restschuldbefreiung bereits zu diesem Zeitpunkt versagen (§ 290 InsO) oder die Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO ankündigen (Hess, a.a.O., § 289 Rz 2; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Ahrens, 3. Aufl., § 289 Rz 1). Letzteres ist auch im Streitfall geschehen. Erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers gemäß § 200 InsO aufgehoben. Das finanzgerichtliche Urteil erging anschließend nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
Hinsichtlich der Verfahrensunterbrechung nach § 240 ZPO entspricht es aber der einhellig vertretenen Auffassung, dass diese mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet (, BFH/NV 2004, 1285, unter b der Gründe; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 66. Aufl., § 240 Rz 22; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 240 Rz 15; Wieczorek/Schütze/Gerken, 3. Aufl., § 240 ZPO Rz 16; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 240 Rz 23; Musielak/Stadler, ZPO, 6. Aufl., § 240 Rz 7; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz 17; Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Kießner, a.a.O., § 200 Rz 10).
b) Dem (BFHE 212, 18, BStBl II 2006, 576) hat der Kläger den Rechtssatz entnommen, „dass auch das Gewinnfeststellungsverfahren bei der Insolvenz eines Gesellschafters im Sinne von § 240 ZPO ruht”. Inwiefern das FG von diesem Rechtssatz abgewichen sein soll, hat der Kläger nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 2045 Nr. 12
QAAAC-95280