Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 21; StGB § 49 Abs. 1; StGB § 177 Abs. 1; StGB § 177 Abs. 2; StGB § 177 Abs. 2 Nr. 1
Instanzenzug: LG Arnsberg, vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben. Der Strafausspruch hält hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten (§ 21 StGB) zum Tatzeitpunkt ausgegangen. Das Vorliegen eines Regelbeispiels nach § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat es - ebenfalls rechtsfehlerfrei - bejaht, bei der Bemessung der Strafe jedoch den Strafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB zu Grunde gelegt. Hierzu hat es ausgeführt: Zwar habe der Angeklagte das Tatopfer vergewaltigt, so dass in der Regel eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren verwirkt sei. Im Hinblick auf den zu Gunsten des Angeklagten anzunehmenden Alkoholisierungsgrad und die daraus resultierende Minderung seiner Steuerungsfähigkeit entfalle jedoch die Regelwirkung des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB und komme der Strafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB zur Geltung. Von einer weiteren Milderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB sei abzusehen, "weil eine daraus resultierende doppelte Berücksichtigung zu Gunsten des Angeklagten unangemessen gewesen wäre".
b) Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Zwar kann das Vorliegen eines vertypten Milderungsgrundes Anlass geben, trotz Vorliegens eines Regelbeispiels einen besonders schweren Fall zu verneinen (st. Rspr.; vgl. Fischer StGB 55. Aufl. § 46 Rn. 92 m.w.N.). Das Landgericht hat jedoch nicht bedacht, dass der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu elf Jahren und drei Monaten) für den Angeklagten günstiger ist als der des § 177 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren). Dies zwingt hier zur Aufhebung des Strafausspruchs (vgl. auch BGH, NStZ-RR 2000, 43). Der Senat kann nicht ausschließen, dass bei Zugrundelegung des nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens des § 177 Abs. 2 StGB auf eine mildere Strafe erkannt worden wäre, zumal die Strafkammer bei der Bemessung der verhängten Strafe ausdrücklich darauf abgestellt hat, dass sie die Festsetzung einer Freiheitsstrafe "deutlich im unteren Bereich des Strafrahmens" für ausreichend erachtet.
2. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung der erneuten Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit zur Prüfung haben, ob die Dauer des Ermittlungsverfahrens sowie des weiteren Verfahrens die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung rechtfertigt (zur etwaigen Kompensation vgl. BGH - GSSt - NJW 2008, 860). Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass auch im Rahmen der Strafzumessung Belastungen des Angeklagten durch eine überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer ebenso wie ein langer zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil regelmäßig strafmildernd zu berücksichtigen sind (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13; BGH - GSSt - NJW 2008, 860, 865).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-95177
1Nachschlagewerk: nein