BGH Beschluss v. - VII ZB 93/07

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Lübeck, 6 O 215/05 vom OLG Schleswig, 9 W 114/07 vom

Gründe

I.

Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Werklohn für durchgeführte Elektroarbeiten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß auf Zahlung von 5.115,00 € nebst Zinsen verurteilt und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat das Landgericht auf Antrag des vorsteuerabzugsberechtigten Klägers u.a. eine 1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3100 in Höhe von 439,40 € und damit insgesamt erstattungsfähige Kosten von 1.273,00 € festgesetzt. Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die Beklagte geltend gemacht, auf die genannte Gebühr sei eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu RVG VV Nr. 3100 in Höhe von 219,70 € vorzunehmen, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers - das ist unstreitig - in derselben Angelegenheit bereits außergerichtlich tätig gewesen sei. Deshalb habe die Verfahrensgebühr durch Anrechnung der hälftigen durch die vorgerichtliche Tätigkeit entstandenen Geschäftsgebühr gemindert werden müssen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von ihm zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten, die ihren Antrag weiterverfolgt.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Anrechnungsregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu RVG VV Nr. 3100 beziehe sich grundsätzlich nur auf das Innenverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Anwalt. Im Verhältnis zum Prozessgegner erlange die Anrechnung nur dann Bedeutung, wenn die Erstattung der Geschäftsgebühr ihm gegenüber ganz oder teilweise tituliert worden, die Gebühr von ihm unstreitig bereits ausgeglichen worden oder der Erstattungsanspruch durch Aufrechnung erloschen sei. Nur dann habe die Anrechnung Einfluss auf das Kostenfestsetzungsverfahren, weil der Kostenerstattungsschuldner nicht mehr erstatten müssen solle, als insgesamt an Gebühren angefallen seien. Dagegen sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum die unterlegene Partei nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten haben solle, weil der Rechtsanwalt der Gegenseite bereits vorgerichtlich das Geschäft seines Mandanten betrieben habe.

2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu RVG VV Nr. 3100 anteilig auf die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr anzurechnen (, NJW 2007, 2049 und vom - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050; Versäumnisurteil vom - VIII ZR 310/06, NJW 2007, 3500; Beschluss vom - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095). An dieser Rechtsprechung hat der VIII. Zivilsenat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses trotz Kritik ausdrücklich festgehalten und zudem entschieden, dass es für die Anrechnung ohne Bedeutung ist, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner zu erstatten und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (, NJW 2008, 1323 mit Nachweisen zur Gegenauffassung; Beschluss vom - VIII ZB 3/08). Dem haben sich inzwischen der III., der VI. und der IV. Zivilsenat angeschlossen (Beschlüsse vom - III ZB 8/08, aaO, vom - VI ZB 55/07, IBR 2008, 543 und vom - IV ZB 242/07). Auch der erkennende Senat tritt dieser Rechtsprechung bei.

3. Die sofortige Beschwerde und die Rechtsbeschwerde rügen hiernach zu Recht, dass im Kostenfestsetzungsbeschluss die angemeldete Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 ungekürzt in Höhe von 439,40 € angesetzt worden ist. Sie ist um 219,70 €, das ist die Hälfte der für die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2300, zu kürzen. Entsprechend war der Kostenfestsetzungsbeschluss vom Senat, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 ZPO), abzuändern.

Fundstelle(n):
OAAAC-94731

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein