OFD Magdeburg - S 2353 - 64 - St 223

Regelmäßige Arbeitsstätte bei Leiharbeitnehmern ab 2008

Ab 2008 übt ein Leiharbeitnehmer nicht mehr zwingend eine Auswärtstätigkeit aus.

Nach R 9.4 Abs. 2 LStR 2008 liegt eine Auswärtstätigkeit vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und an keiner seiner regelmäßigen Arbeitsstätten beruflich tätig wird. Eine Auswärtstätigkeit liegt ebenfalls vor, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig wird. Dabei kommt es auf die Dauer der einzelnen Tätigkeiten nicht an, sofern der Arbeitnehmer damit rechnen muss, nach Beendigung der jeweiligen Tätigkeit an einer anderen Tätigkeitsstätte eingesetzt zu werden.

In diesem Fall können Fahrtkosten zur Tätigkeitsstätte in tatsächlicher Höhe für den gesamten Zeitraum als Werbungskosten anerkannt oder steuerfrei ersetzt werden; bei den Verpflegungsmehraufwendungen ist die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 5 EStG zu beachten.

Beispiel 1

Ein bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigter Bauarbeiter wird im regelmäßigen Wechsel verschiedenen Entleihfirmen überlassen und auf deren Baustellen eingesetzt. Den Betrieb seines Arbeitgebers sucht er nur hin und wieder auf, ohne dort eine regelmäßige Arbeitsstätte i. S. d. R 9.4 Abs. 3 LStR zu begründen. Er wird z. B. für einen vor Beginn der Tätigkeit festgelegten Zeitraum von zwei Jahren an eine Baufirma überlassen und von dieser während des gesamten Zeitraums auf ein- und derselben Großbaustelle eingesetzt.

Die Großbaustelle wird nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte, weil die dortige Tätigkeit vorübergehend, d. h. auf eine von vornherein bestimmte Dauer angelegt ist; diese kann im Übrigen auch projektbezogen sein (z. B. Überlassung des Leiharbeitnehmers bis zur Vollendung eines konkreten Bauvorhabens).

Allerdings kann die Tätigkeitsstätte eines Arbeitnehmers, der typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten tätig wird, gem. R 9.4 Abs. 3 S. 1, 2. Halbsatz LStR 2008 als außerbetriebliche Einrichtung zur regelmäßigen Arbeitsstätte werden, wenn er dort „dauerhaft” tätig wird. Eine dauerhafte Tätigkeit in diesem Sinne liegt immer dann vor, wenn sie nicht vorübergehend, also zeitlich unbefristet ist.

Beispiel 2

Ein Arbeitnehmer wird von einer Zeitarbeitsfirma einem Kunden als kaufmännischer Mitarbeiter überlassen. Der Überlassungsvertrag enthält keine zeitliche Befristung („bis auf Weiteres”).

In diesem Fall liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit beim Kunden eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug ist somit nicht zulässig.

Dies gilt auch dann, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Arbeitnehmerverleiher mit dem Ziel der späteren Festanstellung beim Entleiher eingestellt wird oder er nur für die Dauer eines bestimmten Projekts eingestellt wird und das Arbeitsverhältnis danach endet. Hier liegt keine Tätigkeit an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten vor, weil der Arbeitnehmer nicht damit rechnen muss, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Vielmehr ist er dauerhaft an einer regelmäßigen (außerbetrieblichen) Arbeitsstätte tätig.

Beispiel 3

Der Arbeitnehmer im Beispielsfall 1 ist von der Zeitarbeitsfirma ausschließlich für die Überlassung an die Baufirma eingestellt worden; das Arbeitsverhältnis endet vertragsgemäß nach Abschluss des Bauvorhabens.

In diesem Fall liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit auf der Baustelle eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Aufgrund der zeitlichen Befristung des Arbeitsvertrages musste der Arbeitnehmer auch nicht damit rechnen, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug ist somit nicht zulässig.

Auch wenn ein jetzt entliehener Arbeitnehmer zuvor bei dem Entleiher (mit gleicher Tätigkeit) beschäftigt war, ist regelmäßig davon auszugehen, dass von vornherein eine dauerhafte Tätigkeit an einer (außerbetrieblichen) Arbeitsstätte vorliegt.

Beispiel 4

Ein Automobilunternehmen lagert einen Teil der in der Montage beschäftigten Arbeitnehmer an eine Leiharbeitsfirma aus, die ihrerseits die Arbeitnehmer an das Automobilunternehmen entleihen. Dort üben sie die gleiche Tätigkeit aus wie zuvor im Automobilunternehmen.

Es liegt ab dem ersten Tag eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug ist somit nicht möglich.

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Fundstelle(n):
RAAAC-93356