Mitteilungen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs (§ 31a AO)
1 Allgemeines
Zur wirksamen Bekämpfung der sozial- und wirtschaftspolitisch schädlichen Auswirkungen der illegalen Beschäftigung und der Schwarzarbeit in ihren verschiedenen Erscheinungsformen sind u. a. eine verstärkte Zusammenarbeit sowie erweiterte Auskunfts- und Unterrichtungspflichten zwischen den Behörden vorgesehen. Diesem Zweck dient auch § 31a AO.
Das Steuergeheimnis wird gegenüber den zuständigen Stellen nicht verletzt, weil § 31a AO ausdrücklich eine Ausnahme vom Schutz des Steuergeheimnisses vorsieht. § 31a AO ist Gesetz i. S. von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO.
Die zuständigen Anfragestellen haben zu versichern, dass die Mitteilung der Verhältnisse für ein Verfahren i. S. d. Abs. 1 erforderlich ist (AEAO zu § 31a Nr. 1).
§ 31a Abs. 2 Satz 1 AO verpflichtet die Finanzbehörden, in den in Abs. 1 genannten Fällen die nach § 30 AO geschützten Verhältnisse der Betroffenen zu offenbaren. Der einer Mitteilungspflicht entgegenstehende unverhältnismäßige Aufwand i. S. d. § 31a Abs. 2 Satz 3 AO ist nur ausnahmsweise anzunehmen.
Das BMF hat in einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz die Auffassung vertreten, dass der Begriff „Betroffener” in § 31a AO derselbe wie in § 30 AO sei. Danach ist Betroffener nicht nur der Verfahrensbeteiligte selbst, sondern auch jeder andere, dessen Verhältnisse durch § 30 AO geschützt werden (z. B. Geschäftsführer, Geschäftspartner, Arbeitnehmer, Auftraggeber, Empfänger von Zahlungen und/oder anderen Vorteilen).
Die Offenbarung erfolgt von Amts wegen, wenn die Finanzbehörden über konkrete Informationen verfügen, die für die zuständigen Stellen für ein Verfahren nach § 31a Abs. 1 AO erforderlich sind (AEAO zu § 31a Nr. 1).
Wie sich aus dem Wort „soweit” ergibt, ist eine Offenbarung nur in dem Umfang zulässig, wie es die Art des Verfahrens und der in ihm abgehandelte Verfahrensgegenstand erfordern. Darüber hinaus dürfen keine Verhältnisse mitgeteilt werden (z. B. keine Übersendung von Steuerbescheiden, Prüfungsgeschäftsplänen).
Die Gewährung von Akteneinsicht oder die Übersendung von Akten ist mit der Befugnis zur Mitteilung von Tatsachen nicht verbunden (AEAO zu § 31a Nr. 1).
Andere Offenbarungstatbestände (§ 30 Abs. 4 und 5 AO) bleiben unberührt.
§ 21 Abs. 4 SGB X, der gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II für das Verfahren nach dem SGB II gilt und wonach die Finanzbehörden, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen haben, bleibt unberührt.
2 Bekämpfung von illegaler Beschäftigung oder Schwarzarbeit (§ 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a AO)
Die Vorschrift erlaubt die Offenbarung von Verhältnissen des Betroffenen (Schwarzarbeiter, Arbeitgeber), soweit sie für die Durchführung
eines Strafverfahrens,
eines Bußgeldverfahrens
eines anderen gerichtlichen Verfahrens oder
eines anderen Verwaltungsverfahrens
mit dem Ziel der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung oder Schwarzarbeit erforderlich ist.
2.1 Illegale Beschäftigung
§ 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a AO dient u. a. der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer. Illegale Beschäftigung liegt vor, wenn die ausländischen Arbeitnehmer die für ihre Tätigkeit erforderliche Arbeitserlaubnis (§ 284 SGB III) oder Arbeitsberechtigung (§ 286 SGB III) nicht besitzen.
Des Weiteren wird darunter die Beschäftigung von (ausländischen und deutschen) Arbeitnehmern verstanden, ohne diese bei der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) anzumelden. Es werden in diesen Fällen keine Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt sowie keine Steuer entrichtet.
Unter dem Begriff illegale Beschäftigung versteht man auch die nicht gemeldete Arbeitsaufnahme eines (ausländischen und deutschen) Leistungsempfängers. Es werden also neben Lohn/Gehalt aus einer Beschäftigung weiterhin Leistungen bezogen. Dem „Leistungsgeber” (Arbeitsagentur, Sozialamt) werden falsche Tatsachen vorgetäuscht.
Der Begriff der Bekämpfung lässt eine Offenbarung der Verhältnisse des Betroffenen dann zu, wenn mittels Einleitung eines staatlichen Verfahrens die illegale Beschäftigung zurückgedrängt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn die Mitteilung für die Aufdeckung; Verfolgung oder Ahndung von illegaler Beschäftigung erforderlich ist. Damit reicht es auch aus, wenn das staatliche Verfahren nur generalpräventiven Zwecken dient.
Zum Begriff der illegalen Beschäftigung siehe auch § 16 Abs. 2 Schwarz-ArbG i. V. m. § 404 SGB III, §§ 15, 15a, 16 AÜG und § 5 AEntG.
2.2 Schwarzarbeit
Rechtlich liegt Schwarzarbeit in den in § 1 Abs. 2 SchwarzArbG [1]definierten Fällen vor.
Den für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung zuständigen Stellen [2]haben die Finanzämter die nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Zur Regelung über die Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) und den Länderfinanzbehörden gemäß § 2 Abs. 1 Satz 5 SchwarzArbG (Zusammenarbeitsregelung Schwarzarbeitsbekämpfung) verweist die OFD auf die (NfD) sowie auf das dazu als Anlage beifügte Typologiepapier.
3 Arbeitnehmerüberlassung (§ 31a Abs. 1 Nr 1 Buchst. b Doppelbuchst. aa AO)
Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) i. d. F. vom [3]bedürfen Arbeitgeber (Verleiher), die Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) an Dritte (Entleiher) gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen, einer Erlaubnis.
In den §§ 1, 1a und 1b des AÜG wird die erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung erläutert.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die umfangreichen Darstellungen im AEAO zu § 31a Nr. 3 verwiesen.
4 Leistungen aus öffentlichen Mitteln (§ 31a Abs. 1 Nr 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb)
Es wird auf die umfangreichen Darstellungen im AEAO zu § 31a Tz. 4 verwiesen.
4.1 Mitteilungspflicht an die Bundesanstalt für Arbeit bei eventuell zu Unrecht gezahltem Arbeitslosengeld
Der [4]entschieden, dass die Mitteilung von konkreten Tatsachen wie z. B. die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit neben dem Bezug von Arbeitslosengeld an die Bundesanstalt für Arbeit bereits zulässig ist, soweit die Tatsachen für die Entscheidung über eine eventuelle Rückforderung von Arbeitslosengeld geeignet sind. Es genügt die Möglichkeit, dass der Steuerpflichtige das Arbeitslosengeld zu Unrecht erhalten hat und deshalb eine Rückforderung durch die Bundesanstalt für Arbeit in Betracht kommen könnte. Eine Feststellung, ob die Kenntnis über die zu offenbarende Tatsache eine Rückforderung rechtfertigt, ist nicht vorzunehmen.
In diesem Zusammenhang hat der BFH die Regelung des § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb AO insbesondere hinsichtlich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung für verfassungsgemäß erklärt.
4.2 Mitteilungspflicht hinsichtlich der geförderten Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG
Das bei der Bemessung der Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigende Einkommen ist in § 11 Abs. 1 SGB II definiert. Vom Einkommen abzusetzen – und damit geeignet, Leistungen nach dem SGB II zu erhöhen – sind gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 EStG, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 EStG nicht überschreiten.
Zur Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II richten die Leistungsträger Amtshilfeersuchen an die Finanzämter, mit denen sie um Mitteilung der nach § 86 EStG entscheidungserheblichen Mindesteigenbeitragshöhen des Betroffenen bitten. Da die Mitteilung für die Entscheidung des Leistungsträgers über die Bewilligung einer Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich ist, ist die Offenbarung der nach § 30 AO geschützten Verhältnisse des Betroffenen nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb AO zulässig.
5 Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mitteln (§ 31a Abs. 1 Nr. 2 AO)
Die Offenbarung nach § 31a Abs. 1 Nr. 2 AO ist zulässig, soweit sie für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich ist. Wegen des Begriffs der Leistung aus öffentlichen Mitteln wird auf die Ausführungen im AEAO zu § 31a Nr. 4.1 hingewiesen.
Während § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb AO den „Festsetzungsbereich” betrifft, regelt § 31a Abs. 1 Nr. 2 AO den „Erhebungsbereich”. Das heißt, Mitteilungen sind nicht nur erlaubt für die Festsetzung eines Anspruchs zugunsten und zu Lasten des Betroffenen, sondern auch zur Durchsetzung eines gegen ihn gerichteten Anspruchs.
OFD Hannover v. - S 0132 - 1 - StO 142
Fundstelle(n):
TAAAC-93351
1vom (BGBl. 2004 I S. 1842); zuletzt geändert durch Art 4a des Gesetzes vom (BGBl. 2007 I S. 2246) – abgedruckt im amtlichen AO-Handbuch 2008 Anhang 26 – siehe auch AEAO zu § 31a Nr. 2.2
2siehe AEAO zu § 31a Nr. 2.3
3BGBl. 2006 I S. 2407
4VII B 110/07 (BStBl. 2008 II S. 42)