Darlegung eines Verfahrensfehlers; keine Verletzung des Rechts auf Gehör bei Nichterscheinen des ordnungsgemäß geladenen Beteiligten zur mündlichen Verhandlung
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung.
Die Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr 2005 erfolgte bei der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung —AO—) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO), da Steuererklärungen nicht vorlagen. Zugleich setzte das FA Verspätungszuschläge fest. In einem Rechtsbehelfsverfahren machte die Klägerin geltend, an der Erstellung von Jahresabschlüssen gehindert zu sein, da das FA die Besteuerungsgrundlagen nicht mitgeteilt habe und sich wesentliche Unterlagen im Zusammenhang mit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung noch beim FA befinden würden. Nach einem Hinweis des FA auf eine bereits erfolgte Bekanntgabe der umsatzsteuerrechtlichen Feststellungen mit Rückgabe der Unterlagen wurde der Einspruch im Juli 2007 zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, dass sie, wenn das FA von einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ausgehe, auch keinen Gewinn habe erzielen können; im Übrigen wurde Akteneinsicht beantragt. Eine Akteneinsicht erfolgte durch die Klägerin trotz einer entsprechenden Aufforderung nicht. Der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) setzte eine Frist gemäß § 79b Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Daraufhin beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer-Akten und die Prüfungsakten zum Verfahren beizuziehen. Außerdem sei das FA seiner Verpflichtung, die Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen, noch nicht nachgekommen. Das FA vertrat die Auffassung, die Beiziehung der Umsatzsteuerakten sei entscheidungsunerheblich, da die Organschaft nur umsatzsteuerrechtlich bestehe; im Übrigen reiche dann, wenn keine Steuererklärungen abgegeben worden seien, die Angabe der geschätzten Besteuerungsgrundlagen aus, um der Pflicht aus § 364 AO zu entsprechen. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Schleswig-Holsteinischen ); im Termin zur mündlichen Verhandlung war für die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand erschienen.
Die Klägerin macht geltend, dass die Revision gegen das angefochtene Urteil wegen Verfahrensfehlern zuzulassen sei.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Klägerin hat geltend gemacht, dass der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO erfüllt sei. Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) verlangt, dass diejenigen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— genau und schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ergeben soll, dass der behauptete Verfahrensmangel vorliegt und das angefochtene Urteil —nach der insoweit maßgebenden, ggf. unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf ihm beruhen kann (z.B. , BFH/NV 2007, 1341). Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag der Klägerin nicht gerecht.
a) Die Klägerin trägt vor, es sei nicht nachvollziehbar, wenn das FG die Auffassung vertrete, die zur Festsetzung der Umsatzsteuer ermittelten Grundlagen ließen sich nur im Zusammenhang mit einem Jahresabschluss ohne weitere Verfahrensverzögerung für eine Überprüfung der Schätzung heranziehen. Mit diesem Vorbringen wird die Schlüssigkeit der Argumentation des FG (und damit ein materiell-rechtlicher Fehler des FG) gerügt. Es wird damit nicht vorgetragen, dass es der angefochtenen Entscheidung i.S. der §§ 105 Abs. 2 Nr. 5 und 119 Nr. 6 FGO an Gründen fehle.
b) Mit dem Vorbringen, der Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch die fehlende Beiziehung der Umsatzsteuer-Akten verletzt worden, ist angesichts der vom FG begründeten Auffassung, dass es weder für die ertragsteuerlichen Festsetzungen noch für die Festsetzung der Verspätungszuschläge auf die Vorlage der Akten ankäme, nicht dargelegt, dass die fehlende Beiziehung der Akten die Klägerin an weiterem Sachvortrag gehindert hätte. Im Übrigen hätte die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung (weitere) Gelegenheit gehabt, zu entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Wenn die Klägerin diese Möglichkeit nicht nutzt, hat sie nicht alles in ihren Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche getan, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (s. allgemein , BFH/NV 2007, 947).
Fundstelle(n):
WAAAC-93269