RL 97/7/EG Anhang I: Kommunikationstechniken nach Artikel 2 Nummer 4
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT
UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den
Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,
auf Vorschlag der Kommission
,
nach Stellungnahme des
Wirtschafts- und Sozialausschusses
,
gemäß dem Verfahren
des Artikels 189b des Vertrags
, aufgrund des am 27. November 1996 vom
Vermittlungsausschuß gebilligten gemeinsamen Entwurfs,
in Erwägung nachstehender
Gründe:
(1) Im Rahmen der
Verwirklichung der Ziele des Binnenmarkts sind geeignete Maßnahmen zu
dessen schrittweiser Festigung zu ergreifen.
(2) Der freie Verkehr von Waren
und Dienstleistungen betrifft nicht nur den gewerblichen Handel, sondern auch
Privatpersonen. Er bedeutet für den Verbraucher, daß dieser zu den
Gütern und Dienstleistungen eines anderen Mitgliedstaats zu den gleichen
Bedingungen Zugang hat wie die Bevölkerung dieses Staates.
(3) Die Vollendung des
Binnenmarkts kann für den Verbraucher besonders im
grenzüberschreitenden Fernabsatz sichtbar zum Ausdruck kommen, wie dies
unter anderem in der Mitteilung der Kommission an den Rat „Auf dem Weg
zu einem Binnenmarkt für den Handel” festgestellt wurde. Es ist
für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts unabdingbar, daß
der Verbraucher sich an ein Unternehmen außerhalb seines Landes wenden
kann, auch wenn dieses Unternehmen über eine Filiale in dem Land
verfügt, in dem der Verbraucher lebt.
(4) Mit der Einführung
neuer Technologien erhalten die Verbraucher einen immer besseren Überblick
über das Angebot in der ganzen Gemeinschaft und zahlreiche neue
Möglichkeiten, Bestellungen zu tätigen. Einige Mitgliedstaaten haben
bereits unterschiedliche oder abweichende Verbraucherschutzbestimmungen
für den Fernabsatz erlassen, was negative Auswirkungen auf den Wettbewerb
zwischen den Unternehmen im Binnenmarkt zur Folge hat. Es ist daher geboten,
auf Gemeinschaftsebene eine Mindestzahl gemeinsamer Regeln in diesem Bereich
einzuführen.
(5) Unter den Nummern 18 und 19
des Anhangs zur Entschließung des Rates vom 14. April 1975 über das
erste Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine
Politik zum Schutz und zur Information der Verbraucher
wird von der Notwendigkeit gesprochen,
die Käufer von Gütern oder Dienstleistungen vor der Forderung nach
Zahlung nicht bestellter Waren und vor aggressiven Verkaufsmethoden zu
schützen.
(6) In der Mitteilung der
Kommission an den Rat mit dem Titel „Neuer Impuls für die
Verbraucherschutzpolitik”, die durch die Entschließung des Rates
vom 23. Juni 1986 gebilligt wurde, wird unter Nummer 33
erklärt, daß die Kommission Vorschläge zur Verwendung neuer
Informationstechnologien unterbreiten wird, die es den Verbrauchern
ermöglichen, Bestellungen an einen Lieferer von zu Hause aus zu
tätigen.
(7) In der Entschließung
des Rates vom 9. November 1989 über künftige Prioritäten bei der
Neubelebung der Verbraucherschutzpolitik
wird die Kommission aufgefordert, ihre
Bemühungen vor allem auf die im Anhang der Entschließung angegebenen
Bereiche zu konzentrieren. In diesem Anhang werden die neuen Technologien, die
den Fernabsatz ermöglichen, erwähnt. Die Kommission ist dieser
Entschließung durch die Annahme eines „Dreijahresplans für
die Verbraucherpolitik in der EWG (1990– 1992)” nachgekommen;
dieser Plan sieht die Verabschiedung einer diesbezüglichen Richtlinie
vor.
(8) Die Frage, welche Sprachen
bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zu verwenden sind, fällt in die
Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.
(9) Der Abschluß von
Verträgen im Fernabsatz ist durch die Verwendung einer oder mehrerer
Fernkommunikationstechniken gekennzeichnet. Diese verschiedenen Techniken
werden im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw.
Dienstleistungssystems ohne gleichzeitige Anwesenheit des Lieferers oder
Dienstleistungserbringers und des Verbrauchers eingesetzt. Aufgrund ihrer
ständigen Weiterentwicklung können diese Techniken nicht in einer
erschöpfenden Liste erfaßt werden; es ist daher notwendig,
brauchbare Prinzipien auch für die wenig verwendeten unter ihnen
festzulegen.
(10) Dieselbe Transaktion, die
sukzessive Vorgänge oder eine Reihe von getrennten Vorgängen, die
sich über einen bestimmten Zeitraum erstrecken, umfaßt, kann je nach
Gesetzeslage in den Mitgliedstaaten in rechtlicher Hinsicht unterschiedlich
ausgestaltet sein. Die Bestimmungen dieser Richtlinie können –
vorbehaltlich der Inanspruchnahme von Artikel 14 – nicht unterschiedlich
je nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten angewandt werden. Es
erscheint deshalb angebracht, daß den Bestimmungen der Richtlinie
zumindest zu dem Zeitpunkt nachgekommen werden muß, zu dem der erste
einer Reihe von sukzessiven Vorgängen oder der erste einer Reihe von
getrennten Vorgängen erfolgt, die sich über einen bestimmten Zeitraum
erstrecken und als ein Gesamtvorgang gelten können, und zwar ungeachtet,
ob dieser Vorgang oder diese Reihe von Vorgängen Gegenstand eines einzigen
Vertrags oder aufeinanderfolgender getrennter Verträge ist.
(11) Die Verwendung dieser
Techniken darf nicht zu einer Verringerung der dem Verbraucher vermittelten
Informationen führen. Es sind daher die Informationen festzulegen, die dem
Verbraucher unabhängig von der verwendeten Kommunikationstechnik zwingend
übermittelt werden müssen. Außerdem muß die
Übermittlung dieser Informationen entsprechend den sonstigen
einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften erfolgen, und zwar insbesondere
gemäß der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984
über die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der irreführenden Werbung
. Falls Ausnahmen von der
Verpflichtung zur Übermittlung von Informationen gemacht werden, obliegt
es dem Verbraucher, nach seiner Wahl bestimmte grundlegende Angaben wie
Identität des Lieferers, wesentliche Eigenschaften und Preis der Waren
oder Dienstleistungen zu verlangen.
(12) Bei Benutzung des Telefons
sollte der Verbraucher zu Beginn des Gesprächs genügend Informationen
erhalten, um zu entscheiden, ob er das Gespräch fortsetzen will oder
nicht.
(13) Die mit Hilfe bestimmter
elektronischer Technologien verbreitete Information ist häufig nicht
beständig, soweit sie nicht auf einem dauerhaften Datenträger
empfangen wird. Infolgedessen ist es notwendig, daß der Verbraucher
rechtzeitig schriftlich Informationen erhält, die zur korrekten
Ausführung des Vertrags erforderlich sind.
(14) Der Verbraucher hat in der
Praxis keine Möglichkeit, vor Abschluß des Vertrags das Erzeugnis zu
sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im einzelnen zur Kenntnis zu
nehmen. Daher sollte ein Widerrufsrecht bestehen, sofern in dieser Richtlinie
nicht etwas anderes bestimmt ist. Damit es sich um mehr als ein bloß
formales Recht handelt, müssen die Kosten, die, wenn überhaupt, vom
Verbraucher im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts getragen werden, auf
die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren begrenzt werden. Das
Widerrufsrecht berührt nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen
Rechte des Verbrauchers, insbesondere bei Erhalt von beschädigten
Erzeugnissen oder unzulänglichen Dienstleistungen oder Erzeugnissen und
Dienstleistungen, die mit der entsprechenden Beschreibung in der Aufforderung
nicht übereinstimmen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, weitere
Bedingungen und Einzelheiten für den Fall der Ausübung des
Widerrufsrechts festzulegen.
(15) Ebenso ist eine Frist
für die Erfüllung des Vertrags vorzusehen, wenn sie nicht bei der
Bestellung festgelegt worden ist.
(16) Die Absatztechnik, die
darin besteht, dem Verbraucher ohne vorherige Bestellung oder ohne
ausdrückliches Einverständnis gegen Entgelt Waren zu liefern oder
Dienstleistungen zu erbringen, ist als nicht zulässig anzusehen, es sei
denn, es handele sich um eine Ersatzlieferung.
(17) Die in den Artikeln 8 und
10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten vom 4. November 1950 festgelegten Prinzipien sind zu
berücksichtigen. Es ist daher angezeigt, dem Verbraucher ein Recht auf den
Schutz des Privatlebens, insbesondere vor Belästigungen durch gewisse
besonders aufdringliche Kommunikationstechniken, zuzuerkennen und mithin die
spezifischen Grenzen der Nutzung solcher Techniken genau zu bestimmen. Die
Mitgliedstaaten sollten die geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die
Verbraucher, die keine Kontaktaufnahme durch bestimmte Kommunikationsmittel
wünschen, auf wirksame Weise vor derartigen Kontakten zu schützen,
und zwar ohne Beeinträchtigung der zusätzlichen Garantien, die dem
Verbraucher aufgrund gemeinschaftlicher Regelungen über den Schutz
personenbezogener Daten und der Privatsphäre zustehen.
(18) Es ist wichtig, daß
die verbindlichen Grundregeln dieser Richtlinie im Einklang mit der Empfehlung
92/295/EWG der Kommission vom 7. April 1992 über Verhaltenskodizes zum
Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz
gegebenenfalls durch freiwillige
Bestimmungen der betreffenden Berufszweige ergänzt werden.
(19) Im Hinblick auf einen
optimalen Verbraucherschutz ist es wichtig, daß der Verbraucher in
ausreichendem Umfang über die Bestimmungen dieser Richtlinie und etwaige
Verhaltenskodizes auf diesem Gebiet unterrichtet wird.
(20) Die Nichteinhaltung der
Bestimmungen dieser Richtlinie kann den Verbrauchern, aber auch Mitbewerbern,
schaden. Es können daher Bestimmungen vorgesehen werden, die es
öffentlichen Einrichtungen oder deren Vertretern oder
Verbraucherverbänden, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes
Interesse am Schutz der Verbraucher haben, oder Berufsverbänden mit
berechtigtem Interesse erlauben, auf Anwendung dieser Richtlinie zu
dringen.
(21) Im Hinblick auf den
Verbraucherschutz ist es wichtig, die Frage grenzüberschreitender
Beschwerden so bald wie möglich zu behandeln. Die Kommission hat am 14.
Februar 1996 einen Aktionsplan für den Zugang der Verbraucher zum Recht
und die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Verbraucher im Binnenmarkt
veröffentlicht. Dieser Aktionsplan umfaßt spezifische Initiativen
zur Förderung außergerichtlicher Verfahren. Es werden objektive
Kriterien (Anhang II) vorgeschlagen, um die Verläßlichkeit jener
Verfahren sicherzustellen, und es wird die Verwendung von genormten
Formblättern (Anhang III) vorgesehen.
(22) Bei den neuen Technologien
entzieht sich die technische Seite dem Einfluß des Verbrauchers. Es ist
daher vorzusehen, daß die Beweislast dem Lieferer auferlegt werden
kann.
(23) In bestimmten Fällen
besteht die Gefahr, daß dem Verbraucher der in dieser Richtlinie
aufgestellte Schutz entzogen wird, indem das Recht eines Drittlands zum auf den
Vertrag anwendbaren Recht erklärt wird. Diese Richtlinie sollte deshalb
Bestimmungen enthalten, die dies ausschließen.
(24) Ein Mitgliedstaat kann im
Interesse der Allgemeinheit in seinem Hoheitsgebiet die Vermarktung bestimmter
Erzeugnisse und Dienstleistungen im Rahmen von Vertragsabschlüssen im
Fernabsatz untersagen. Dieses Verbot muß unter Einhaltung der
Rechtsvorschriften der Gemeinschaft gehandhabt werden. Entsprechende Verbote
sind insbesondere im Hinblick auf Arzneimittel im Rahmen der Richtlinie
89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der
Fernsehtätigkeit
und der Richtlinie 92/28/EWG des
Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel
bereits vorgesehen –