BFH Beschluss v. - III B 56/08

Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens

Gesetze: FGO § 65, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute. Sie gaben für das Jahr 2002 eine Einkommensteuererklärung ab, in der keine Angaben zu Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers enthalten waren. In den Vorjahren hatte der Kläger solche Einkünfte erzielt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) forderte die Kläger auf, eine etwaige Betriebseinstellung zu erläutern oder den Erklärungsvordruck GSE einzureichen. Die Kläger kamen dem nicht nach. Das FA schätzte Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb von 12 300 €. Für die Jahre 2003 bis 2005 schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen in vollem Umfang, weil die Kläger keine Einkommensteuererklärungen abgaben. Gegen die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2005 wandten sie sich mit Einspruch, mit dem sie auf die noch vorzulegenden Steuererklärungen verwiesen. Diese gingen jedoch nicht ein, so dass das FA den Rechtsbehelf zurückwies.

In der Klageschrift vom kündigten die Kläger an, Beweismittel und Tatsachen zur Begründung der Klage vorzubringen. In einem Schreiben vom teilten sie mit, dass die als Beweismittel angegebenen Steuererklärungen bald fertig gestellt seien. Mit Verfügung vom setzte der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) den Klägern gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist von einem Monat zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens. Er wies darauf hin, dass die Klage bei einer Fristversäumnis unzulässig sei, sofern nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Mit Schreiben vom teilten die Kläger mit, dass sich nach Fertigstellung der Steuererklärungen ergeben habe, dass die Steuerschuld im Vergleich zu den Schätzungen deutlich geringer sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom legte der Kläger erstmals die vollständigen Einkommensteuererklärungen 2002 bis 2005 vor. Das FG wies die Klage als unzulässig ab, weil der Gegenstand des Klagebegehrens nicht innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet worden sei.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie einen Verfahrensmangel geltend.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Aus dem Wortlaut des § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO ergibt sich, dass eine nach dieser Vorschrift gesetzte Frist zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens eine Ausschlussfrist ist, deren Versäumnis —abgesehen von einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand— nicht geheilt werden kann. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob eine zunächst unzulässige Klage in die Zulässigkeit hineinwachsen könne, wenn nach Ablauf einer gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Frist Steuererklärungen eingereicht werden, bedarf somit nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Daraus ergibt sich zugleich, dass keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts notwendig ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO).

2. Die Rechtssache erfordert auch nicht eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO).

a) Das FG ist nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen. Die von den Klägern zitierten (BFHE 153, 290, BStBl II 1988, 895) sowie vom III R 132/85 (BFHE 157, 296, BStBl II 1989, 846), die als Beleg für die unzutreffende Rechtsansicht des FG dienen sollen, sind zu einer überholten Fassung des § 65 Abs. 2 FGO ergangen. Die in § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO vorgesehene Möglichkeit, eine Frist mit ausschließender Wirkung zur Bezeichnung des Klagebegehrens zu setzen, wurde erst durch das FGO-Änderungsgesetz vom eingeführt (BGBl I 1992, 2109).

b) Ebenso wenig liegt die von den Klägern gerügte Abweichung des FG-Urteils vom (BFHE 180, 247, BStBl II 1996, 483) vor. In dem Sachverhalt, der der zitierten Entscheidung zugrunde lag, hatten die Kläger noch innerhalb einer nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Frist den Gegenstand des Klagebegehrens durch Bezugnahme auf bereits dem Gericht vorliegende Unterlagen in ausreichender Weise bezeichnet. Demgegenüber haben die Kläger im Streitfall innerhalb der Ausschlussfrist lediglich angekündigt, die zur Bezeichnung des Klagebegehrens geeigneten Steuererklärungen noch einzureichen.

3. Auch der von den Klägern gerügte Verfahrensmangel ist nicht gegeben (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Nach ständiger Rechtsprechung stellt es einen Verfahrensmangel dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (z.B. , BFH/NV 2007, 1345). Zugleich wird in einem solchen Fall der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO).

Eine i.S. von § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO ausreichende Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens erfordert die substantiierte Darlegung, inwieweit der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist (, BFH/NV 1997, 232). Der Gegenstand des Klagebegehrens kann auch im Wege der Auslegung und unter Rückgriff auf die Steuerakten festgestellt werden (BFH-Urteile in BFHE 180, 247, BStBl II 1996, 483; vom X R 20/98, BFH/NV 1999, 1603, und vom VIII R 56/98, BFH/NV 2000, 198). Die bloße Ankündigung einer noch einzureichenden Steuererklärung zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens reicht nicht aus; das gilt auch für die pauschale Behauptung, die Besteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt worden (s. , BFH/NV 2003, 190).

Im Streitfall hatten die Kläger lediglich die Änderung der angefochtenen Schätzungsbescheide unter Hinweis auf die noch einzureichenden Steuererklärungen beantragt. Dies ließ den Umfang des Änderungsbegehrens nicht hinreichend erkennen.

Fundstelle(n):
TAAAC-92648