Nachträglicher Einbau eines Rußpartikelfilters
Leitsatz
Der Einbau eines Rußpartikelfilters vor der erstmaligen Zulassung eines PKW zum Verkehr stellt keine nachträgliche technische Verbesserung i.S. des § 3c Abs. 1 Satz 1 KraftStG dar.
Gesetze: KraftStG § 3c
Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 2 K 1527/07 (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines Personenkraftwagens (PKW) mit Selbstzündungsmotor. Das Fahrzeug wurde werksseitig ohne Rußpartikelfilter ausgeliefert, auf Veranlassung des Klägers mit einem solchen Filter nachgerüstet und dann am erstmals zum Verkehr zugelassen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte mit Änderungsbescheid vom die Kraftfahrzeugsteuer ab dem ohne Berücksichtigung der vom Kläger begehrten Steuervergünstigung wegen Nachrüstung des Fahrzeugs mit einem Rußpartikelfilter (§ 3c Abs. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes —KraftStG—) auf 481 € jährlich fest.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das Finanzgericht (FG) habe § 3c KraftStG fehlerhaft ausgelegt.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Steuer unter Abänderung des Steuerbescheids vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom für die Zeit vom bis auf 151 € herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Einbau eines Rußpartikelfilters vor der erstmaligen Zulassung eines PKW zum Verkehr keine nachträgliche technische Verbesserung i.S. des § 3c Abs. 1 Satz 1 KraftStG darstellt und die Steuerbefreiung gemäß § 3c Abs. 1 KraftStG daher nicht zu gewähren ist.
1. Nach § 3c Abs. 1 KraftStG ist eine befristete Steuerbefreiung zu gewähren, wenn ein PKW mit Selbstzündungsmotor, der bis zum erstmals zugelassen worden ist, vom bis zum nachträglich so verbessert wird, dass er einer der in Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift genannten Partikelminderungsstufen entspricht.
a) Nachträglich im Sinne dieser Vorschrift ist eine technische Verbesserung, die nach der Zulassung des Fahrzeugs zum Verkehr erfolgt. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Regelungszusammenhang und dem Willen des Gesetzgebers.
aa) Eine im Sinne des KraftStG nachträgliche technische Verbesserung kann sich sinnvollerweise nur auf einen Zeitpunkt beziehen, der für die Kraftfahrzeugsteuer derart von rechtlicher Bedeutung ist, dass sich eine Veränderung des Fahrzeugs im Anschluss an diesen Zeitpunkt, also im Nachhinein, auf die Kraftfahrzeugsteuer auswirkt. Ist Steuergegenstand wie im Streitfall das Halten eines inländischen Fahrzeugs zum Verkehr auf öffentlichen Straßen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) und beginnt die Steuerpflicht mit der erstmaligen Zulassung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG), kann eine technische Verbesserung somit nur ab diesem Zeitpunkt im kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Sinne nachträglich sein.
Dies entspricht auch dem verkehrsrechtlichen Sprachgebrauch. Danach handelt es sich bei der nachträglichen technischen Verbesserung eines Fahrzeugs um eine Nachrüstung. Eine solche setzt voraus, dass das Fahrzeug schon erstmals zum Verkehr zugelassen ist (Nachrüstfall, vgl. Tz. 1.1, Tz. 6.2.3 der Anlage XXVI zu § 47 Abs. 3a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung —StVZO— betreffend Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Partikel von Kraftfahrzeugen mit Selbstzündungsmotor, BGBl I 2006, 288 —Anlage XXVI StVZO—). Hiervon zu unterscheiden sind Fahrzeuge, die bereits ab dem Tage, an dem sie erstmals für den Verkehr zugelassen werden, als besonders partikelreduziert gelten (vgl. Tz. 1.1 Anlage XXVI StVZO); darauf, ob sie ab Werk partikelreduziert sind oder erst vor der erstmaligen Zulassung mit der erforderlichen Technik ausgestattet wurden, kommt es danach nicht an (Neufahrzeuge, vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3c Rz 2).
bb) Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 KraftStG beginnt die Steuerbefreiung an dem Tag, an dem nach der Feststellung der Zulassungsbehörde die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind; in den Fällen des Absatzes 2 der Vorschrift ist dies der . Mit dem Eintritt der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung endet nach § 5 Abs. 2 Satz 3 KraftStG die Steuerpflicht. Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich ebenfalls, dass die nachträgliche technische Verbesserung i.S. des § 3c Abs. 1 Satz 1 KraftStG zu einem Zeitpunkt zu erfolgen hat, der nach Beginn der Steuerpflicht liegt; diese könnte sonst nicht enden. Die Steuerpflicht beginnt für das Halten inländischer Fahrzeuge (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG) mit der Zulassung des Fahrzeugs zum Verkehr (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 KraftStG). Die nachträgliche technische Verbesserung muss somit nach der Zulassung des Fahrzeugs zum Verkehr erfolgen. Soll eine Steuerbefreiung schon ab dem Tag der erstmaligen Zulassung gelten, ordnet das KraftStG dies auch an (vgl. z.B. § 3b Abs. 1 Satz 1 und § 3d Abs. 1 Satz 2 KraftStG); in § 3c KraftStG ist dies nicht geschehen.
cc) Die Beschränkung der Steuerbefreiung auf technische Verbesserungen, die nach der erstmaligen Zulassung eines Fahrzeugs erfolgen, entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Entgegen früheren Überlegungen, auch Neuwagen, die mit einem entsprechenden Filter ausgerüstet sind, zu fördern (Strodthoff, a.a.O., § 3c Rz 3; vgl. Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Luftreinhaltungsgesetze vollziehen – Risiken durch Feinstaub senken, BTDrucks 15/5687 vom , sowie Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Förderung besonders partikelreduzierter Personenkraftwagen BRDrucks 394/1/05 vom ), ist bei der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zum Vierten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (4. KraftStÄndG) die Förderung auf die Nachrüstung auf im Verkehr befindliche Fahrzeuge beschränkt worden (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. KraftStÄndG vom , BRDrucks 872/06, 7; vom , BTDrucks 16/4010, 9).
b) Die Förderung von Neufahrzeugen mit Selbstzündungsmotor, die vor ihrer Erstzulassung mit moderner Partikeltechnik ausgerüstet werden, kann auch nicht auf eine analoge Anwendung von § 3c Abs. 1 KraftStG gestützt werden. Eine Analogie setzt eine planwidrige Lücke voraus. Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl. z.B. , BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697). Daran fehlt es, weil die Beschränkung der Förderung auf Fahrzeuge, die bereits im Verkehr befindlich sind, dem gesetzgeberischen Plan entspricht, nicht ergänzungsbedürftig ist und auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.
c) Weder die Förderung von PKW mit Selbstzündungsmotor an sich noch die Beschränkung der Förderung innerhalb dieser Gruppe auf solche Fahrzeuge, die bereits im Verkehr befindlich sind, verstößt gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—).
Die steuerliche Förderung ist von der gesetzgeberischen Entscheidung getragen, die Partikelbelastung („Feinstaub”) durch PKW mit Dieselmotor zu reduzieren, weil jene zu einer signifikanten Erhöhung der Mortalität in der Bevölkerung beiträgt (BTDrucks 16/4010, 7). Die Förderung soll zu deutlich geringeren gesundheitlichen Gefährdungen und Belastungen für die Umwelt führen (BTDrucks 16/4010, 1). Sie dient damit wichtigen Gründen des Gemeinwohls, nämlich dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; vgl. , BVerfGE 79, 174) wie auch dem Schutz der Umwelt (vgl. , BVerfGE 27, 58).
Der Beschränkung der Förderung liegt die Unterscheidung in Neufahrzeuge, die mit einem Partikelminderungssystem ausgerüstet sind, und solche Fahrzeuge, die ohne moderne Partikelausrüstung im Verkehr befindlich sind und nachgerüstet werden sollen, zugrunde. Sie findet ihre Rechtfertigung einerseits darin, einen finanziellen Anreiz zu geben, Fahrzeuge nachzurüsten, die sonst nicht oder nicht zeitnah nachgerüstet würden (BTDrucks 16/4010, 9) und zum anderen darin, dass die Nachrüstung solcher Fahrzeuge gegenüber der Ausstattung von Neufahrzeugen mit moderner Partikelausrüstung typischerweise einen höheren Aufwand und vergleichsweise höhere Kosten verursacht. Der Wert der Steuerbefreiung deckt nach der Gesetzesbegründung etwa 50 % der Nachrüstungskosten für die weit überwiegend zum Einsatz kommenden ungeregelten Partikelminderungssysteme ab (BTDrucks 16/4010, 9). Der Gesetzgeber bewegt sich hierbei im Rahmen seiner grundsätzlichen Befugnis, der Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zugrunde zu legen und sich mit einer „Typengerechtigkeit” zu begnügen (vgl. z.B. , BVerfGE 65, 325, 354).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 675
BFH/NV 2008 S. 1968 Nr. 11
BFH/PR 2008 S. 530 Nr. 12
BStBl II 2009 S. 675 Nr. 16
DB 2008 S. 2234 Nr. 41
DStRE 2008 S. 1473 Nr. 23
DStZ 2008 S. 739 Nr. 21
HFR 2008 S. 1261 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 41/2008 S. 3825
StB 2008 S. 391 Nr. 11
StC 2008 S. 14 Nr. 12
StuB-Bilanzreport Nr. 19/2008 S. 770
LAAAC-92240