Leitsatz
Ein Hilfsmittelerbringer kann auch ohne Beteiligung an dem maßgeblichen Rahmenvertrag einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse aus einem anderen Bundesland haben (Fortführung von = BSGE 90, 220 = SozR 4-2500 § 33 Nr 1).
Gesetze: SGB V F: § 2 Abs 2 S 3; SGB V F: § 33 Abs 1; SGB V F: § 69; SGB V F: § 126 Abs 1 S 1; SGB V F: § 127 Abs 1 S 1; SGB V F: § 128; SGG § 162 Abs 2
Instanzenzug: SG Augsburg, S 10 KR 359/04 vom LSG München, L 4 KR 20/06 vom
Gründe
I
Streitig ist die Vergütung einer Hilfsmittelversorgung.
Die Klägerin ist eine gemäß § 126 SGB V zugelassene Hilfsmittellieferantin mit Sitz in Bayern. Sie belieferte die bei der Beklagten - Sitz in Baden-Württemberg - versicherte Beigeladene am mit einer motorgetriebenen Schulterbewegungsschiene (CPM-Schiene), nachdem sich die Beigeladene am Tag zuvor einer ambulanten Schulterarthroskopie unterzogen hatte. Erstmals am wandte sich die Klägerin mit einem Kostenvoranschlag vom an die Beklagte und begehrte die Zahlung von 415,28 Euro für die Überlassung der CPM-Schiene über einen Zeitraum von drei Wochen. Die Beklagte lehnte dies ab, weil CPM-Schienen nicht mehr als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abrechnungsfähig seien; die Produkte seien aus dem Hilfsmittelverzeichnis gestrichen worden.
Nach weiterem Schriftwechsel und zwischenzeitlicher Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 415,28 Euro erhoben. Die Beklagte hat eingewendet, den nach § 127 Abs 1 SGB V - hier noch anzuwenden in der ab und bis geltenden Fassung (aF) des "Gesetzes zur Modernisierung der GKV" vom (BGBl I 2190) - von den Landesverbänden der Krankenkassen mit den Verbänden der Leistungserbringer abzuschließenden Landesverträgen komme eine Wirkung für Krankenkassen und Leistungserbringer in anderen Bundesländern nicht zu. Deshalb fehle es an einer wirksamen vertraglichen Abrede zwischen der Klägerin und ihr. Zudem sei der therapeutische Nutzen einer CPM-Schiene entgegen § 135 SGB V nicht nachgewiesen. Im Übrigen hätten alternative Therapien wie passive Bewegungsübungen und Krankengymnastik zur Verfügung gestanden.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte nach Einholung ua eines chirurgischen Gutachtens zur Zahlung von 159,89 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom ). Rechtsgrundlage der Vergütung sei die auf der Grundlage des § 127 Abs 1 SGB V aF getroffene "Vereinbarung über die Lieferung von Rollstühlen und Rehabilitationsmitteln zwischen der AOK Bayern und dem zuständigen Fachverband" vom (BayRahmenV). Die Klägerin sei Mitglied dieses Fachverbandes und die BayRahmenV entfalte einen Rechtsreflex auch gegen die Beklagte. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Einsatz der CPM-Schiene aber nur für die Dauer einer Woche notwendig gewesen, weshalb die Klägerin lediglich einen entsprechend anteiligen Anspruch habe. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom ): Es fehle an einer Anspruchsgrundlage für die Forderung der Klägerin. § 127 Abs 1 Satz 1 SGB V aF entfalte Bindungswirkung nur für die Mitgliedskassen der Landesverbände. Die vom (BSGE 77, 194, 200 f = SozR 3-2500 § 129 Nr 1 S 7 f) zur Arzneimittelversorgung aufgestellten Grundsätze seien auf die Hilfsmittelversorgung nicht übertragbar, weil die bei der Arzneimittelversorgung zu berücksichtigende hohe Mobilität der Bevölkerung bei der Versorgung mit Hilfsmitteln, insbesondere mit Bewegungsschienen, nicht gegeben sei. Auf die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung komme es im vorliegenden Einzelfall deshalb nicht an.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sinn und Zweck von § 127 SGB V aF bestehe nicht darin, gemäß § 126 SGB V aF bundesweit zugelassene Hilfsmittellieferanten auszugrenzen. Die vom BSG zur Arzneimittelversorgung entwickelten Grundsätze träfen auch im Hilfsmittelbereich zu. Anzuwenden sei hier konkret der Rahmenvertrag, dem der Hilfsmittellieferant beigetreten sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom zu ändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht besteht. Für die Versorgung der Versicherten kann die Klägerin weder eine vertragliche Vergütung nach dem SGB V noch eine Zahlung aus einem anderen Rechtsgrund beanspruchen.
1. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Vergütungsanspruch kommt nur ein öffentlich-rechtlicher Gebrauchsüberlassungsvertrag zwischen der Klägerin und der beklagten Krankenkasse in Betracht. Dieser beruht auf § 2 Abs 2 Satz 3 SGB V in der seit geltenden Fassung des "Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB" vom (BGBl I 3022) iVm § 69 SGB V in der ab geltenden Fassung des "Gesetzes zur Modernisierung der GKV" vom (BGBl I 2190) und §§ 126 f SGB V aF. Nach diesen Vorschriften schließen die Krankenkassen über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern (§ 2 Abs 2 Satz 3 SGB V), die dem öffentlichen Recht zuzurechnen sind (§ 69 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 89, 24, 32 = SozR 3-2500 § 69 Nr 1 S 9 f). Für die Versorgung mit Hilfsmitteln nach § 33 SGB V richtet sich die Konkretisierung des Leistungserbringerrechts nach §§ 126 f SGB V aF: Danach durften Hilfsmittel nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden (§ 126 Abs 1 Satz 1 SGB V aF). Über die Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln sowie über die Preise und deren Abrechnung hatten die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen Verträge mit Verbänden der Leistungserbringer zu schließen, soweit Festbeträge noch nicht festgelegt waren oder nicht festgelegt werden konnten (§ 127 Abs 1 Satz 1 SGB V aF). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung der von ihr erbrachten Leistung demnach nur erworben, wenn zwischen ihr und der Beklagten ein Vertrag über die Gebrauchsüberlassung der CPM-Schiene an die Beigeladene zustande gekommen ist und die Klägerin daraus einen Vergütungsanspruch herleiten kann. Dies ist hier indes nicht der Fall.
2. Dem Zustandekommen eines Vertrages über die Versorgung mit einer CPM-Schiene steht - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht bereits entgegen, dass dieses Hilfsmittel aus dem Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 SGB V aF gestrichen worden ist. Wie das BSG bereits wiederholt festgestellt hat, steht den Spitzenverbänden der Krankenkassen keine gesetzliche Ermächtigung zu, ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherten durch das Hilfsmittelverzeichnis im Sinne einer Positivliste abschließend festzulegen (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 16, 20 und 27 <3. Senat> sowie SozR 3-2500 § 33 Nr 25 <8. Senat>). Demzufolge können durch das Hilfsmittelverzeichnis keine Hilfsmittel von der Versorgung der Versicherten ausgeschlossen werden, die den gesetzlichen Anforderungen des § 33 SGB V genügen. Das Hilfsmittelverzeichnis schafft lediglich eine Auslegungshilfe, die zudem im Streitfall für die Gerichte unverbindlich ist (BSG, aaO).
3. Das Zustandekommen eines Vertrages über Leistung - Gebrauchsüberlassung der CPM-Schiene an die Beigeladene - und Gegenleistung - Vergütungspflicht der Beklagten an die Klägerin - verlangt eine entsprechende Einigung zwischen der Klägerin und der Beklagten. Daran fehlt es hier.
a) Der Einigung über die erfolgte Gebrauchsüberlassung steht allerdings nicht schon entgegen, dass die Klägerin als in Bayern ansässige Leistungserbringerin dem Grunde nach keinen Vertrag über eine Hilfsmittelversorgung mit einer Krankenkasse aus Baden-Württemberg schließen kann, wie die Beklagte im Verfahren geltend gemacht hat. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus § 127 Abs 1 Satz 1 SGB V aF.
Nach dieser Regelung waren die Rahmenverträge über Einzelheiten der Versorgung mit Hilfsmitteln, über Preise und Abrechnung zwischen den Verbänden der Leistungserbringer und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen jeweils "mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen" zu schließen, soweit Festbeträge noch nicht festgelegt waren oder nicht festgelegt werden konnten. Dem Wortlaut nach konnten danach Rahmenverträge über die Versorgung mit Hilfsmitteln als der ersten Ebene der vertraglichen Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen (vgl zu den verschiedenen Ebenen der Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern noch zum früheren Rechtszustand vor Änderung des § 69 SGB V: BSGE 79, 28, 29 = SozR 3-2500 § 125 Nr 5 S 10 f) für landesunmittelbare Kassen - wie hier die Beklagte - nur im Verhältnis zwischen dem betreffenden Landesverband der Krankenkassen und dem Verband der Leistungserbringer geschlossen werden, hier also zwischen der AOK Baden-Württemberg und dem für Baden-Württemberg zuständigen Verband der Orthopädietechniker sowie der Bayerischen AOK und dem dortigen Verband der Orthopädietechniker.
b) Es braucht jedoch nicht entschieden zu werden, wie die Rahmenverträge bei landesgrenzüberschreitenden Sachverhalten grundsätzlich wirken und ob das Leistungsbeschaffungsverhältnis auf der Ebene des konkreten Leistungsaustauschs - der zweiten Ebene der Vertragsgestaltung - in entsprechender oder unmittelbarer Wirkung entweder des einen oder des anderen Rahmenvertrages abzuwickeln ist. Denn selbst bei auf Landesebene geschlossenen Rahmenverträgen wäre ein Leistungserbringer nicht gehindert, Versicherte einer in einem anderen Bundesland ansässigen Krankenkasse mit einem Hilfsmittel zu versorgen. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass die Zulassung eines Hilfsmittelerbringers durch die für die Betriebsstätte örtlich zuständigen Landesverbände der Krankenkassen bundesweit wirkt (vgl BSGE 90, 220, 226 ff = SozR 4-2500 § 33 Nr 1 RdNr 18 ff). Diese bundesweite Berechtigung zur Teilnahme an der Hilfsmittelversorgung dürfte selbst dann nicht leer laufen, wenn die der Abwicklung der Versorgung dienenden landesrechtlichen Rahmenverträge als Grundlage der einzelvertraglichen Beschaffungsverhältnisse keine landesgrenzüberschreitenden Rechtswirkungen entfalten würden. Zudem wäre kein Grund dafür ersichtlich, nur den Versicherten der bundesunmittelbaren (Ersatz-)Kassen den Zugang zu allen im Bundesgebiet zugelassenen Leistungserbringern von Hilfsmitteln zu eröffnen und die Versicherten der landesunmittelbaren Krankenkassen auf Leistungserbringer ausschließlich aus ihrem Bundesland zu beschränken.
c) Eine Entscheidung, welcher der beiden in Betracht kommenden Landesrahmenverträge im vorliegenden Fall anwendbar ist, braucht der Senat nicht zu treffen. Denn es ist weder unter Geltung des baden-württembergischen noch des bayerischen Rahmenvertrages ein Einzelvertrag über die hier im Streit stehende Versorgung zustande gekommen. Die Klägerin durfte die Beigeladene nach keinem der beiden Rahmenverträge zu Lasten der Beklagten mit einer CPM-Schiene versorgen, weil sie nicht vorab einen Kostenvoranschlag eingereicht und die Beklagte diese konkrete Versorgung genehmigt hat; die Beklagte ist nämlich erstmals am mit dem Versorgungsvorgang befasst worden, obwohl die CPM-Schiene bereits am zur Verfügung gestellt worden war.
Öffentlich-rechtliche Beschaffungsverträge zur Versorgung von Versicherten mit Hilfsmitteln nach § 33 SGB V kommen wie Verträge des Zivilrechts durch Angebot und Annahme zustande. Im vorliegenden Fall ist eine bindende Vereinbarung der Parteien indes weder nach dem Landesvertrag für Baden-Württemberg - nämlich dem "Rahmenvertrag über die Lieferung von Hilfsmitteln gemäß § 127 SGB V zwischen der Innung für Orthopädie-Schuhtechnik Baden Württemberg und der AOK Baden-Württemberg und der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Baden-Württemberg" vom (BaWüRahmenV) - noch nach dem Landesvertrag für Bayern - BayRahmenV - zustande gekommen. Denn nach beiden Landesverträgen ist die Versorgung mit Hilfsmitteln der hier vorliegenden Art von der vorherigen - nicht eingeholten - Zustimmung der Krankenkasse abhängig.
aa) Das Zustimmungserfordernis ergibt sich für Baden-Württemberg aus § 11 Abs 1 und 2 BaWüRahmenV. Danach ist für die Versorgung mit einer CPM-Schiene vorab mit der vertragsärztlichen Verordnung ein Kostenvoranschlag zur Genehmigung vorzulegen (§ 11 Abs 2 Satz 1 BaWüRahmenV). § 11 Abs 1 Satz 1 BaWüRahmenV erlaubt die Abgabe eines Hilfsmittels grundsätzlich nur nach vorheriger Genehmigung durch den jeweiligen Leistungsträger im Einzelfall. Dies gilt nach dessen Satz 2 nur dann nicht, wenn der Leistungsträger auf die Genehmigung verzichtet hat. Ein solcher Verzicht besteht hier nicht. Im Gegenteil ergibt sich aus der "Vereinbarung gemäß § 127 SGB V über den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln" vom , dass wieder verwendbare Hilfsmittel grundsätzlich genehmigungspflichtig sind und die Genehmigungsfreigrenzen (§ 11 Abs 1 Satz 2, 2. Halbsatz, und Abs 3 BaWüRahmenV) nicht für derartige Hilfsmittel gelten (§ 2 Abs 1 Vereinbarung vom ). Die zugelassenen Ausnahmen von der Kostenvoranschlagspflicht sind in Anlage 1 zur Vereinbarung vom enumerativ aufgeführt und erfassen CPM-Schienen nicht.
bb) Nichts anderes gilt für das Bundesland Bayern. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 BayRahmenV hat der Lieferant einen Kostenvoranschlag einzureichen, es sei denn, das Hilfsmittel ist als nicht genehmigungspflichtig gekennzeichnet. Bei der gelieferten CPM-Schulterschiene handelt es sich weder um ein nicht genehmigungspflichtiges Hilfsmittel noch um ein solches, das nach § 4 Abs 1 Satz 3 BayRahmenV trotz des Erfordernisses eines Kostenvoranschlages vorab geliefert werden durfte (Anlage 3n zum BayRahmenV). Ein Kostenvoranschlag war auch nicht nach § 4 Abs 7 BayRahmenV entbehrlich, weil der Versorgungsauftrag nicht direkt von der Beklagten erteilt worden war. Nach § 6 Abs 7 BayRahmenV hätte überdies eine Versorgungsanzeige erfolgen müssen; dies ergibt sich ausdrücklich aus der oa Anlage 3n, welche auch die Produktgruppe der fremdkraftbetriebenen Schulterbewegungsschienen umfasst.
cc) An diesen Feststellungen ist der erkennende Senat nicht deshalb gehindert, weil das LSG den Inhalt der beiden Verträge nicht ermittelt hat. Das würde selbst dann gelten, wenn es sich insoweit um nicht revisibles Recht iS des § 162 SGG handelte. Die Vorschrift des § 162 Abs 2 SGG steht der Anwendung einer nicht revisiblen Rechtsnorm durch das Revisionsgericht dann nicht entgegen, wenn das Berufungsgericht diese Rechtsnorm - wie hier - unberücksichtigt gelassen hat (vgl BSGE 7, 122, 125; 53, 242, 245 = SozR 2200 § 1248 Nr 36 S 87; BSGE 62, 131, 133 = SozR 4100 § 141b Nr 40 S 151; SozR 4-2500 § 33 Nr 14 RdNr 12 stRspr; vgl auch Lüdtke, Handkommentar zum SGG, 2. Aufl 2006, § 162 RdNr 13, und Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, IX. Kap RdNr 301 mwN).
4. Das Erfordernis einer vorherigen Zustimmung der Krankenkasse zur Versorgung ihrer Versicherten mit einer CPM-Schiene ist nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil die Versorgung eine iS von § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGB V unaufschiebbare Leistung betroffen hat. Dabei ist schon äußerst zweifelhaft, ob die für das Verhältnis zwischen Versicherten und Krankenkassen geltende Kostenerstattungsnorm des § 13 Abs 3 SGB V für Leistungserbringer überhaupt irgendwelche Rechtswirkungen entfalten kann. Denn hier ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Versorgung mit der CPM-Schiene eine in diesem Sinne unaufschiebbare Leistung betroffen hat, wie das SG sinngemäß angenommen hat.
Eine Leistung ist iS von § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 1 SGB V unaufschiebbar, wenn es dem Versicherten angesichts der Gesamtumstände nicht zumutbar ist, mit dem Beginn einer Behandlung bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 jeweils RdNr 13). Die Leistung muss im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes besteht (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 105; BSGE 73, 271, 287 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 26 ). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Für die Annahme, dass der Klägerin bei rechtzeitiger Planung und Antragstellung die aus medizinischer Sicht notwendige Mobilisation des Schultergelenks im Anschluss an eine mit zeitlichem Vorlauf geplante Schulterarthroskopie nicht hätte zukommen können und deshalb nur unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Vorab-Befassung der Krankenkasse unzumutbare gesundheitliche Folgen hätten vermieden werden können, fehlt jeder Anhaltspunkt.
5. Für die danach ohne gesetzliche Grundlage bewirkte Versorgung der Versicherten kann auch unter entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff, 818 Abs 2 BGB) ein Ausgleich nicht beansprucht werden.
Einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung stehen übergeordnete Gesichtspunkte entgegen. Nach der Rspr des BSG zum Leistungs- und Leistungserbringerrecht in der GKV haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Deshalb kann zB der Vertragsarzt, der Apotheker oder ein sonstiger Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, selbst dann nicht beanspruchen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind (vgl BSG SozR 4-5570 § 30 Nr 1 RdNr 23; BSGE 74, 154, 158 = SozR 3-2500 § 85 Nr 6 S 35 f; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14; stRspr). Nur soweit bestimmte Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschädigung zu versagen (BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1).
Eine solch bloße Ordnungsfunktion haben die Vorschriften zur Notwendigkeit der Einreichung eines Kostenvoranschlages indes nicht. Vielmehr dient das Kostenvoranschlagsverfahren jeweils mit den weiteren für eine Genehmigung einzureichenden Unterlagen der vollständigen Prüfung eines Sachleistungsanspruches des Versicherten und der Prüfung, ob es sich um eine wirtschaftliche Versorgung (§ 12 SGB V) handelt. Die Einreichung des Kostenvoranschlages ist mithin zwingendes Element des einzuhaltenden Beschaffungsweges zur Erlangung eines Vergütungsanspruches des Hilfsmittelerbringers. Die Missachtung dieses Verfahrens schließt das Entstehen eines Vergütungsanspruches aus. Der Zweck des Genehmigungsverfahrens würde unterlaufen, wenn Versorgungen auch dann abzugelten wären, wenn sie ohne diese Voraussetzungen durchgeführt werden.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung; die Streitwertfestsetzung aus §§ 63 Abs 2, 52 Abs 3, 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KAAAC-90616