BFH Beschluss v. - I B 29/08

Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung.

Bei der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, fand eine Außenprüfung (mit einer Schlussbesprechung am ) statt. Unter dem ordnete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) eine (Anschluss-)Prüfung an und bestimmte den als voraussichtlichen Prüfungsbeginn (Eintritt der Festsetzungsverjährung für das erste Prüfungsjahr 1999 am ). Die Klägerin legte gegen die Prüfungsanordnung vom Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung (vom ) erhob die Klägerin Klage. Mit Schreiben vom teilte das FA mit, es beabsichtige, mit der Prüfung am zu beginnen. Die Klägerin bat mit Schriftsatz vom , von einem Beginn der Prüfung so lange abzusehen, bis eine rechtliche Klärung durch das Klageverfahren erfolgt sei. Das FA antwortete, es stimme dem Antrag auf Verschiebung i.S. von § 197 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu. Die Klage blieb erfolglos ().

Die Klägerin macht geltend, dass die Revision gegen das angefochtene Urteil nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 FGO nicht gemäß den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Die Klägerin sieht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO darin, dass zu klären sei, ob sich die Finanzverwaltung „Vorratsprüfungen” sichern dürfe durch Prüfungsanordnungen kurz vor dem Eintritt der Festsetzungsverjährung ohne konkrete Prüfungsabsicht.

Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Das Tätigwerden der Finanzverwaltung ist gesetzlich gebunden (§ 85 AO); pflichtgemäßem Ermessen (§§ 5, 86 Satz 1 AO) entspricht es nicht, durch „Scheinhandlungen” rechtliche Positionen zum Nachteil des Steuerpflichtigen zu erlangen. So sieht auch § 171 Abs. 4 Satz 1 AO nur dann eine Ablaufhemmung für den Lauf der Festsetzungsfrist vor, wenn „mit einer Außenprüfung begonnen…oder deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben” wurde. Der Fristablauf wird nicht bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gehemmt, sondern erst dann, wenn der Prüfer konkrete Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalls (der Prüfungsjahre) aufnimmt. Ob diese Voraussetzungen im Streitfall tatsächlich erfüllt sind, ist keine abstrakte Rechtsfrage, die der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung vermittelt. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang moniert, dass in der Prüfungsanordnung der „voraussichtliche Prüfungsbeginn” angeführt wird, ergibt sich diese Angabe eindeutig aus der gesetzlichen Regelung (§ 197 Abs. 1 Satz 1 AO).

Mit den auf diesem Monitum aufbauenden Folgerungen der Klägerin, „die Rechtsfrage” sei bereits dahingehend von grundsätzlicher Bedeutung, als zu prüfen sei, ob ohne konkrete Angabe von Prüfungstag/-zeit und -ort ein nur voraussichtlicher Prüfungstermin bereits Bindungswirkung für den Steuerpflichtigen entfalte, auf den er reagieren müsse, ob die Finanzverwaltung der Darlegung ihrer tatsächlichen Prüfungsabsicht (wohl: durch den Erlass der Prüfungsanordnung unter Angabe eines voraussichtlichen Prüfungsbeginns) bereits genüge und ob Reaktionen des Steuerpflichtigen bei nicht konkreter Angabe des Prüfungszeitpunkts bereits als Verlegungsanträge ausgelegt werden dürfen, werden keine eigenständigen abstrakten Rechtsfragen i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dargelegt.

2. Einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan.

Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass diejenigen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— genau und schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ergeben soll, dass der behauptete Mangel vorliegt und das angefochtene Urteil —nach der insoweit maßgebenden, ggf. unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf ihm beruhen kann (z.B. , BFH/NV 2007, 1341).

Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag der Klägerin weder gerecht, soweit sie der Auffassung ist, das FG hätte Ermittlungen zu den (nicht durch Beweisanträge untermauerten) Behauptungen anstellen müssen, es habe eine konkrete Prüfungsabsicht des FA bei dem Erlass der Prüfungsanordnung nicht vorgelegen, noch soweit sie meint, ihr Schreiben vom sei nicht als Verlegungsantrag auszulegen.

Fundstelle(n):
StB 2008 S. 352 Nr. 10
IAAAC-90112