Keine Prozesskostenhilfe bei mangelnder Erfolgsaussicht
Gesetze: FGO § 142
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Antragsteller (Kläger) war im Streitjahr als freiberuflicher Rechtsbeistand unternehmerisch tätig. Sein Unternehmen umfasste neben der Einziehung von Forderungen (Inkasso) eine Tätigkeit im Auftrag von Versicherungsgesellschaften. Für diese sah er Ermittlungsakten der Polizei und der Staatsanwaltschaft ein, fertigte hieraus Kopien und fügte ein farbiges Deckblatt bei, auf dem er seine Rechtsauffassung zur Schuldfrage bzw. zur Regulierungsverpflichtung äußerte. Einen Teil (12 € für Gerichtskosten und 7 € für Porto) der hierfür in Rechnung gestellten Vergütung von —im Regelfall— 30 € behandelte er als sog. durchlaufende Posten, den Restbetrag erklärte er als ermäßigt zu besteuernde Umsätze.
Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das I. Quartal 2006 (I/2006) mit einem Erstattungsbetrag von ./. 7 287,17 € zunächst zugestimmt hatte, änderte es im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung mit dem Vorauszahlungsbescheid I/2006 vom die Vorbehaltsfestsetzung und forderte den Differenzbetrag zurück. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit seiner Klage beantragte der Kläger die Aufhebung des geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheides I/2006 vom . Die Klage wurde —nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung— in der Sitzung vom als unbegründet abgewiesen: Die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines X-PKW lägen nicht vor. Die Erhöhung der Umsätze wegen des Verkaufs eines Y-PKW sei zu Recht erfolgt, da der Kläger dieses Fahrzeug mit Vorsteuerabzug erworben und es seinem Unternehmensvermögen zugeordnet habe. Bei den Portoaufwendungen handele es sich nicht um sog. durchlaufende Posten. Die Umsätze des Klägers seien weder nach § 4 Nr. 10 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) noch nach § 4 Nr. 8 Buchst. i UStG steuerfrei. Schließlich habe das FA die private Nutzung des betrieblichen Kfz zu Recht als unentgeltliche Leistung der Besteuerung unterworfen. Für die Gewährung von Vertrauensschutz (§ 176 der Abgabenordnung —AO—) bestehe keine Grundlage.
Innerhalb der Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde hat der nicht vertretene Kläger einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für eine zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde gegen das klageabweisende Urteil gestellt. Zur Begründung seines PKH-Antrages trägt er im Wesentlichen vor:
a) Nach dem (Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 2008, 1060) sei PKH ohne Prüfung der Erfolgsaussichten bei —vorliegend nachgewiesener— Mittellosigkeit zu gewähren.
b) Das Urteil des Finanzgerichts (FG) sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, da die ehrenamtlichen Richter vor und in der Sitzung vom die Verfahrensakten nicht persönlich gelesen und demzufolge den Streitstoff nicht aus eigenem Aktenwissen gekannt hätten. Außerdem sei er nicht von dem Sitzungstermin informiert worden und habe daher an der Sitzung nicht mit „Beobachterstatus” teilnehmen können. Schließlich sei das FG nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, weil die Sehkraft des Berichterstatters um ca. 80 % gemindert und davon auszugehen sei, dass bei einer solchen Sehschwäche Parteivortrag übersehen werde. Schließlich seien die beiden ehrenamtlichen Richter im Geschäftsverteilungsplan des FG für das Jahr 2008 nicht vorgesehen.
c) Die Nichtzulassungsbeschwerde diene der Rechtsfortbildung, weil ihm der Vorsteuerabzug aus dem Kauf eines Kfz versagt und der Verkauf des Y-PKW —trotz vorheriger Überführung in das Privatvermögen— der Umsatzsteuer unterworfen worden sei. Außerdem seien Gerichts- und Portokosten nicht als durchlaufende Posten anerkannt worden. Schließlich berufe er sich auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, weil das FA bei der Änderung des Steuerbescheides zu seinen Ungunsten die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) angewandt habe.
Das FA ist dem PKH-Antrag entgegengetreten.
Am erließ das FA einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2006, gegen den der Kläger Einspruch eingelegt hat.
II. Der Antrag ist nicht begründet.
1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, dass durch den —nach Zustellung des FG-Urteils— ergangenen Umsatzsteuer-Jahressteuerbescheid 2006 die bisherige Beschwer des Klägers nicht entfallen ist. Gleichwohl bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg:
a) Soweit der Kläger meint, seit dem Beschluss des BVerfG in NJW 2008, 1060 beschränke sich die Prüfung bei der Gewährung von PKH generell auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers (Bedürftigkeit), folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Insoweit wird auf die Gründe des Beschlusses vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren XI S 5/08 (PKH) verwiesen.
b) Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Nach der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung anhand des Vortrags des Klägers, des Inhalts der vorliegenden Akten sowie des angegriffenen FG-Urteils liegt kein Grund vor, der eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnte:
aa) Der Streitfall wirft keine über den spezifisch gelagerten Einzelfall des Klägers hinausreichende allgemein bedeutsame Rechtsfragen auf, welche die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) gebietet.
bb) § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ermöglicht zwar die Zulassung der Revision bei sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehlern des FG, worunter offensichtliche materielle oder formelle Rechtsanwendungsfehler im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung zu verstehen sind. Eine bloße Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung genügt hierfür jedoch nicht (, nicht veröffentlicht). Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2008, 189, m.w.N.) Im Streitfall hat der Kläger lediglich —nach Art einer Revisionsbegründung— vorgebracht, das Urteil des FG sei aus verschiedenen Gründen inhaltlich fehlerhaft. Abgesehen davon, dass der Senat die Klageabweisung aus den vom FG dargelegten Gründen —bei summarischer Prüfung— zumindest für rechtlich vertretbar hält, ist ein offensichtlicher Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung weder vom Kläger vorgebracht worden noch für den Senat ersichtlich.
cc) Schließlich beruht das Urteil auch nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Hinsichtlich der Begründung verweist der Senat auf den Beschluss vom heutigen Tage in dem Verfahren XI S 5/08 (PKH).
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO und § 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis).
Fundstelle(n):
XAAAC-90107