Leitsatz
[1] Aus der in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag getroffenen Vereinbarung eines (nachvertraglichen) Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung kann unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Vereinbarung jedenfalls ein Anspruch auf Karenzentschädigung nicht abgeleitet werden.
Gesetze: GmbHG § 35; HGB §§ 74 ff.
Instanzenzug: LG Bonn, 11 O 50/03 vom OLG Köln, 18 U 71/06 vom
Gründe
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO) liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552 a ZPO).
1. Die der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts zugrunde gelegte Rechtsfrage der Wirksamkeit einer § 75 Abs. 3 HGB entsprechenden Ausschlussklausel in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag ist nicht klärungsbedürftig und stellt sich in dieser Form auch gar nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gelten die an dem arbeitsrechtlichen Schutz von Handlungsgehilfen orientierten Vorschriften der §§ 74 ff. HGB grundsätzlich nicht für den Geschäftsführer einer GmbH (vgl. BGHZ 91, 1; Urteil vom - II ZR 77/00, ZIP 2002, 709 f. zu b sowie zuletzt Urteil vom - II ZR 11/07, BB 2008, 1349). Nicht anwendbar ist insbesondere der Grundsatz der bezahlten Karenz gemäß § 74 Abs. 2 HGB (BGHZ 91, 1). Das schließt zwar nicht aus, dass die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gemäß § 138 BGB i.V. mit Art. 2, 12 GG nichtig sein kann, wenn das Verbot nicht dem berechtigten geschäftlichen Interesse der Gesellschaft dient oder es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers unbillig erschwert (BGHZ 91, 1, 5; Sen.Urt. v. aaO). Darauf kommt es jedoch hier aus mehreren Gründen nicht an.
Soweit die Revision unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen im Schrifttum (Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885, 891 f.) meint, die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung sei grundsätzlich wegen unbilliger Erschwerung des beruflichen Fortkommens des ehemaligen Geschäftsführers gemäß § 138 BGB unwirksam, wird zum einen übersehen, dass aus einer unwirksamen Vereinbarung kein Anspruch auf die von dem Kläger begehrte Karenzentschädigung folgen würde. Diese wird nicht kraft Gesetzes, sondern nur kraft (wirksamer) Vereinbarung gewährt. Das aus § 75 d HGB resultierende Wahlrecht eines Handlungsgehilfen, den Arbeitgeber an einem gemäß § 74 Abs. 2 HGB "unverbindlichen" Wettbewerbsverbot festzuhalten und eine Karenzentschädigung zu verlangen (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. § 75 d Rdn. 2 m.w.Nachw.), kommt bei einem Geschäftsführer nicht in Betracht (vgl. insoweit auch Bauer/Diller aaO S. 894 zu VIII 2).
Zum anderen gehen die Ausführungen der Revision daran vorbei, dass der Kläger die erstinstanzliche Abweisung seiner Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht angefochten hat und damit dessen Wirksamkeit rechtskräftig feststeht (BU 3 unten). Daraus folgt aber ebenfalls kein Anspruch auf eine Karenzentschädigung, weil diese für den hier gegebenen Fall einer zulässigen fristlosen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Gesellschaft vertraglich ausgeschlossen, also für diesen Fall nicht vereinbart ist. Ebenso wie die Zahlung einer Karenzentschädigung insgesamt ausgeschlossen werden kann, kann sie auch für bestimmte Fälle ausgeschlossen werden. Es handelt sich hier nicht um den Wegfall einer vereinbarten Karenzentschädigung, wie er in der - von dem Bundesarbeitsgericht (NJW 1977, 1357) für verfassungswidrig erachteten - Vorschrift des § 75 Abs. 3 HGB vorgesehen ist (vgl. dazu Baumbach/Hopt aaO § 75 Rdn. 2). Ob der vertragliche Ausschluss einer Karenzentschädigung für den genannten Fall die (zulässige) "Funktion einer Vertragsstrafe" hat, wie das Berufungsgericht meint, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls gelten hier die zugunsten eines Handlungsgehilfen zwingenden Regelungen der §§ 74 bis 75 c HGB (vgl. § 75 d HGB), wie schon erwähnt, nicht.
Da im Übrigen rechtskräftig feststeht, dass die Vereinbarung des Wettbewerbsverbots trotz vertraglichen Ausschlusses einer Karenzentschädigung wirksam ist, kann aus dieser Vereinbarung von vornherein kein Anspruch auf Karenzentschädigung abgeleitet werden. Mit dem nachträglichen Wegfall einer vereinbarten Karenzentschädigungspflicht infolge Verzichts der GmbH auf das Wettbewerbsverbot (dazu Sen.Urt. v. aaO) hat der vorliegende Fall nichts zu tun.
2. Aus den genannten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Revision des Klägers keinen Erfolg haben kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2008 S. 2021 Nr. 38
DB 2008 S. 2187 Nr. 40
DStR 2008 S. 1842 Nr. 38
GmbHR 2008 S. 1032 Nr. 19
WM 2008 S. 1744 Nr. 37
WPg 2008 S. 1184 Nr. 24
ZIP 2008 S. 1719 Nr. 37
UAAAC-89448
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja